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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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unter anderem nicht mehr aktiv bluten können. Ok, so gut kenne ich mich da nicht aus, aber es wird wohl so ähnlich sein.
    Dieser Mann hier war tot, gar nicht anders möglich. Sein Gesicht war praktisch nicht mehr vorhanden, jedenfalls nicht so wie auf Passbildern. Jemand hatte es mit einem augenscheinlich schweren Gegenstand bearbeitet, wie ein Bildhauer, der aber aus einem Nichts von Gestalt ein Gesicht meißelt, bei dem Mann auf dem Teppich war genau umgekehrt vorgegangen und ein Gesicht zu einem Nichts von Gestalt gemacht worden. Eine Masse aus Blut, Hirn, Fleisch und Knochen.
    War das Lothar? Nicht zu erkennen. Ich trat sensationeller Weise einen Schritt vor, bückte mich. Lothar oder wer auch immer trug eine Freizeitjacke, die von der eben näher beschriebenen Masse in Mitleidenschaft gezogen war, die Freizeitjacke verfügte über eine Innentasche und aus dieser war etwas halb herausgerutscht, das wie eine Brieftasche aussah. Ich nahm ein Taschentuch aus meiner Hose und fischte die Brieftasche heraus, warum auch immer, ich weiß es wirklich nicht. In der Brieftasche steckte ein Personalausweis, ich betrachtete ihn mir und las die Daten. Er war auf Georg Weber ausgestellt. Ich hatte meinen Auftrag erledigt. Möglicherweise oder auch nicht.
     
     
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    „ Mäzena Klaviere. Qualität, die sie hören können. Große Leistung zum kleinen Preis. Wenn Sie Bildungsgutscheine für den Klavierunterricht Ihrer Kinder erhalten, darf ein Produkt von Mäzena in Ihrem Heim nicht fehlen. Määääääääzeeeeeeeenah!“
    Ich starrte auf den Bildschirm. Seit Stunden schon starrte ich auf den Bildschirm, die Fernbedienung in der Hand, meine Gedanken leider nicht mehr. Sie irrlichterten durch Werbespots und Talkshows, gruben sich in Jahresrückblicke und „Die Tierwelt Monacos“, ich war eine Säule, die von jedem dahergelaufenen medialen Hund angepinkelt wurde.
    „ Sagt das Baby Ei-Ei-Ei, fütter es mit BABA-Brei.“
    Brei. Ich sah plötzlich wieder dieses Gesicht aus Brei, ein ALETE-Mord, durchfuhr es mich überflüssigerweise, macht der Mörder Ei-Ei-Ei, schlägt er dein Gesicht...
    Natürlich war mir klar, dass ich mich mitten in einem Verdrängungsprozess befand. Ich kannte mal einen Mann, der hatte Helmut Kohl irrtümlich die Hand geschüttelt, weil er ihn für den Hausmeister hielt. Und sich sofort stundenlang unter die Dusche gestellt, aus Reinigungsgründen oder, wie die Griechen sagen, damit die Katharsis genügend Wasser bekommt. Völlig unlogisch. Er hätte sich ja nur einen halben Tag die Hände waschen müssen. Und ich fernsehte. Mein erster Toter, noch dazu einer mit zertrümmertem Gesicht. Irgendwie tat es mir gut, die auf andere Art zertrümmerten Gesichter von Politikern, Fernsehphilosophen, Silikonprinzessinnen und Bestsellerautoren zu betrachten, die sich ein nächtliches TV-Stelldichein gaben, bei denen sogar Vampire schleunigst wieder in ihren Särgen Zuflucht suchten. Garniert mit 230000 Toten eines karibischen Erdbebens, einem Mann, der nur den neuesten Mercedes fahren wollte, frierenden Obdachlosen, denen von netten Hostessen in knappen Christkindlkleidchen Tee gereicht wurde, einer strammen Moderatorengattin, die ihre Daseinsberechtigung in einem verschnürten Dirndl wohlverpackt bei sich trug, vergewaltigten Frauen im Ostkongo und gelangweilten Männern in Westdeutschland, die darauf schimpften, dass die deutsche Bahn fünf Minuten Verspätung hatte, fein verpackt in Wörtern wie „geil“ und „in der Tat“, „das allerbesteste“ und „ich finde das ja auch richtig, aber“.
    „ Abgespannt? Depressiv? Zu nichts mehr Lust? Machen Sie es wie Frau Schröder, kaufen Sie MEISTER POPPER, jetzt auch in der extralangen Weihnachtsedition.“
    In einen Krimi hinein. Der Detektiv (er sah natürlich wesentlich besser aus als ich und hatte viel telegenere Dämonen durchs Dorf zu treiben) betritt die nächtliche Wohnung, bekommt eins über den Deez, wacht neben einer Leiche auf und schon ist die Polizei da und nimmt ihn hopps. „Es war alles ganz anders!“ schreit er in die Kamera, und vielleicht hat er ja Recht. Alles war ganz anders. Hatte ich wirklich die Leiche von Georg Weber gefunden oder doch nur seinen Personalausweis?
    „ULTRAHYGIENA! Die Monatsbinde, die ihre Tage zum EVENT macht!“
    Kein schickes Kombinieren jetzt, keine logischen Kunststückchen. Die medialen Hunde, die sich an mir erleichtert hatten, bekläfften mich nun, ich zähmte sie mit meiner Fernbedienung, ließ Schnipsel aus

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