Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
drängend. »Aber der Kittel hier ist sauber und trocken, und Sie könnten damit wenigstens die Rennen zu Ende verfolgen. Ich habe keine Ahnung, ob meine Schwester oder das Gesinde meiner Mutter ihr Festkleid bis zum Abend trocken bekommen, aber ich verspreche Ihnen, daß ein paar angemessene Gewänder zur Auswahl bereitliegen werden, wenn die Rennen vorbei sind.«
Alessan hielt in einer Hand ein einfaches, schmal geschnittenes braunes Kleid und in der anderen Sandalen sowie einen hübschen, aus bunten Lederschnüren geflochtenen Gürtel. Er deutete auf das gestreifte Zelt des Rennverwalters. Im gleichen Moment schleppte der unglückliche Knecht zwei Eimer mit sauberem heißen Wasser herbei. Unter einen Arm hatte er sich einen Stapel mit frischen Handtüchern geklemmt.
»Kommen Sie, Moreta, bringen wir die Sache in Ordnung, ja?« Die Bitte in Alessans Worten und der Kummer in seinem Blick hätten selbst einen Stein erweicht.
»Und Sie?« fragte sie den Burgherrn, während sie zum Zelt ging. Die rechte Seite seines Anzugs war völlig durchnäßt.
»Ich fürchte, Sie haben den größeren Schwall abbekommen. Mein Zeug trocknet in der Sonne … während wir die Rennen beobachten.«
Moreta lachte. »Also gut, ich werde mich beeilen.«
Der Knecht brachte das Wasser und die Handtücher ins Zelt. Sobald er gegangen war, streifte sich Moreta die Sachen vom Leib. Selbst ihre Unterwäsche tropfte, und so war sie froh, daß der schlichte braune Kittel aus einem kräftigen, undurchsichtigen Gewebe bestand. Rasch tauchte sie die Haare in das klare Wasser, denn die Schmutzbrühe hatte ihnen nicht gerade gutgetan. Dann rubbelte sie sich mit viel Wasser und den Tüchern gründlich sauber. Als das Geschrei der Menge das Finish des vierten Laufes ankündigte, erschien sie fertig angezogen vor dem Zelt.
»Jetzt glaube ich, daß Sie von einem Pächterhof stammen«, meinte Alessan mit leisem Lachen. Er reichte ihr ein gefülltes Glas. »Der Wein ist unversehrt geblieben.«
»Das nenne ich Glück!«
Der Knecht wand sich vor Verlegenheit und entschuldigte sich immer wieder, bis Moreta ihn mit einer ungeduldigen Geste verscheuchte. »Hinter den Rennzäunen fliegen oft schlimmere Dinge durch die Gegend als Schmutzwasser«, meinte sie lachend. »Ich bin froh, daß die Sache so glimpflich abgegangen ist.«
Alessan geleitete sie zur Ziellinie.
»Der letzte Lauf war ein Sprint - nur fünf Bewerber«, berichtete er.
»Und Squealer nicht dabei?« Moreta unterdrückte ein Lachen, als Alessan die gleiche säuerliche Miene aufsetzte wie zuvor Dag.
Die nächsten Rennen waren so spannend, daß sie die Tragödie des zweiten Laufes und auch ihr Mißgeschick völlig vergaß. Da sie in dem schlichten Gewand kaum jemand erkannte, konnte sich Moreta ungestört unter die Menge mischen. Sie fühlte sich zurückversetzt in die Zeit, als sie die Rennen von Keroon an der Seite ihres Jugendfreundes Talpan mitverfolgt hatte. Merkwürdig, daß sie ausgerechnet jetzt an ihn dachte …
Ein geschäftstüchtiger Bäcker trug ein Tablett mit duftenden Fleischpasteten durch die Menge. Erst jetzt merkte Moreta, wie hungrig sie war.
»Kommen Sie!« sagte Alessan, der ihren Blick bemerkt hatte. »Sie sind mein Gast.« Er führte sie durch das Gewühl.
Der lockere, knusprige Teig war mit herrlich gewürztem Fleisch gefüllt, und Moreta verschlang im Nu drei Pasteten.
»Bekommen Sie im Weyr denn nichts zu essen?« neckte sie Alessan.
»Keine Sorge, ein Topf mit Stew steht immer bereit«, entgegnete sie. »Aber das Zeug schmeckt längst nicht so gut wie die Pasteten hier.«
Alessan musterte sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.
»Sie sind ganz anders, als ich mir die Weyrherrin von Fort vorgestellt hatte«, erklärte er dann freimütig. Moreta überlegte müde, was Sh'gall wohl über sie erzählt haben mochte. »Leri habe ich näher kennengelernt«, fuhr der Burgherr fort. »Sie bleibt gewöhnlich ein Weilchen und plaudert mit den Bodentrupps …«
»Ich würde das auch tun«, wehrte Moreta seine versteckte Kritik ab, »wenn ich nicht sofort nach dem Sporenregen zurück in den Weyr müßte.«
»Müßte?« Alessan zog die Brauen hoch.
»Haben Sie sich nie überlegt, wer die verwundeten Drachen versorgt?« Sie sprach schärfer als beabsichtigt, weil er sie an ihre Pflichten erinnert hatte. In zwei Tagen mußten die Reiter von Fort wieder zum Kampf gegen die Fäden aufsteigen, und sie hatte Angst, daß es zu neuen Verletzungen käme.
»Ich dachte
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