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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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für die ich nichts kann, denn sie war schon so eingerichtet, als ich eingezogen bin.
    Wir setzten uns am Küchentisch gegenüber, sahen uns eine Weile an und schwiegen. Sie war am Zug und wusste das. Sie überlegte. Ich überlegte ebenfalls, falls sie fragen würde, ob wir nicht in mein Büro gehen sollten. Nein, würde ich antworten, das wird gerade renoviert. Alles Unsinn. Sie würde mich fragen, ob ich der Detektiv sei und ich würde „nein“ antworten, „es gibt überhaupt keinen Detektiv, das war ein Scherz meiner na ja Zechkumpane.“ Und genau das fragte sie.
    „Sind Sie der Detektiv?“
    „Ja.“
    Diese Antwort erstaunte mich maßlos, Sonja Weber indes nickte nur und tat einen tiefen Seufzer. „Ich habe Ihr Firmenschild zufällig bemerkt“, sagte sie weiter. Ich blicke unter mich auf die Tüte mit den beiden Brötchen, dachte ans Kaffeekochen, „ich bin erst weitergegangen und dann wieder zurückgekommen und dann noch einmal und –“, „ja“, nickte ich und meinte das Kaffeekochen, und sie wiederholte „ja“ und meinte ihre Unentschlossenheit.
    „Möchten Sie Kaffee?“ fragte ich und sie antwortete: „Aber jetzt bin ich hier.“
    Ich stand auf und ging zur Kaffeemaschine.
     
     
    4
    Warum hatte ich ja gesagt? Weil ich die jüngsten wissenschaftlichen Studien im Hinterkopf mit mir herumtrug, nach denen Frauen ebenso häufig Männern gegenüber gewalttätig sind wie umgekehrt? Hatte ich Angst, ein Nein provoziere sie zu verbaler Gewalt, einem saftigen „Und warum dann dieses Schild, du Arschloch?“ Mag sein, aber so war es wohl nicht. Hatte ich mich etwa in sie verliebt und wollte sie mit einer abschlägigen Antwort nicht verlieren? Unfug. Erhoffte ich mir wenigstens ein sexuelles Abenteuer? Okay, nie ganz auszuschließen. Männer sind Frauen gegenüber sowieso sexuell benachteiligt, wegen dem Schwellkörper da unten, das ist eben nicht nur blanke Anatomie wie bei den Frauen, da muss man das Blut irgendwie dazu bringen – na, Sie wissen schon. Aber auch das traf nicht zu. Die Wahrheit war sehr viel profaner. Neugierde. Ich wollte einfach wissen, was Sonja Weber zu mir geführt hatte, an mir waren zu viele Krimis vorbeigerauscht, als dass ich hätte ignorieren können, dass eine Geschichte wie diese unweigerlich aus ist, wenn man einfach „nein“ sagt. Einen solchen Krimi hatte ich noch nie gelesen, wie auch, denn wenn ein Detektiv „nein“ gesagt hätte, wäre es auf der Stelle kein Krimi mehr gewesen, sondern – vielleicht Literatur.
    Während nun der Kaffee gekocht wurde und ich zwei Tassen, zwei Teller, zwei Messer, Butter und Marmelade auf den Tisch stellte, die Brötchentüte aufriss und in die Mitte legte, erzählte Sonja Weber. Sie tat es stockend, ihre Haare fielen ihr dabei pausenlos ins Gesicht, weil sich dieses wie der gesamte Körper bewegte. Sie war aufgewühlt, jedenfalls ein wenig.
    „Mein Bruder ist verschwunden“, begann sie. „Er heißt Georg Weber, ist 41 – also 7 Jahre älter als ich – “ (aha, dachte ich, sie ist 34, muss man sich merken) – „und wohnt in der Lessingstraße, gleich hier um die Ecke. Vielleicht kennen Sie ihn vom Sehen.“
    Sie beschrieb ihn mir, einen normalgewichtigen 41jährigen kaufmännischen Angestellten ohne besondere Kennzeichen, und ich kannte ihn natürlich nicht vom Sehen. Er sei unverheiratet, fuhr Sonja Weber fort, aber nicht schwul oder so, einfach nur unverheiratet, ein Single wie viele. Ich stand auf, nahm den Kaffee von der Wärmeplatte, schenkte uns ein, wir frühstückten, Sonja schwieg, bis sie ihr Brötchen hergerichtet und aufgegessen hatte. Mit dem letzten Krümel der Mahlzeit, dem letzten Schluck Kaffee nahm sie ihren Bericht wieder auf.
    „Ich kann nicht behaupten, mein Bruder und ich hätten jemals einen engen Kontakt gehabt. Wir sind einfach zu verschieden, wissen Sie?“
    Ich wusste selbstverständlich nicht und nickte.
    „Eigentlich lebe ich ja in“ – Sie nannte den Namen einer Kleinstadt, der mir wenig sagte – „aber gewisse Umstände haben mich gezwungen, hierher zu ziehen. Es ist nun einmal so, dass...“
    Sie stockte. Schenkte sich Kaffee nach, sehnte sich wie ich nach einem zweiten Brötchen, dessen Verzehr sie wie eine gute Henkersmahlzeit bis zum nächsten Bekenntnis hinauszögern hätte können, aber die Brötchen waren alle. Sie sah mir in die Augen, schnaufte einmal tief und fragte dann:
    „Wie viel verlangen Sie eigentlich? Ich meine – Honorar.“
    Eine berechtigte Frage, fiel mir ein.

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