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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ausgebrütet sind, auf die versprochenen hundert nur eine schwache Abzahlung seien.
    Wahrlich, wenn die Zeit nicht so schlecht wäre für Bibliophile, Bibliomanen, Bibliographen, Bibliotheken, Bibliophagen und Bibliopolitiker, id est für Bücherfreunde, Büchernarren, Büchermacher, Bücherausträger, Bücherverleger und Bücherausleger, Bücherwürmer, mit einem Wort, wenn die Zeit nicht so schlecht wäre, sage ich, würde euch der Autor sein Hundert wahrlich wie einen Wolkenbruch und Hagelwetter über euren Köpfen ausgeschüttet und nicht so langsam vertröpftelt haben wie einer, der an der zerebralen Dysurie, id est Gehirnaustrocknung oder Gehirnverhaltung, leidet. Diese Schwäche, will sagen Infirmitas, kann ihm dennoch niemand vorwerfen, vielmehr wird man zugeben müssen, daß er auf volles Maß und Gewicht hält und oft mehrere Geschichten für eine gibt, wie das vorliegende Zehent beweist. Auch wolle man beachten, daß er unter seinem Vorrat stets eine strenge Auswahl trifft und euch nur die besten und saftigsten Stücke vorlegt. Da kann von Altersschwäche keine Rede sein. Mischt also etwas mehr Freundschaft in eure Gehässigkeiten und etwas weniger Gehässigkeit in eure Freundschaft. Auch wollet bedenken, wie sparsam die große Natur bis jetzt war in der Hervorbringung guter Erzähler, sparsam bis zur Geizigkeit, denn mehr als sieben werdet ihr nicht herausfischen aus dem ungeheuren Ozean des Weltschriftentums.
    Einige unter euch, gute Freunde selbstverständlich, haben die Meinung geäußert, daß man in einer Zeit, wo jedermann schwarz gekleidet geht, wie wenn eine allgemeine Welttrauer wäre, nur solche Bücher und Schriftwerke zusammenkochen dürfe, die ebenso langweilig ernst und ernstlich langweilig sind wie unsre Tracht und Kleidung selber. Diese Freunde sind auch der Ansicht, daß heut jeder Skribifax für sein winziges bißchen Geist notwendig eine Wohnung brauche wie ein königliches Schloß und daß jeder im Finstern bleiben und ruhmlos dahinfahren müsse wie die Maulesel des Papstes, der nicht gleich Kathedralen und Paläste baut, an denen sich kein Stein verrücken läßt. Diese lieben Freunde möchte ich doch fragen, was ihnen lieber ist, eine Kanne guten Weins oder ein Fuder Bier, ein Diamant von zweiundzwanzig Karat oder ein zentnerschwerer Kieselstein, die Geschichte des Hans Calver von Rabelais oder so ein modernes Schulbubengeschmier. Ihr bleibt stumm? Was solltet ihr auch antworten? Also geht, laßt euch heimgeigen und bleibt in Zukunft bei euren Leisten, ihr Schuster!
    Statt allem andern sage ich nur noch dies: Jener unvergleichliche Mann, dem wir gewisse unsterbliche Fabeln und Schwanke verdanken, hat sie vorher bei andern gefunden und genommen, er hat sie nur bearbeitet; aber mit seiner göttlichen Kunst, die er auf diese Figürchen verwendet hat, hat er ihnen erst Wert und Würdigkeit gegeben. Wie dem Meister Ludovico Ariosto hat man ihm den Vorwurf gemacht, seine Zeit und seine Gedanken an kindische Albernheiten zu vergeuden; aber ein schlechtes Insekt, von seiner Hand ziseliert, ist ein bleibenderes und sprechenderes Denkmal seines ewigen Ruhms als manche hochgemauerte Werke andrer. In der ganz besonderen Jurisprudenz unsrer fröhlichen Wissenschaft gilt eine einzige Seite, die der Autor aus dem Schoß der Natur und der Wahrheit geschöpft hat, mehr als eine ganze Bibliothek von flauen Bänden, die, so schön sie sein mögen, uns weder ein Lachen noch eine Träne zu entlocken imstande sind.

     
    Man wird nicht unpassend finden, daß der Autor das alles sagt; er hat dabei nicht die Absicht, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und größer zu scheinen, als er ist. Hier handelt es sich um die Majestät der Kunst, nicht um seine eigne. Er selber ist nur ein armer Schreiber, und sein ganzes Verdienst besteht darin, Tinte in seinem Tintenfaß zu haben und ein gutes Ohr für das, was die Herren vom Hof erzählen und das er zu Protokoll bringt, wie er's gehört hat. Nur wie er's spinnt und webt, ist sein Verdienst. Der Flachs dazu ist auf vielen Äckern gewachsen. Von der Venus des Herrn Phidias, des Atheners, bis herunter zu dem Gänsemännlein am Grünen Marktbrunnen oder dem andern, das sie das Männeken Piß nennen, ist alles geschaffen nach den ewigen Gesetzen und Regeln der menschlichen Einbildungskraft und Nachbildungskraft, deren Stoff das Gemeingut aller ist. Glücklich die Diebe in diesem Staat oder Königreich, sie werden hier nicht gehängt, sondern sind geehrt und geliebt

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