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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und wenn es doch nur ein dummer Scherz ist?«
    »Wer will das übersehen? Können Sie mir den Brief mal vorlesen?«
    Der Präsident zog den Briefbogen wieder zu sich heran. Jetzt mit spitzen Fingern, nur an der linken Ecke berührend. Das säuberlich vom Sekretariat aufgeschlitzte Kuvert lag daneben.
    »In München 23 aufgegeben …«
    »Schwabing.« Dr. Rummelmann räusperte sich. »Sie könnten doch Recht haben. Ein Ulk, aber ein böser Ulk. Wie ist der Wortlaut?«
    Der Präsident las den Brief vor, und während er die Worte noch einmal – und nunmehr schon zum drittenmal – las, erfüllte ihn eine fast schmerzhafte Unruhe. Das ist kein Scherz, empfand er beim lauten Vorlesen. Das ist Ernst. Furchtbarer Ernst, 10-Millionen-Dollar-Ernst. So schreibt niemand, der nur ein wenig Rummel machen will. Dahinter steht ein exakter Plan, stehen zwölf Kilogramm Plutonium und eine elektrische Fernzündung. In Sichtweite alles vernichtet … Das Stadion, die Mehrzweckhalle, das Schwimmstadion, die Radrennbahn, die Sporthalle, die Volleyballhalle, das olympische Dorf, der Fernsehturm, das Funk- und Fernsehzentrum, das Presse-Zentrum, die Freilichtbühne, der künstliche See … undenkbar.
    Und eine Atomwolke über München. Die träge über ganz Bayern hinwegziehen würde …
    »Was haben Sie?« fragte Dr. Rummelmann. »Warum lesen Sie nicht weiter?«
    »Es ist ungeheuerlich!« sagte der Präsident. »Einfach unfaßbar. Überhaupt nicht auszumalen. Wenn es kein Ulk ist –«
    »Solche Briefe sollte man gefühlsmäßig betrachten. Ich habe das Gefühl, daß hier ein Wahnsinniger zur Feder gegriffen hat.«
    Zur Feder gegriffen, dachte der Präsident. Wie vornehm er das sagt. Als ob der Brief eine Dichtung wäre. Und ob Wahnsinniger oder nicht … zwölf Kilogramm Plutonium im Olympiastadion, zur Explosion gebracht an irgendeinem Tag während der Spiele – und es ist völlig gleichgültig an welchem Tag, denn das Stadion wird immer bis zu den obersten Rängen gefüllt sein –, das wäre eine Tatsache, die das Weltbild verändern würde.
    Westwind … die Atomwolke zieht nach Osten weiter. Über die Tschechoslowakei, über Polen, hinein nach Weißrußland. Dann wird es regnen, und die Radioaktivität wird auf die ahnungslosen Menschen niederfallen, jeder Tropfen wird die Erde verseuchen, die Kornfelder, die Gemüseplantagen, das Vieh auf den Weiden, die Wälder, die Steppen … Oder ein Ostwind … die Wolke zieht über Deutschland, die Schweiz, Österreich und Frankreich … und die Menschen stehen da, machtlos, mit untätigen Händen, können sich nur verkriechen, in Kellern abwarten, aber wenn sie wieder nach oben steigen, ihre Wohnungen betreten, über die Straßen gehen, in ihren Kochtöpfen rühren, Salat aus dem Garten holen, sich den Angstschweiß mit dem Handtuch im Badezimmer abtrocknen, mit einem Schluck Wasser die vor Entsetzen ausgedörrte Kehle benetzen – was sie auch tun werden, überall wird unsichtbar, schleichend tödlich das unbekannte Strahlgift in ihre Körper dringen und sie langsam zersetzen.
    Selbst beten wird dann nicht mehr helfen. Auch an den Kirchenbänken klebt das Gift, und Christus und Maria auf ihren Altären, die strengblickenden Heiligen an den Säulen, das Weihwasser, mit dem der Priester segnet, alles, alles wird geladen sein mit den Strahlen, die keiner riecht, keiner sieht, keiner schmeckt, keiner spürt … bis der Körper sich zu zersetzen beginnt, bis die Zellen zerfallen.
    »Sind Sie noch am Apparat?« fragte Dr. Rummelmann. In seiner bedächtigen Altersstimme schwang ein hörbares Zittern mit.
    »Ja –«
    »Was wollen Sie unternehmen? Setzen Sie die gewünschte Anzeige in die ›Süddeutsche Zeitung‹?«
    »Aus eigener Verantwortung? Das kann ich ja gar nicht. Ganz davon abgesehen, daß 10 Millionen Dollar … überhaupt, das ist absurd. Ich habe ein Gespräch mit der Staatskanzlei angemeldet, bevor Sie anriefen und ich mir von Ihnen einen Rat erhoffte. Aber ich sehe … Sie wissen auch keinen Rat.«
    »Nicht aus der hohlen Hand. Das muß bedacht sein. Ich bin in einer Stunde bei Ihnen.«
    Dr. Rummelmann legte auf. Offensichtlich hatte der Wortlaut des Briefes auch ihn zutiefst entsetzt. Ein Gespräch mit Rummelmann dauerte sonst unendlich lange, er verflocht ein Thema so geschickt mit dem anderen, daß sein Redefluß nie ins Stocken kam und man ihn auch nicht mit irgendeinem Thema aus dem Gleis werfen konnte. Er begann etwa mit seinem letzten Besuch bei Konsul Winckler – »eine

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