Die dunkle Quelle
daà er gar
keine Gelegenheit gehabt hatte, Hellas und Bestar über Ribans tatsächliches
Lebensalter aufzuklären. Bestar schien den Knaben dennoch als Vorgesetzten zu
akzeptieren, weil Riban etwas Aristokratisches ausstrahlte, gebildet wirkte und
befehlsgewohnt. Hellas dagegen schien keine Lust mehr zu haben, sich von einem
Jungspund die Welt erklären zu lassen.
»Der Unterschied
zwischen dem Kreis und der Königin ist«, führte Riban aus, »daà es uns nicht um
Erhaltung und Ausübung von Macht geht. Uns geht es um die Erhaltung des
Kontinents und um die Ausübung einer neuerlichen Zusammenführung mit den
Göttern. Eigentlich müÃten wir somit im Sinne der Königin und aller anderen
Lebewesen handeln, sogar im Sinne von Flüssen, Bergen und Wolken. Daà wir nun
aber doch mit der Königin über Kreuz stehen, ist wohl ihrer Unfähigkeit
zuzuschreiben, über den Rand ihrer enganliegenden Krone hinauszublicken. Und im
übrigen« â er deutete mit dem Zeigefinger auf Hellas â »bin ich nicht hier, um
etwas zu beschönigen oder der Ãffentlichkeit gegenüber anders darzustellen, als
es sich tatsächlich zugetragen hat. Daà ihr Kettensklaven in dieser Höhle wart,
finde ich sehr bedauerlich, aber das war nicht mein Plan. Es war Rodraeg
Delbanes Entscheidung, das Tal zu betreten und sich dort gefangennehmen zu
lassen. Das hat uns und dem Lairon-See vierzig Tage Schaden zugefügt, die ich
gerne vermieden hätte. Daà es beim Erdbeben Tote gegeben hat, hätte ich
ebenfalls gerne vermieden. Wärt ihr nicht gefangengenommen worden, hätten wir
Erdbeben gar nicht behelligen müssen. Was die Kruhnskrieger angeht, kann ich
nur sagen, es war offensichtlich ihr Beruf, für andere den Kopf hinzuhalten. Es
wäre mir viel lieber gewesen, wenn sie nicht dagewesen wären.«
»Na toll«, schimpfte
Hellas. »Unser Beruf ist es, für euch vom Kreis die Köpfe hinzuhalten, und wenn
dann einer von uns einen Speer in den Leib bekommt, heiÃt es: selber schuld.
Wenn wir dann, weil wir am Verrecken sind, nicht ruhig und ehrerbietig in
dieses Pestloch starren können, heiÃt es höhnisch: So kommt man den Göttern
aber nicht näher.«
Riban wollte etwas
erwidern, doch Rodraeg ging dazwischen. »Das genügt jetzt. Die Standpunkte sind
klar. Hellas ist aufgebracht, weil alles Enge und Eingezwängte ihm Unbehagen
verursacht und er im Auftrag des Kreises einundvierzig Tage und einundvierzig
Nächte in einer Höhle mit anderen Gefangenen zusammengepfercht war. Riban
dagegen argumentiert zu recht, daà weder die Gefangennahme noch die Gewalt von
ihm geplant worden sind. Tatsächlich muà ich das Ganze auf meine Schultern
nehmen. Ich habe sowohl die Gesamtlage als auch Deterio unterschätzt und uns
alle in eine schwierige Situation gebracht. Das darf und wird nicht noch einmal
vorkommen. Bei der zweiten Mission werde ich umsichtiger vorgehen und niemanden
mehr unterschätzen. Weder meine eigenen Leute, noch die anderen.«
»Das ist ein gutes
SchluÃwort«, befand Riban und erhob sich. »Eine umsichtig durchgeführte,
erfolgreiche Mission ohne unnötigen Blutzoll erspart uns allen die unangenehme
AbschluÃdiskussion mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Ich sage es noch
einmal: Ihr habt alle euer Bestes gegeben und im Rahmen der undurchsichtigen
Bedingungen Erstaunliches geleistet. Ich bin zuversichtlich, daà wir auch
weiterhin erfolgreich zusammenarbeiten werden. Jetzt werde ich nach Terrek
reisen, um den Erfolg der ersten Mission im wahrsten Sinne des Wortes
wasserdicht zu machen.« Cajin, Naenn, Rodraeg und Bestar erhoben sich
ebenfalls, um den Magier zur Tür zu geleiten. Nur Hellas blieb sitzen und
stürzte seinen Wein hinunter.
»Ein Kind allein um
diese Stunde â sollen wir Euch nicht begleiten?« fragte Naenn.
»Nicht nötig. Bis zu
Rigurds Stall muà ich nur hundert Schritte gehen, dort finde ich alles, was ich
zum Weiterkommen brauche. Den Räuber, der versucht, dieses Kind zu bedrohen« â
er deutete an seinem eigenen kleinen Leib hinunter â »kann ich nur bemitleiden.
Magie kann eine sehr schmerzhafte Sache sein.«
»Danke für alles«,
sagte Rodraeg. »Für das Geld. Für Lob und Tadel. Für die nächste Mission.«
Riban nickte und
betrachtete ihn von unten herauf. »Ich möchte mich entschuldigen für das,
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