Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
zeigen, du sollst Kardinal sein, und wenn ich all mein Herzblut hergeben müßte, um dein Barett damit zu färben.«
Und mit zitternder Hand, so überglücklich war sie, füllte sie mit griechischem Wein einen goldenen Becher, den der dicke Bischof von Chur hergebracht hatte, und reichte ihn dem Freund; auf ihren Knien reichte sie ihm den Trank, sie, deren Pantoffel die Fürsten der Erde küßten, mit mehr Devotion küßten als den Pantoffel des Papstes.
Er aber betrachtete sie stumm mit gierigem Blick, daß sie erzitterte vor wollüstiger Genugtuung: »Du hast recht, Kleiner, was sollen da Worte ... und nun zum Abendschmaus!«
Die läßliche Sünde
Wie der ehrenwerte Ritter Bruyn zu seiner Frau kam
Der edle Herr Bruyn, derselbe, der das Schloß La Roche-Corbon-les-Vouvray an der Loire ausgebaut hat, war in seiner Jugend ein wilder Gesell und Tunichtgut. Er ging noch halb in den Knabenschuhen, da war schon keine Jungfer mehr vor ihm sicher, und überall machte er einen Spektakel, als wenn er das Haus zum Fenster hinauswerfen wolle. Als er dann, noch ganz jung, seinen Vater, den Baron von La Roche-Corbon, zu begraben hatte, wurde er vollends ein richtiger kleiner Teufelsbraten. Er war nun sein eigener Herr und konnte erst recht das Haus mitsamt allen Truhen und Kisten und was alles sich darin versteckt hatte, zum Fenster hinauswerfen.
Wirklich lebte er in Saus und Braus alle Tage, vertat sein Geld mit Saufen, Spielen und Huren und kümmerte sich den Teufel um Gesetz und Sitte, daß er sich bald aus der Gesellschaft der ehrsamen Menschen exkommuniziert sah und nur noch die Wucherer, Halszuzieher, Beutelschneider und andere Schnapphähne zu seinem Umgang hatte. Aber selbst die Herren Hypothekenjäger und Geldverleiher wurden stachelig wie eine Kastanienschale, als er kein anderes Pfand mehr einzusetzen wußte als die genannte Herrschaft La Roche-Corbon, in Anbetracht nämlich, daß dieses Besitztum, als ein königliches Lehen, keinerlei Sicherheit und Bürgschaft zu bieten vermochte. Da war Bruyn im besten Zug, ein gefürchteter Saufbold und Raufbold zu werden, der wegen nichts mit den Leuten Händel anfing und kein größeres Vergnügen kannte, als Rippen einzustoßen und Schulterblätter und Schlüsselbeine entzweizuschlagen.
Dieses Treiben sah der Abt von Marmoustiers, sein Nachbar, ein Mann, der nicht gern ein Blatt vor den Mund nahm. Das sei ja alles sehr schön, sagte er zu dem Ritter, und wenn er so fortfahre, werde er sicher noch ein Ausbund aller ritterlichen Tugenden werden; aber noch fehle seinem schädelspalterischen Tun die Krone, nämlich: daß er zur Ehre Gottes hinziehe in das Heilige Land und sein Schwert an den Knochen der sarazenischen Mohammedaner und mohammedanischen Sarazenen, die jetzt das Heilige Land vollscheißen, schartig mache und dann zurückkehre, mit Reichtum und Ablässen überhäuft, entweder zurück in seine geliebte Touraine, den Garten Frankreichs, oder ins himmlische Paradies, den Garten Gottes, von wo alle christlichen Barone herkommen.
Diese weisheitsvollen Worte des Prälaten leuchteten dem Ritter ein, und ausgerüstet vom Kloster und gesegnet vom Abt, ging er zu Schiff und fuhr übers Meer, zur nicht geringen Freude seiner Nachbarn. Er belagerte nun zahlreiche Städte in Asien und in Afrika, hieb auf die Ungläubigen ein, ohne Pardon zu geben, machte ein wahres Gemetzel unter Sarazenen, Griechen, Engländern und andern, ohne viel danach zu fragen, ob es Freunde wären oder Feinde, denn er war als echter Mann wenig neugierig und befragte die Leute nach solchen Lappalien erst, nachdem er sie umgebracht hatte.
In diesem Beruf, dem lieben Gott, dem König und ihm selber sehr angenehm, gewann Bruyn einen großen Ruhm als ritterlicher Christ und christlicher Ritter und hatte viel Spaß in den heidnischen Ländern, wo er es trieb wie daheim und lieber einer Hure einen Taler als einem Bettler einen roten Heller schenkte, obwohl er mehr arme Teufel antraf, die einem Cherub gleichsahen, als er Weiber unter die Hände bekam, die auch nur von weitem den Huris des Mohammed geglichen hätten; aber er war ein guter Tourainer, dem seine Suppe aus jedem Teller schmeckte.
Als er aber dann die Türken satt hatte bis an den Hals und sein Durst nach Reliquien und andern Gnadenspenden des Heiligen Landes hinlänglich gestillt war, kehrte er zur großen Verwunderung seiner Nachbarn aus dem Kreuzzug zurück, über und über beladen mit Gold und Edelgestein, im Gegensatz
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