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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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drei kolossalen Künstlerinnen mit einem wohligen Schaudern, das „Missbraucht mich, Mädels!“ keuchte. Die drei kolossalen Künstlerinnen musterten wohlwollend zurück. Ulrich Hasencamp hob den DOPPELHERZ-Flachmann und nahm einen mächtigen Schluck. Sollte sagen: Kommt nur, ich bin gewappnet. Eine von den Dreien erhob sich tatsächlich und kam auf Hasencamp zu. Oh. Mein. Gott. Hasencamp lauschte auf das Murmeln in seiner Hose.
    „Wo sind eigentlich die Zeitungsheinis?“ Sagte einer und blickte sich um. Die waren doch per Handy informiert worden, die suchten doch ständig nach Schlagzeilen. Hatten aber gekniffen. Keine von diesen Pressenasen. Das konnte nur bedeuten, dass hier große Dinge im Fluss waren, höhere Mächte im Hintergrund die Fäden zogen. Der Kapitalismus? Die FDP? Ja, worum ging es hier eigentlich?
    „Die wollen uns mundtot machen, weil wir einer Riesensauerei auf der Spur sind“, erklärte Hermine, als sich der Tumult ein wenig gesetzt hatte. „Ich sage nur: Finanzkrise.“ Alle nickten bitter. Klar, alles drehte sich um die Finanzkrise. Auch Ulrich Hasencamp nickte, aber alles andere als bitter. „Na, was bist denn du für ein mutiger Mann“, raspelte die mächtige Bildhauerin und schob ihre Büste nach vorne, was vollständig unnötig war, sie ragte auch so schon beeindruckend genug in die Landschaft. „Gestatten, Ulrich Hasencamp, Rentner“, stellte sich Ulrich Hasencamp, Rentner vor. „Mit wem habe ich das Vergnügen?“ Hihi, das war jetzt aber ein witziges Wortspiel gewesen! Er hatte das Vergnügen ja noch gar nicht, aber er hoffte drauf. „Nancy“, gab Nancy Halgrimsdottir den Ball zurück. „Du scheinst noch gut in Schuss zu sein.“ Hasencamp nickte. Auch ein witziges Wortspiel, von wegen „Schuss“. „Ja, ich treffe immer noch ins Tor.“
    Das war Anmache auf höchstem Niveau, das erinnerte ihn an die Nachkriegsjahre, als man nichts anderes als sein Mundwerk hatte, um die Frauenwelt zu beeindrucken. Die Vergangenheit war soeben zurückgekehrt, Ulrich Hasencamp jauchzte sich einen. „Okay“, sagte Nancy, „dann können wir ja mal ein Spielchen anpfeifen. Das dauert aber 90 Minuten und der Ball ist rund...“ Zwei, dachte Hasencamp atemlos, zwei...
     
     
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    GAU. Das war ihr persönliches Fukushima oder Tschernodingsbums, wie das damals hieß, schon lange her, wusste kein Mensch mehr. Das Atom konnte man einfach verbieten (hatte sie schweren Herzens getan), man konnte sogar die Schwerkraft, die einen immer so runterzog, kurzerhand verbieten. Aber menschliche Untreue? Das ging nicht. Die Kanzlerin fragte sich, ob sie eine Runde weinen solle. Aus Empörung über so viel Undankbarkeit, versteht sich. Kriesling-Schönefärb, den sie beinahe an Sohnesstatt angenommen hatte, war ihr in den Rücken gefallen. Nicht nur deshalb würde sie sich bitter rächen. Nein, auch und vor allem aus Staatsräson. Wenn ich dich schon nicht verbieten kann, Freundchen, werde ich dich vom Erdboden tilgen. Sorry to say.
    Der Rollstuhl des Finanzministers rollte wie ein antiker Kampfwagen aus dem Ben-Hur-Film über den Teppichboden des Krisenzentrums. Die Referenten keuchten per pedes hinterher, sämtlich durchtrainierte junge Männer und Frauen, denen jetzt die Zungen aus den Hälsen baumelten. „Skandal!“ schrie der strenge Mann. Die Luft war zum Schneiden, was nur zum Teil am Altkanzler lag, der, ebenfalls angerollt, sich die Teilnahme an Krisensitzungen irgendwelcher Art seit Mogadishu vertraglich hatte zusichern lassen. GSG 9 einsetzen? Rasterfahndung? Der Altkanzler hustete und rollte neben den Wagen des Finanzministers. „Keine Gnade“, sagte er diskret. Der Finanzminister schüttelte energisch den Kopf. „Keine Gnade“, murmelte er ebenso diskret zurück.
    Nichts anmerken lassen, bläute sich die Bundeskanzlerin ein. Dass man menschlich schwer enttäuscht ist, dass man, unter uns gesagt, komplette Scheiße gebaut hat, als man diesen Verräter mit der Handtasche alleine ließ. Aber wer hätte denn ahnen können... Und wieso war niemandem aufgefallen, dass Kriesling-Schönefärb das Bundeskanzleramt mit der auffälligen Handtasche der Kanzlerin verlassen hatte? Wo waren die Beamten des Verfassungsschutzes gewesen? Warum war ihnen der Wicht entkommen, nicht mehr zu orten, einfach weg von der Bildfläche? Da würden Köpfe rollen. Ihr eigener, schwor sich die Bundeskanzlerin, würde wieder nicht dabei sein.
    Sie winkte ihre persönliche Referentin zu sich, dirigierte sie in eine

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