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Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln

Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln

Titel: Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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am schnellsten. Obwohl Piemur sich nichts vorzuwerfen hatte – ausnahmsweise.
    Wirklich eine Schande! Lessas Melodie war die schönste, die Domick je geschrieben hatte. Sie hatte so gut zu seinem Stimmumfang gepaßt. Wieder schnürte die Trauer um die entgangene Gelegenheit ihm die Kehle zu. Und es dauerte bestimmt einen Planetenumlauf, ehe er wieder mit dem Singen beginnen konnte.
    Außerdem stand nicht fest, daß seine Erwachsenenstimme auch nur halb so gut war wie sein Knabensopran. Wenn er Pech hatte, würden die Zuhörer nie wieder über die reinen Töne staunen, die herrliche Flexibilität, den perfekten Einsatz und sein Gehör, ganz zu schweigen von seinem Talent, selbst die schwierigsten Passagen vom Blatt zu singen.
    Seine Miene verdüsterte sich, und ehrfürchtiges Schweigen empfing ihn, als er auf die ersten Kameraden traf. Er stieg langsam die Stufen hinauf, vorbei an den Lehrlingen und Gesellen, den Blick gesenkt, ein Bild des Jammers. Ob es besser war, so zu tun, als sei ihm der Appetit ganz vergangen? Er roch Wherhennenbraten. Und dann die Beerenpasteten …
    Aber wenn er es geschickt anfing …
    Sein Hunger lag im Widerstreit mit seiner Raffinesse, und so war sein leidender Ausdruck alles andere als gespielt, als sich der Saal allmählich füllte.
    Obwohl Piemur ganz in seine Winkelzüge vertieft war, bemerkte er doch das rücksichtsvolle Schweigen seiner Tischnachbarn. Die kräftige kleine Faust zu seiner Linken gehörte Brolly. Die fleckige, von Schwielen und abgekauten Nägeln verunzierte Hand zur Rechten war die von Timiny. Die Freunde hielten im Augenblick des Schmerzes fest zu ihm.
    Er seufzte tief und langanhaltend. Brolly scharrte mit den Füßen. Timiny streckte vorsichtig die Hand aus und zog sie wieder zurück, unsicher, wie Piemur die mitfühlende Geste aufnehmen würde. So wie es aussah, würde Timiny ihm beide Pasteten abtreten.
    Plötzlich kam Bewegung in die Menge, und ein rascher Blick zum Rundtisch der Meister verriet Piemur, daß Robinton seinen Platz eingenommen hatte. Im nächsten Moment huschte Menolly an ihm vorbei zum Tisch der Gesellen.
    Ranly und Bonz saßen Piemur direkt gegenüber und beobachteten ihn mit großen, besorgten Augen. Er bedachte sie mit einem schmerzlichen Lächeln. Als das Tablett mit dem Braten zu ihm kam, seufzte er noch einmal und nahm eine ganz kleine Scheibe. Er starrte sie an und aß nicht sofort. Auch von den Rüben nahm er nur eine einzige – kein besonders großes Opfer, da er Gemüse ohnehin nicht mochte. Er aß ganz langsam, damit er wenigstens das Gefühl bekam, daß er satt wurde. Ein knurrender Magen hätte ihm seinen klugen Schachzug womöglich verdorben.
    Keiner der Freunde sprach; ein düsteres Schweigen lag über dem Tischende, an dem sie saßen. Bis zu dem Moment, da die Pasteten aufgetragen wurden.
    Piemur erhielt seine Miene tragischer Gleichgültigkeit aufrecht, während die ersten entzückten Ausrufe vom anderen Ende der langen Tafel herüberdrangen. Er hörte die Begeisterung, sah das Interesse der Gefährten, als das schwerbeladene Tablett zu ihnen gereicht wurde.
    »Piemur, es gibt Beerenpasteten!« sagte Timiny und zupfte ihn am Ärmel.
    »Beerenpasteten?« Piemur sagte es verdrossen, als könnte nichts, aber auch gar nichts, die Last von der Seele nehmen.
    »Ja, Beerenpasteten!« bekräftigte Brolly.
    »Deine Lieblingsspeise, Piemur«, warf Bonz ein.
    »Hier, ich schenke dir eine von mir!«
    Und er schob ohne Zögern einen der begehrten Leckerbissen auf Piemurs Teller.
    »Hm, Beerenpasteten.«
    Piemur nahm das Geschenk gequält an und ließ keinen Zweifel daran, daß er nur aß, um seinen Freund nicht zu kränken.
    »Ganz frisch und knusprig!«
    Ranly biß mit übertriebener Begeisterung in seine eigene Pastete. »Probier doch! Du wirst sehen, einer oder zwei von diesen Kuchen richten dich wieder auf! Mann – nun seht euch das an! Sonst verschlingst du doch alle Pasteten, die du irgendwie ergattern kannst, Piemur!«
    Tapfer aß Piemur das erste Stück und hoffte, daß der Rest noch eine Weile heiß bleiben würde.
    »Nicht schlecht!« sagte er eine Spur besser gelaunt und bekam prompt eine zweite Pastete aufgedrängt.
    Acht Stücke, die zum Teil vom oberen Teil des Tisches gespendet wurden, schienen Piemurs Trauer endlich zu dämpfen. Schließlich waren zehn geschnorrte Pasteten an einem einzigen Tag auch ein Rekordergebnis.
    Die Gesellen erhoben sich, um Ankündigungen zu verlesen und die Nachmittagsaufgaben zu verteilen.

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