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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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könnten.
    Er war ein Pikarde, ein zorniger Teufel, der bereit war, unter dem nichtigsten Vorwand Händel anzufangen und den Wirt zu seinem eignen Fenster hinauszuschmeißen, ohne sich ein Gewissen daraus zu machen. Er stieß darum seine Frage in einem unhöflich barschen Ton hervor, wie wenn er eine Rente von tausend Dublonen unter der Sonne besessen hätte.
    »Nur sechs Taler«, antwortete der Wirt und machte die Hand hohl.
    »Ich werde nicht dulden, Baron, von Euch regaliert zu werden«, sagte darauf der dritte Scholar, der ein Angeviner und voller Listen war wie eine verliebte Frau.
    »Noch ich«, rief der Burgunder.
    »Ihr scherzt, meine Herren«, entgegnete der Pikarde, »ich bin euer gehorsamer Diener.«
    »Schockschwerenot!« rief der Angeviner. »Ihr könnt nicht der Meinung sein, daß wir dreifach bezahlen sollen; unser Wirt würde es nicht annehmen.«
    »Ich will euch einen Vorschlag machen, meine Herren«, sprach der Burgunder; »derjenige von uns, der den dreistesten Schwank erzählt, soll die Zeche bezahlen.«
    »Und wer soll Richter sein?« fragte der Pikarde, indem er seine zwölf Kreuzer wieder einsackte.
    »Unser Wirt natürlich«, beeilte sich der Angeviner zu antworten, »er muß sich darauf verstehen, er ist ein Mann von Geschmack. Auf, Meister Habenichts, setzt Euch dahin, schenkt fleißig ein und leiht uns Eure beiden Ohren. Die Akademie ist eröffnet.«
    Und also setzte sich der Wirt zu seinen Gästen an den Tisch und fing sein Amt damit an, daß er sich selber reichlich einschenkte.
    »Ich fange an«, sprach der Angeviner.
    »In unserm Herzogtum von Anjou sind die Landleute sehr eifrige Anhänger unsrer heiligen katholischen Religion, und kein einziger unter ihnen würde auf seine Ecke im Himmel verzichten, indem er eine Buße versäumte, die ihm aufgegeben worden, oder einen Ketzer nicht erwürgte, wenn er ihm unter die Hände kam. Herrgott, wenn es einem Prediger dieser ›Liffer-loffers‹ einfallen sollte, sich in der Gegend sehen zu lassen, er müßte schnell ins Gras beißen und hätte nicht Zeit, sich vorher umzusehen, von wo der Junker Tod herkam. War also da ein Mann aus Jarzé, der kam eines Abends von der Vesper zurück, die in der Schenke ›Zum goldenen Tannenzapfen‹ gesungen wurde, und hatte mit dem Geist des Weins die viel schwächeren Geister, als Verstand, Besinnung und Gedächtnis, vollständig aus seinem Gehirn verjagt, derart, daß er sich vor seinem Hause in seine Mistlache legte, weil er sie mit seinem Bett verwechselte. Einer seiner Nachbarn, Godenot mit Namen, sah ihn dort liegen, als er schon fast eingefroren war, denn die Adventszeit hatte längst begonnen.
    ›Auf wen wartest du denn da?‹ fragte er scherzend.
    ›Auf Tauwetter‹, antwortete der Betrunkene, da er merkte, daß ihm die Krallen des Eises den Hals umklammerten.
    Godenot war ein guter Christ, er befreite den Nachbar aus seiner eisigen Umkrallung und öffnete ihm die Türe seines Hauses, nicht zum wenigsten aus Hochachtung für den Wein, der der Patron unsers Landes ist. Drinnen aber fiel der gute Mann in das Bett seiner Magd, die jung war und nicht aus dem Munde roch. Er glaubte bei seiner Frau zu sein, der Wein in ihm tat seine Wirkung, und als erfahrener Pflüger, der er war, erstaunte er nicht wenig, so unvermutet auf jungfräulichen Boden zu stoßen, wo er doch glaubte, schon so oft nicht nur gepflügt, sondern auch geerntet zu haben.
    Darüber erwachte die Frau und erhob ein ketzerisches Geschrei. Da merkte der Gute, daß er in einen neuen Irrtum gefallen und zum andern Male den Weg des Heils verfehlt habe, worüber der arme Pflüger so unglücklich wurde, daß es gar nicht auszusprechen ist.
    ›Ah!‹ rief er aus, Gott straft mich, weil ich neben die Kirche gegangen bin.‹ Dann entschuldigte er sich bei seiner Alten mit dem Wein, der seinem Hosenlatz das Gedächtnis verwirrt habe, und indem er zu seiner Frau unter die Decke kroch, versicherte er, daß er seine liebste Kuh darangäbe, um sich diesen Stein vom Gewissen zu wälzen.
    ›Das ist weiter nichts‹, sagte die Frau, bei der sich die Magd ausredete, indem sie behauptete, von ihrem Schatz geträumt zu haben. Sie bekam nichtsdestoweniger gehörig den Buckel voll, damit sie sich in Zukunft so lebhafte Träume abgewöhne. Der Mann aber, dem seine Sünde immer schwerer auf der Seele lastete, jammerte und weinte, teils weil er das besoffene Elend hatte, teils aus frommer Zerknirschung.
    ›Beruhige dich, dummer Schatz‹, sagte die Frau,

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