Die Ehre der Slawen
den Rückzug des Markgrafen zu decken. Es sah ganz danach aus, als wenn der verschlagene Dietrich abermals mit heiler Haut davonkommen sollte. Um groß darüber nachzudenken, verblieb dem Edlen allerdings keine Zeit. Zu nah war der Schlachtenlärm bereits herangerückt, zu groß war die Not, in der sich die Verteidiger befanden. Die ersten Häuser standen bereits in Flammen und zum üblen Geruch von Schweiß und Blut gesellte sich nun der beißende Atem von Feuer und Rauch.
»Ihr habt gehört, was unser Herr befohlen hat«, brüllte er zu seinen Getreuen, »also zögert nicht, packt eure Schwerter fest und folgt mir! Erschlagt diese tollwütigen Hunde, die doch nichts anderes sind als dummes, feiges Lumpenpack!«
Mit erhobenem Schild und mit lautem Kriegsgeschrei stürmten sie los, um die arg bedrängte Legion des Markgrafen zu unterstützen. Fast hatten sie die immer weiter zurückweichende Schlachtenfront auch schon erreicht, als sie eine Gasse kreuzten, die direkt bis zum Domplatz führte. Udo warf im Vorbeilaufen nur einen kurzen Blick hinein, um gleich darauf wie vom Blitz getroffen stehen zu bleiben. Voller Wut und Hass starrte er auf die anrückende Slawenschar.
»Beim Leibhaftigen«, brüllte er außer sich, »diese Bastarde kenne ich doch!«
Ein plötzliches Erkennen zog durch seine Gedanken. Zügellose Mordlust begann in seinen Augen zu flackern und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen.
»Ha, das ist aber eine Überraschung: die feigen Läuse von dem verfluchten Feisnecksee! Mit denen habe ich doch noch eine Rechnung offen!«
Nur noch von einem einzigen Gedanken beseelt, der Rache hieß, sprang er in die Gasse und baute sich breitbeinig vor den kampfbereiten Siedlern auf, die nun ebenfalls stehen geblieben waren.
Dort standen sie ihm nun gegenüber und waren zumindest ebenso überrascht wie er selbst. Der verhasste Heidenfürst Milosc und der greise Bauer, der seinen Kampfgefährten Arnulf den Einäugigen heimtückisch erschlagen hatte, und noch viele andere bekannte Gesichter, deren Namen zu merken sich niemals gelohnt hätte.
Und ganz am Ende dieser Meute, da verkroch sich doch wahrhaftig dieser Balg, dem er die böse Lügenzunge abschneiden wollte. Diesmal war aber weit und breit kein Pfaffe zu sehen, der sich ihm in den Weg stellte.
Herausfordernd hielt Udo dem verhassten Heidenpack sein Schwert entgegen.
»Na, ihr räudigen Köter, habt ihr nicht Lust unseren Kampf endlich zu Ende zu fechten?«
Ein vielstimmiges Wutgebrüll war die Antwort und gleich darauf prallten die verfeindeten Parteien mit voller Wucht aufeinander.
Milosc und Stephan stürzten sich fast gleichzeitig auf den ehrlosen Ritter, der kraftvoll nach links und rechts seine Schläge austeilte. Sosehr sie sich aber mühten, ihn zu bezwingen, all ihre Versuche scheiterten an Udos eisernem Kampfschild. Ein seitliches Vorbeikommen war aber auch nicht möglich, weil sich dort sowohl die Verteidiger als auch die Angreifer dicht an dicht im Kampfe drängten. Als Stephan für einen winzigen Moment seinen erlahmenden Schwertarm sinken ließ, schlug Udo zu und trennte ihm die Hand ab. Milosc, der eine Schrecksekunde lang erstarrte, wurde gleich darauf am Helm getroffen und sank benommen in die Knie.
Mit einem triumphierenden Schrei auf den Lippen reckte Udo das Schwert in die Höhe, um sein blutiges Werk ein für alle Mal zu beenden.
»Ihr Bastarde«, brüllte er voller Genugtuung, »endlich sollt ihr bekommen, was ihr verdient! Ich werde euch lehren, was es heißt, einen ehrbaren Ritter bloßzustellen!«
Voller blutiger Vorfreude erfüllt und die Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf seine beiden Opfer gerichtet, bemerkte er den Hünen viel zu spät, der von der Seite her auf ihn zusprang. Seinen großen Schmiedehammer wie eine Götterfaust kreisend, ließ Rapaks Oheim Lenik den schweren Schläger auf Udos Schild krachen. Genau in Armhöhe des Edlen blieb nach einem ohrenbetäubenden Lärm eine große Delle zurück, die an der tiefsten Stelle wie dünnes Pergament zerrissen war. Udos Unterarm wurde jetzt nur noch durch die ledernen Halteschlaufen seines Schildes in Position gehalten. Gebrauchen konnte er den Arm nicht mehr, denn die Knochen waren zerschmettert worden.
Mit einem lauten Schmerzensschrei auf den Lippen ließ der Edle sein Schwert fallen und taumelte mehrere Schritte rückwärts. Er bemerkte kaum noch, wie er genau in die Schlagbahn eines seiner eigenen Blutknechte
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