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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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zu so viel andern, die reich auszogen und – auch über und über bedeckt, nämlich mit dem Grind des Aussatzes, zu ihren lieben Ehegesponsen heimkamen.

     
    Sein Ruhm drang bis zu den Ohren des guten Königs Philipp, der ihn zum Grafen ernannte und dem ganzen Tourainer Land als Seneschall vorsetzte. Da wurde Bruyn von allem Volke geliebt und mit hohen Ehren umgeben, besonders da er es mit seinen Heldentaten nicht genug sein ließ, sondern auch in Carmes-Deschauls in der Gemeinde Esgrignolles eine schöne Kirche baute zur Sühne für die Sünden seiner Jugend.

     
    Er wurde ganz und gar der Liebling Gottes und der Kirche. Aus einem Raufbold und Schnapphahn, der er ehedem war, wurde er ein kluger und gesetzter Mann, dem allmählich die Haare ausgingen und der darum die lustigste Sünde der lästigsten Tugend nur noch wenig vorzog. Sein Gemüt sänftigte sich immer mehr, und er geriet nur noch in Zorn, wenn jemand Gott lästerte vor seinen Ohren, was er nicht ertragen konnte, weil er selber schon für alle andern in seiner Jugend gelästert hatte. Er überfiel und belagerte auch die Leute nicht mehr; denn da er Seneschall war, gaben sie ihm alles freiwillig; auch sah er in Wahrheit alle seine Wünsche erfüllt, und da wird ein Mensch, wenn er nicht ganz ein gottverfluchter Teufel ist, vom Scheitel bis zur Sohle voller Faulheit und Behagen.
    Bruyn bewohnte ein altes Schloß an den Ufern der Loire, in deren Wasser es sich spiegelte. Dieses Gemäuer war von außen voller Löcher und Scharten wie ein spanisches Wams, im Innern aber, in den Sälen und Kemenaten, mit königlichen Tapeten bekleidet und erfüllt mit Gerätschaften und tausenderlei Pomp sarazenischer Herkunft, daß die guten Leute von Tours davor Maul und Augen aufsperrten und sogar der Erzbischof und der hohe Klerus von Saint-Martin, denen der Graf ein seidenes Banner mit goldenen Fransen verehrte, die fremde Pracht und Herrlichkeit nicht genug bewundern konnten. Zu dem Schloß gehörte eine große Menge von Landgütern und Stadthäusern mit reichen Einkünften, mit Mühlen, Fischwassern und Wäldern, also daß seine Herrschaft eine der reichsten war im Land und unserem Herrn, dem König, zu seinem Heerbann wohl an die tausend Mann zu stellen vermochte.
    Wenn ihm jetzt sein Amtmann, der nicht wenige in seinem Leben hatte hängen lassen, manchmal einen armen Bauer vorführte, der über irgendeinem kleinen Frevel betroffen worden, da lächelte der bejahrte Schloßherr oft gar gnädig:
    »Laßt ihn laufen, mein lieber Breddif«, sagte er; »ich habe in früheren Jahren so viele ohne Grund umgebracht, mag er dafür das Leben haben.«

     
    Doch nicht immer lief es so gut ab. Noch genug Bauern mußten an seinen Galgen oder an den Eichen seiner Wälder baumeln, denn ›Gerechtigkeit muß sein‹, pflegte er zu sagen, ›und wenn es auch nur wäre, um eine alte Sitte nicht in Abgang kommen zu lassen‹.

     
    Im ganzen hielten sich seine Hintersassen ruhig und still wie die Nonnen in der Mette und waren ihm in Klugheit ergeben, denn er beschützte sie vor jeder Art von schlimmem Gesindel, vor den Vogelfreien und Vagabundierern, vor Beutelschneidern und Buschkleppern, die er unnachsichtig verfolgte, da er aus eigner Erfahrung wußte, welch eine Landplage dieses Raubzeug sein kann. Er betrieb seine Obliegenheiten in der Furcht Gottes und mit großem Eifer, war bei allem mit ganzer Seele dabei, beim Gottesdienst wie beim Trinken, machte aber bei Streitigkeiten, wie in allem, gern kurzen Prozeß, versüßte harte Urteile mit lustigen Scherzen, und wenn er einem hart weh getan hatte durch seinen Richterspruch, lud er sich bei ihm zu Gast und schmauste und zechte mit ihm, um ihn zu trösten. Er ließ sogar die Gehängten in geweihter Erde begraben, denn er pflegte zu sagen: »Die gehören dem lieben Gott und sind schon genug gestraft, daß sie nicht mehr leben dürfen.« Über die Juden fiel er immer nur dann her, wenn er wußte, daß sie sich mit Wucherzinsen, dem Saft der Nation, vollgesaugt hatten wie die Blutegel mit rotem Menschensaft; die übrige Zeit ließ er sie gewähren und pflegte sie seine lieben Bienen zu nennen, die ihm die Waben mit goldenem Honig füllten. Wenn er sie aber beraubte, geschah es immer nur zum Nutzen der Kirche, des Königs und des Landes wie allenfalls zu seinem eignen Gewinn und Vorteil.

     
    Seine Leutseligkeit gewann ihm immer mehr die Liebe von groß und klein. Oft, wenn er in vergnügter Stimmung vom Gericht nach Hause ritt und dem

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