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Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Titel: Montgomery u Stapleton 01 - Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Das Kokain schoß, vom Kolben der Spritze ausgetrieben, wie ein Bolzen in Duncan Andrews’ Unterarmvene. Sofort schrillten chemische Alarmglocken. Mehrere Blutzellen und Plasmaenzyme erkannten die Kokainmoleküle als Teil einer Familie von Alkaloiden, die von Pflanzen erzeugt werden und physiologisch aktive Substanzen wie Koffein, Morphium, Strychnin und Nikotin umfassen.
    In einem verzweifelten, aber vergeblichen Versuch, den Körper gegen diese plötzliche Invasion zu schützen, griffen Plasmaenzyme, sogenannte Cholesterasen, das Kokain an und spalteten einige der körperfremden Moleküle in physiologisch inaktive Bruchstücke auf. Doch die Dosis war übermächtig. In Sekunden drang das Kokain durch die rechte Herzseite, breitete sich in der Lunge aus und strömte dann in Duncans ganzen Körper.
    Die pharmakologische Wirkung der Droge trat fast augenblicklich ein. Einige Kokainmoleküle trudelten in die Kranzarterien, verengten sie und verringerten die Blutzufuhr zum Herzen. Allmählich verteilte sich das Kokain aus den Herzkranzgefäßen in die Extrazellularflüssigkeit und umspülte die schwer arbeitenden Herzmuskelfasern. Dort unterbrach die körperfremde Verbindung den Transport der Natriumionen durch die Membranen der Herzzellen, einen für die Kontraktion des Herzmuskels wesentlichen Prozeß. Die Folge war, daß Leitfähigkeit und Kontraktilität des Herzens nachließen.
    Zur gleichen Zeit schwärmten die Kokainmoleküle ins Gehirn aus, nachdem sie durch die Kopfschlagader in den Schädel gestürmt waren. Mühelos durchdrang das Kokain die Blut-Hirn-Schranke. Es umspülte die wehrlosen Gehirnzellen und sammelte sich an den Synapsen, über die die Nervenzellen miteinander kommunizieren.
    An den Synapsen begann das Kokain sein teuflischstes Werk. Eine ironische Laune des "chemischen Schicksals" fügte es, daß ein Teil der Oberfläche des Kokainmoleküls von den Nervenzellen fälschlicherweise als Neurotransmitter angesehen wurde, entweder als Epinephrin, Norepinephrin oder Dopamin. Wie mit Nachschlüsseln schmuggelten sich die Kokainmoleküle in die Molekularpumpen, die für die Absorption dieser Neurotransmitter verantwortlich sind, blockierten sie und brachten sie abrupt zum Stillstand.
    Das Ergebnis war vorhersehbar. Da die Resorption der Neurotransmitter unterbrochen war, blieb ihre stimulierende Wirkung erhalten. Und diese verursachte in einer endlosen Spirale der Erregung die Freisetzung weiterer Neurotransmitter. Nervenzellen, die normalerweise in einen ruhigen, neutralen Zustand zurückgekehrt wären, fingen plötzlich an, verrückt zu spielen.
    Das Gehirn wurde zu Hyperaktivität angeregt, vor allem die Lustzentren tief unter der Großhirnrinde. Dort war Dopamin der wichtigste Neurotransmitter. Das Kokain blockierte die Dopaminpumpen, so daß die Dopaminkonzentration stieg. Die Schaltkreise der Nervenzellen, angelegt in göttlicher Voraussicht, um das Überleben der Art zu gewährleisten, schlugen Alarm und verstopften die zur Hirnrinde führenden Bahnen mit sich überschlagenden Meldungen.
    Aber die Lustzentren waren nicht die einzigen Bereiche in Duncans Gehirn, die betroffen wurden. Schon bald begann die dunklere Seite der Kokaininvasion zu wirken. Stammesgeschichtlich ältere, kaudalere Gehirnzentren, unter anderem zuständig für die Koordination der Muskeln und die Atmungsregulierung, wurden in Mitleidenschaft gezogen. Selbst der die Wärmeregulierung steuernde Bereich wurde stimuliert, ebenso wie der Teil des Gehirns, der das Erbrechen auslöst.
    Nichts war mehr in Ordnung. Inmitten eines Zustands euphorischen Wohlbefindens bahnte sich die Katastrophe an. Eine dunkle Wolke bildete sich am Horizont, der Vorbote eines schrecklichen Nervensturms. Das Kokain war im Begriff, seinen wahren, tückischen Charakter zu enthüllen: ein Steigbügelhalter des Todes im Mäntelchen trügerischer Lust.
     

Prolog
     
    Duncan Andrews’ Gedanken rasten wie ein außer Kontrolle geratener Zug. Eben war er noch zerschlagen, betäubt, erstarrt gewesen. Sekunden später waren seine Benommenheit und Lethargie verflogen. Eine plötzliche Anwandlung von Heiterkeit und Energie überkam ihn, und er fühlte sich mit einemmal voller Tatkraft. Er wußte, jedes Ziel war ihm erreichbar. In unvermittelt aufleuchtender neuer Klarheit erkannte er, daß er weit stärker und schlauer war, als ihm je bewußt geworden war. Aber gerade als er diese auf ihn einstürzenden euphorischen Gedanken und diese neue Erkenntnis seiner

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