Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
Hoheit. Ich habe Anweisung, diese Festung im Namen des Volkes von Gothir zu, halten und jeder fremden Macht den Zugang zu verwehren.«
»Das bedeutet Krieg«, sagte Jungir und zog sein Schwert.
»Wartet!« rief Kiall. »Darf ich sprechen, Hoheit?«
»Wer bist du, Junge?« rief Jungir.
»Ich bin Kiall. Ravenna war meine Frau. Sie wurde aus meinem Dorf geraubt. Wir waren verlobt. Jetzt verlange ich das Recht des Zweikampfs, um zu entscheiden, was mit ihr geschieht.«
Jungir lehnte sich im Sattel zurück, die dunklen Augen auf Kiall gerichtet. »Du willst
mich
herausfordern?«
»Das ist mein Recht, und es ist ebenso Brauch bei den Nadir.«
Jungir warf einen Blick nach links und beobachtete die Männer, die ihn umgaben. Jeder von ihnen kannte den Brauch, und Jungir spürte deutlich, daß der Wagemut des Jungen bei den Männern Anklang fand.
»Und wenn du unterliegst?« rief Jungir Khan. »Was dann? Ich bekomme meine Frau zurück – und was noch?«
»Ich kann nur für Ravenna sprechen, Hoheit.«
»Na schön. Komm herunter – und wir kämpfen, Mann gegen Mann. Ich verspreche dir, dich rasch zu töten, denn du bist deiner Frau gefolgt, wie ein Mann es tun sollte.« Die Nadirkrieger grunzten beifällig.
In der Festung hörte Asta Khan den Wortwechsel. Als Kiall von den Wehrgängen hinabstieg, lief Asta zu ihn und packte ihn am Arm.
»Was willst du?« fragte Kiall und versuchte sich loszumachen.
»Hör mir zu, du Dummkopf! Du mußt nicht sterben! Ich helfe dir in diesem Kampf, wenn du mir vertraust.«
»Ich will keine Tricks oder Magie«, lehnte Kiall ab.
»Keine Tricks«, beruhigte Asta ihn. »Sprich mir einfach ein paar Worte nach. Willst du das tun?«
Kiall zuckte die Achseln. »Was soll das?«
»Nur ein Glücksspruch, der dich einem Freund öffnet. Vertraue mir, Kiall. Siehst du denn nicht, daß ich auf deiner Seite stehe? Ich kämpfe, um das Leben von Chareos zu retten. Bedeutet das nichts? Ich bin dein Freund.«
»Sag die Worte«, murmelte der ehemalige Dorfbewohner.
Asta Khan schloß die Augen und begann zu singen:
Nadir sind wir,
der Jugend geboren,
Blutvergießer, Äxteschwinger,
doch Sieger
Kiall sprach die Worte nach. »Was bedeuten sie?«
»Leben«, flüsterte eine kühle Stimme in seinen Gedanken, und Kiall wich zurück. »Hab keine Angst«, sagte die Stimme Tenaka Khans. »Ich bin der Krieger, der dir gegen die Dämonen beistand, und ich werde dir auch jetzt beistehen. Ich möchte, daß du dich entspannst und mir zu leben erlaubst – nur für einen kurzen Augenblick. Das ist alles, worum ich bitte, als Gegenleistung für die Hilfe, die ich dir gab.«
Kiall spürte eine wachsende Spannung in sich, wie ein Druck, der sich verstärkte. »Gib nach, Kiall. Und laß mich deine Freunde retten.«
»Es ist mein Kampf«, widersprach er schwach.
»Jungir Khan hat mich vergiftet«, wartete Tenaka. »Er hat seinen eigenen Vater vergiftet. Du mußt mir diese Stunde der Rache gewähren.«
»Ich … ich weiß nicht.«
»Vertraue mir. Entspanne dich«, sagte Tenaka, und Kiall spürte, wie er nachgab, fühlte, wie die Kraft Tenaka Khans durch seine Adern strömte. Ihre Erinnerungen verschmolzen, und Kiall spürte die Erregung zahlloser Kämpfe. Er sah den Fall des mächtigen Dros Delnoch, erfuhr die große Liebe, die der Khan für Renya, das Bastardkind, empfunden hatte. Doch noch mehr spürte er das Selbstvertrauen des geborenen Kriegers. Er sammelte seinen Willen, um vorwärts zu gehen, stellte aber zu seinem Entsetzen fest, daß er seine Glieder nicht mehr unter Kontrolle hatte. Seine Arme streckten sich aus, seine Lungen füllten sich mit Luft.
»Ah«, sagte seine Stimme, »ah, tut das gut, wieder zu atmen!«
Tenaka Khan ging zum Seitentor. In diesem Moment rannte Tanaki aus dem Wachhaus. »Kiall!« rief sie, »oh, bitte, du das nicht.«
Sie warf sich ihm in die Arme, und Tenaka küßte sie auf die Stirn.
»Ich komme zurück«, sagte er leise. »Er kann mich nicht besiegen.«
»Doch, das kann er. Er ist der größte Schwertkämpfer seit meinem Vater. Es gibt keinen Mann auf der Welt – außer vielleicht Chareos, der es mit ihm aufnehmen könnte.«
»Hast du deinen Vater geliebt?« fragte er.
»Das weiß du doch. Mehr als alles andere.«
»Und liebst du mich?« fragte er. Gefangen hinter seinen eigenen Augen, verzweifelte Kiall schier an der Antwort.
»Ja«, sagte sie schlicht. »Ich gehöre dir, Kiall. Jetzt und immer.«
»Dein Vater liebte dich«, sagte er. »Du warst die
Weitere Kostenlose Bücher