Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
reichte kein noch so warmes Gewand aus, um sie gegen die totale Kälte des Dazwischen zu schützen; aber der Ritt dauerte nur ein paar Atemzüge, und das ließ sich ertragen.
Orlith stieß sich vom Felsensims ab. Obwohl ihr Leib bereits geschwollen war, gehörte sie nicht zu den faulen Drachen, die sich einfach in die Tiefe sacken ließen, um dann im letzten Moment die Schwingen auszuspreizen. Holth, die alte Königin, trompete einen Abschiedsgruß, und der Wachreiter auf dem Sternenstein winkte, als Moreta sich bei ihm abmeldete.
Orlith ließ sich vom Wind tragen, der in den länglichen Kessel einfiel: den Krater eines erloschenen Vulkans, der nun seit langem den Weyr beherbergte. Irgendwann in grauer Vorzeit war eine Steinlawine über die Hänge in die Tiefe gedonnert, hatte die Südwestflanke des Weyrs durchbrochen und war in den See gestürzt. Zwar hatten Maurer den See freigeräumt und an seinem Ufer einen hohen Damm errichtet, aber es war weder gelungen, die verschütteten Höhlen und Weyr freizuräumen, noch die Symmetrie des Kessels wiederherzustellen.
»Du betrachtest dein Reich, meine Königin?« fragte Moreta mit einem leisen Lachen, als Orlith in einer weiten Spirale über den Fort-Weyr flog.
Aus der Höhe sieht man viele Einzelheiten in der richtigen Relation. Es ist alles in Ordnung.
Der Wind riß Moretas Antwort weg, und sie klammerte sich an die Reitgurte. Orlith überraschte sie oft mit solchen freiwilligen Auskünften. Wenn Moreta jedoch zu bestimmten Dingen oder Personen etwas erfragen wollte, entgegnete Orlith meist, daß sie die Gedanken fremder Reiter nicht lesen könne. Die Königin äußerte sich zum Weyr im allgemeinen oder zur Moral der Kampfgeschwader. Manchmal lieferte sie auch Informationen über Kadith, den Bronzedrachen des Weyrführers. Über Sh'gall sprach sie kaum. Aber in zwanzig Planetenumläufen telepathischer Symbiose hatte Moreta gelernt, selbst ein Schweigen oder eine ausweichende Antwort richtig zu interpretieren. Die Reiterin eines goldenen Drachen hatte es nie leicht. Und das Amt der Weyrherrin, so hatte Leri mehr als einmal beteuert, verdoppelte die Ehren und die Mühen. Man mußte das eine wie das andere hinnehmen und sich ab und zu einen kleinen Schluck Fellis-Saft gönnen.
Moreta stellte sich die Feuerhöhen von Ruatha vor, mit ihren unverkennbaren Feuerkuhlen, den Leuchttürmen und dem Wehrgang im Osten.
»Bring uns nach Ruatha!« befahl sie Orlith und biß die Zähne gegen die Kälte des Dazwischen zusammen.
Schwärze, dunkler als die Nacht, Kälte jenseits aller Dinge. Zwischen Tod und Leben wacht nur die dünne Drachenschwinge.
Moreta murmelte die Worte des alten Liedes oft als eine Arl Bannspruch gegen den Schock des Dazwischen. Zum Glück war Ruatha nicht weit entfernt vom Fort-Weyr, und Moreta hatte kaum das Wort ›Kälte‹ gedacht, als bereits die Sonne wieder schien und sie über den Feuerhöhen von Ruatha kreisten. Ganze Drachengeschwader lagen auf den warmen Klippen und begrüßten Orlith, als sie aus dem Nichts erschien. Die Königin freute sich über die Ehrenbezeigungen. Es geschah so selten, daß sich Drachen einfach zum Vergnügen trafen, dachte Moreta. Die Sporenplage ließ es nicht zu. Noch acht Planetenumläufe …
Während Orlith tiefer glitt, beobachtete Moreta die Drachen.
Viele erkannte sie an ihren Rumpf- und Flügelnarben, aber andere waren ihr auch fremd.
Sie kommen von Telgar und aus dem Hochland, berichtete Orlith. Bronzedrachen, Braune, Blaue und Grüne. Unsere Freunde von Benden waren hier, mußten aber bereits aufbrechen. Wir hätten eher kommen sollen. Der letzte Satz klang ein wenig vorwurfsvoll, denn Orlith besaß eine Schwäche für Tuzuth, den Bronzedrachen von Benden.
»Tut mir leid, Liebes, aber es gab vorher soviel zu erledigen.«
Orlith schnaubte und spannte die Brustmuskeln an. Sie stieß auf die Feuerhöhen zu, aber während sich Moreta innerlich bereits auf die Landung einstellte, glitt die Königin weiter, hinweg über die Straßen mit den dichtgedrängten Buden und die buntgekleidete Menschenmenge. Nun begriff Moreta. Orlith hatte sich die leere, von Tischen, Bänken und Lampions gesäumte Tanzfläche als Landeplatz ausgesucht.
Wir vertreten immerhin den Fort-Weyr, meinte Orlith knapp. Das sollen die Bewohner von Ruatha merken.
Orlith landete mitten auf der Tanzfläche, die Schwingen hochgestellt, um Luftwirbel zu vermeiden. Die Banner ringsum flatterten heftig, aber vom Boden stieg kaum eine Staubwolke
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