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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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lassen?«

    »Ist ja gut.«
    »Eben nicht. Sie müssen sich täglich melden, bis die entschieden haben, was weiter mit Ihnen geschieht. Nichts zu machen.«
    Idioten, dachte Vera. Ich werde mich schon deswegen melden, um zu erfahren, ob ihr Lubold gekriegt habt. Ich werde mich öfter melden, als euch lieb ist.
    Sie bogen auf den Parkplatz ein und schlängelten sich zwischen den enggeparkten Autos durch.
    »Glauben Sie mir wenigstens?« fragte sie.
    »Ja.« Er grinste. »Nehmen Sieʹs nicht so schwer. Al Capone mußte sich viermal täglich melden. Soll ich Sie irgendwohin mitnehmen?«
    Nach Hause, hätte sie am liebsten gesagt. Wo ich mich in meinem Elend suhlen kann, bis mir schlecht wird. Dorthin, wo ich Simon Bathge meine Bilder gezeigt habe, bevor er sich in Jens Lubold verwandelte.
    Klar, ich warʹs. Kölner Detektivin verführt Killer. Ich hab angefangen. Nicht Lubold.
    »Fahren Sie mich in die DeTechtei«, sagte Vera.

17.08 Uhr. Flughafen Köln/Bonn
    Die Maschine der Air France landete mit geringfügiger Verspätung.
    Die boarding list wies unter den hundertzweiundsechzig Passagieren einen Andre Mormon aus. Er trug nichts bei sich außer Handgepäck.
    Den Stewardessen, die mit teilnahmsloser Freundlichkeit au revoir sagten, als die Leute nacheinander die Kabine verließen, würde er für kurze Zeit in Erinnerung bleiben, weil er sich vehement geweigert hatte, seinen Koffer in der Ablage zu deponieren. Sie bedachten ihn mit einem gezwungenen Lächeln. Er sah an ihnen vorbei.
    Andreas Marmann schritt die Röhre entlang, reihte sich in die Schlange zur Paßkontrolle ein und starrte mit leerem Gesicht vor sich hin.
    So oft hatte er sich gewünscht, nach Köln zurückkehren zu können.
    Aber nicht auf diese Art.
    In dem Koffer befanden sich etwas weniger als dreißig Millionen, jedoch kein Geld. Er hatte es nie über sich gebracht, die Diamanten in Bares umzusetzen. So sehr ihn die Aussicht, unermeßlich reich zu sein, in ihren Bann gezogen hatte, so daß er bereit gewesen war, Lubold sterben und Üsker leer ausgehen zu lassen, war sein Vorstellungsvermögen an der Wirklichkeit gescheitert. Über Solwegyns Kontaktleute hatte er eine Handvoll der Steine versetzt und soviel Geld dafür bekommen, daß er sich überfordert sah, es auszugeben.
    Seine Auffassung von Reichtum erschöpfte sich in einem Haus, ein paar Autos und der Möglichkeit, Menschen Dienste abzuverlangen, die sie ohne Geld nicht verrichtet hätten. Nachdem er monatelang hemmungslos gepraßt hatte, war immer noch mehr als genug von dem Geld übrig gewesen, und er hatte begonnen, sich zu langweilen. Eine Weile konsultierte er Bootsmessen und Werften, um sich Schiffe anzusehen. Die schneeweißen Dinger ängstigten ihn. Er wußte nicht recht, was er anfangen sollte mit einer ganzen Jacht. Er dachte über einen privaten Helikopter nach, ein Flugzeug. Aber er konnte nicht ständig fliegen. Wohin, wozu? Außerdem wußte niemand außer Solwegyn, welchen Schatz er tatsächlich besaß, und auch der Kaukasier kannte nicht die wirklichen Dimensionen. Seinen wahren Reichtum hätte Marmann ohnehin mit niemandem tei len können, ohne aufzufallen.
    Und auffallen war das letzte, was er wollte.
    Wäre er von Natur aus faul gewesen, wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Aber er war nicht faul. Unstet, mitunter gewissenlos. Er hatte seit jeher zu einer Hyperaktivität geneigt, die in wilde Pläne und tatsächlich auch in harte Arbeit ausarten konnte. Stillsitzen fiel ihm schwer, und maßloser Reichtum war eine äußerst stille Angelegenheit, weil maßlos eintönig.
    So hatte er einiges von dem Geld in ein Unternehmen investiert, wohlwissend, daß er ein Hobby betrieb. Und seltsam. Mit der Gewißheit, auch im Falle eines Scheiterns gar nicht scheitern zu können, war ihm gelungen, was er vor seiner Söldnerzeit nicht geschafft hatte. Etwas aufzubauen, das Erfolg hatte. Binnen kurzem war aus dem Experiment ein exklusives Immobilienkontor geworden, mit dem er genug verdiente, um die Grenzen seiner Bedürfnisse hinreichend auszuloten.
    Fast der gesamte Schatz blieb unangetastet.
    Er brauchte ihn einfach nicht.
    Er besaß fast fünfzig Millionen in Diamanten und brauchte sie nicht!
    Je länger er die Steine hortete, desto widersinniger erschien es ihm, sie anderen in den Rachen zu werfen. Der Schatz war ein Gesamtkunstwerk, eine Köstlichkeit für die Augen. Er liebte es, mit den Händen durch die funkelnde Masse zu fahren und dem vornehmen Klacken zu lauschen. Den

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