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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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seinen Begleitern. Dann nahm er den Koffer und setzte sich in Bewegung. Nach etwa fünfzig Metern führte ein Durchgang zu den Fächern. Er wanderte die metallenen Wände entlang, bis er das Fach gefunden hatte.
    »Ich bin dort. Was jetzt?«
    »Schließ auf.«
    So lief das also. Er sollte die Steine deponieren, und Lubold würde sie abholen. Das war einfach. Einfach für ihn. Wenn er im Gegenzug Nicole bekam, brauchten seine Leute hier nur zu warten, bis Lubold auftauchte.
    Marmann öffnete das Fach und hob den Koffer, um ihn hineinzustellen.
    »Falsch«, sagte Lubolds Stimme.
    Marmann erstarrte. Er wagte nicht, den Kopf zu drehen. Lubold konnte ihn sehen!
    »Ich dachte ...«
    »Du sollst nicht denken. In dem Fach liegt etwas. Nimm es heraus.«
    Marmann stellte den Koffer wieder ab und spähte in die dunkle Öffnung. Tatsächlich, ein Mäppchen. Er zog es hervor und öffnete den Reißverschluß.
    »Autoschlüssel«, sagte er.
    »Richtig. Ein Autoschlüssel. Er paßt auf einen blauen BMW. Geparkt auf Ebene C, Platz 124. Merk dir das gut. Du wirst mit deinem Koffer ... ach übrigens, was ist eigentlich schönes drin?«
    »Dreißig Millionen. Wie du es verlangt hast.«
    »Dreißig Millionen!« Lubold ließ ein andächtiges Schweigen verstreichen, bevor er fragte: »In welcher Währung?«
    »Diamanten«, quetschte Marmann hervor.
    »Oh, das ist gut! Das ist besser als alles Geld der Welt. Andre, ich könnte dich küssen!« Er lachte. »Los, beweg dich. Wir haben nicht ewig Zeit.«

    Marmann verließ den Bereich der Schließfächer mit schnellen Schritten und suchte nach Hinweisschildern für die Parkdecks. Er traute sich nicht, seinen Männern Zeichen zu geben. Ohnehin würden sie ihm folgen. So war es ausgemacht.
    »Nimm den Lift«, sagte Lubold.
    Marmann sah sich um und erblickte die Leuchtanzeigen der Aufzüge. Er stellte sich davor, drückte den Knopf und wartete. Nach wenigen Sekunden glitten die Türen auseinander. Im Hineingehen wandte er sich um und sah, daß die beiden Männer den gegenüberliegenden Lift bestiegen. Sein Herz schlug hart und schmerzhaft, während ihn der Lift nach unten trug. Er trat hinaus auf den Asphalt, überquerte einen Zebrastreifen und sah den Buchstaben C auf großen Leuchtkästen.
    Die Männer folgten ihm in einigem Abstand.
    Hastig suchten seine Augen die Platznummern ab. Er brauchte nicht lange, um den BMW zu finden. Es waren nur wenige Schritte bis dorthin. Marmann packte den Koffer fester und trat zu dem Wagen.
    »Das hast du gut gemacht«, sagte Lubold freundlich.
    »Was soll ich jetzt tun?«
    »Ruf deine Männer her.«
    Marmann zuckte heftig zusammen.
    »Ich weiß nicht, wovon ...«
    »Soll ich mich klarer ausdrücken? Wir hatten eine Vereinbarung, Andre, Andreas, Andischatz. Du kommst allein. War es so ausgemacht?«
    »Ja.«
    »Ja! Warum hast du dich dann nicht daran gehalten? Ist dir klar, was das bedeutet?«
    »Nein«, flüsterte Marmann in ohnmächtiger Angst.
    »Nicht? Schön, was sollen wir sagen? Was wäre fair? Ein Zeh für jeden Mann, den du mitgebracht hast?«
    »Bitte«, wimmerte Marmann.

    »Du bittest? Hör zu, Liebling, ich könnte Nicole vierteilen, wenn ich wollte, jetzt in diesem Augenblick. Ich bin überall gleichzeitig.
    Die Technik machtʹs möglich, daß ich nur auf ein kleines Knöpfchen drücken muß, und die Frage nach zwei oder zwanzig Zehen hätte sich erledigt.«
    »Lubold, ich bitte dich!«
    »Sie würde dann immer noch leben, aber sie wäre nicht mehr ganz vollständig, verstehst du?«
    »Bitte!«
    Es rauschte eine Weile in der Leitung.
    »Gut, mein Freund, du findest mich voller Gnade. Ich bin großzü‐
    giger, als du es damals warst. Wink deine Leute her und sag ihnen, sie sollen die nächste Maschine zurück nach Frankreich nehmen.
    Dann steigst du in den Wagen und folgst weiter meinen Instruktionen.« Er machte eine Pause. »Ich gebe Nicole eine letzte Chance. Sie ist verwirkt, wenn die beiden auch nur den Bruchteil einer Sekunde darüber nachdenken sollten, dir zu folgen.«
    »Ja!« schrie Marmann. »Ich schicke sie zurück.«
    Lubold lachte.
    »Ich wußte, du bist vernünftigen Argumenten zugänglich. Guter Hund.«

17.38 Uhr. Vera
    Am Grunde wartete ...
    Sie hatte es versucht. Lubolds inneres Universum blieb in Schwärze verborgen. Solange sie Vergleiche mit sich selber zog, zu dem Normalen, das sie dem Kranken entgegensetzen wollte, kam sie nicht weiter. Das Unbekannte blieb unbegriffen, und sie stürzte nur immer wieder aufs Neue in einen

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