Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
fauchte sie wie ein Uhu, im Innersten ergrimmt über die Verzagtheit des elenden Priesters; denn noch war sie nicht genug Katholikin, um es ihrem Geliebten zu verzeihen, nicht kaltblütig in den Tod zu rennen, wenn es ihr zufällig ein Vergnügen machte. Der giftige und verächtliche Blick, den sie ihm nachwarf, hatte keine geringere Bedeutung als die eines Todesurteils.
Der Kardinal rieb sich die Hände. Dieser italienische Wüstling und Strohsackpurzler zweifelte keinen Augenblick, daß die Abtei in kürzester Frist wieder in seinen Händen sein werde. Der Tourainer aber, unbekümmert um das alles, drückte sich in aller Stille, ließ die Ohren hängen und zog den Schwanz ein wie ein nasser Pudel, den die Magd aus der Küche jagt.
Die Buhlerin seufzte tief, sie hätte in diesem Augenblick die ganze Menschheit mißhandeln mögen, wenn sie sie unter den Händen gehabt hätte; das Feuer, das ihr in den Eingeweiden brannte, war ihr zu Kopf gestiegen, die ganze Luft um sie herum knisterte von Funken. Das war der erste Priester, der ihr das zu bieten wagte. Der Kardinal aber lächelte von neuem, er hoffte aus ihrer Wut Münze zu schlagen.
War das nicht ein geriebener Gesell? Wahrlich, er trug nicht umsonst den roten Hut.
»Ah, guter Gevatter«, sagte er zu dem Bischof, »ich freue mich Eurer Gesellschaft und schmeichle mir, daß es mir gelungen ist, den ruppigen Küster zu vertreiben, der wahrhaftig unsrer schönen Frau nicht würdig war; auch Ihr müßt mir das danken, meine leckere, weiße Maus, Ihr hättet durch seine Berührung eines Euch unwürdigen und gar schimpflichen Todes sterben müssen.« »Wie? Wieso?«
»Er ist der Schreiber des Herrn Erzbischofs von Bordeaux ... Der gute Greis aber ist heute morgen von der schwarzen Pest ...« Bei diesen Worten sperrte der Bischof den Mund auf, wie wenn er ganz und gar einen Parmesaner Käse hätte verschlucken wollen.
»Teufel, woher wißt Ihr das?« fragte er.
»Woher?« antwortete der Kardinal, indem er die Hand des guten Deutschen ergriff; »ich habe ihm vorhin die letzte Ölung gebracht. In diesem Augenblick befindet er sich mit vollen Segeln auf der Reise nach dem Paradies.«
Bei dieser Gelegenheit zeigte der Bischof von Chur, wie die Dicken leicht sein können, weil die Dickbäuche durch die Gnade Gottes und zur Ausgleichung ihrer schweren Last allem Anschein nach eine Art Luftballon in sich tragen. Und so sah man den Bischof zurückschnellen wie eine Sprungfeder, ganz mit Schweiß überdeckt und schon hüstelnd wie ein Ochse, der in seinem Häcksel eine Daune gefunden hat. Blaß wie der Tod taumelte er nach der Treppe, ohne auch nur von der Herrin des Hauses Urlaub zu nehmen; der Kardinal aber, als die Tür hinter dem Bischof geschlossen war, der bereits auf die Straße hinauswankte, brach in ein schallendes Lachen aus. »Nun, meine Kleine«, höhnte er, »bin ich nicht würdig, Papst zu werden? Oder, was mir lieber ist, für heute nacht dein Geliebter?« Da die schöne Imperia aber zögerte, näherte sich ihr der Kardinal, um ihr Zärtlichkeiten zu erweisen, sie mit den Armen zu umschlingen und sie verliebt zu knutschen, ganz nach der Art dieser rotmänteligen Kardinäle, die ungestümer sind als andre Menschenkinder, die Soldaten nicht ausgenommen, weil sie ganz und gar müßiggängerisch leben und die Quintessenz ihres Spiritus nicht mit geistiger Anstrengung verderben.
Die Schöne aber wich ihm jäh aus.
»Du willst meinen Tod!« schrie sie, »du verrückter Metropolit, für Euch ist Euer Vergnügen die Hauptsache, elender Kuppler, was liegt Euch an meiner Haut; wenn du mich tötest, wirst du mich nachher heiligsprechen, gelt? Was, Ihr habt das pestilenzialische Gift im Gedärm und wagt es, mich anzurühren? Pack dich zum Teufel, hirnloser Pfaff ... Rühr mich nicht mehr an«, schrie sie, da er sich ihr von neuem nähern wollte, »oder ich werde dich mit dem Dolch da kitzeln!«
Bei diesen Worten zog das liebe Wesen aus seiner Gretchentasche ein hübsches kleines Stilett, mit dem sie, wenn Not am Mann war, wunderbar umzugehen wußte.
»Aber mein Liebchen, mein kleines Paradiesgärtchen«, sagte er lachend, »siehst du denn nicht die List? Mußte ich nicht diesen Ochsen von Chur in die Flucht jagen?«
»Gut denn«, sagte sie, »wenn Ihr mich liebt, so wird es sich jetzt zeigen... Ich will, daß Ihr für heute abzieht... Wenn Ihr von der Krankheit gebissen seid, Euch liegt nichts an meinem Tod; ich kenne Euch genugsam, um zu wissen, daß Ihr alles
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