Die Ehre des Ritters (German Edition)
nach dem Anhänger und suchte anschließend den Wald mit Blicken nach ihm ab.
Einen Augenblick später stand die Amme neben ihr, packte sie am Handgelenk und zog sie hinter sich her über die Wiese, fort vom Wald, zurück zu der Gesellschaft. Izzy trottete hinter ihr her. Das Medaillon hielt sie fest umschlossen in der Hand, glücklich, dass es ihr eine Möglichkeit zu einem Wiedersehen mit Griffin bot, bei dem sie ihm den Anhänger zurückgeben und sich erneut bedanken konnte. Griffin of Droghallow hatte am heutigen Tag ihr Leben gerettet. Er hatte sie eine Dame genannt, ihr die Hand geküsst … und ihr Herz gestohlen.
Izzy spürte, wie das Feuer Tausender romantischer Träumereien in ihr zum Leben erwachte, als sie sich in Gedanken an ihn verlor. Niemals würde es einen nobleren und ehrenwerteren Mann als ihren tapferen Helden geben, den ritterlichen Weißen Löwen Griffin of Droghallow. Daran glaubte sie von ganzem Herzen.
1
Herbst, zehn Jahre später
»Habt Ihr kein Herz, Griffin of Droghallow? Damit liefert Ihr uns dem sicheren Tod aus!«
Von der Anzahl schmuddelig aussehender Bauern, die sich im Dorf zur Übergabe der Pacht versammelt hatten, wagte es nur die Frau des Müllers, Widerrede zu führen. Mit einem Kind unter dem Herzen und einem anderen, das an ihrem Rockzipfel hing, bewegte sich die Matrone mit Mordlust in den Augen schwerfällig auf ihn zu. Diesen Blick hatte Griff während seiner Arbeit als Hauptmann der Garnison von Droghallow oft genug gesehen. Ohne die sich ihm nähernde Frau zu beachten, zurrte er die Wolle- und Getreidesäcke auf dem beladenen Karren fest. Mehrere Schafe und Rinder waren ebenfalls an dem Wagen angebunden; ihr unwilliges Blöken und Muhen zerrte an seiner Geduld.
Das war nur das erste von sechs Dörfern, das er und seine Männer an diesem Tag aufsuchen mussten, um die monatliche Pacht für den Säckel von Droghallow einzufordern, wie es ihre Pflicht war. Es war kein leichtes Jahr für das Land gewesen. Die rücksichtslosen Forderungen des neuen Königs, der verlangte, dass ihm seine Untertanen und Verbündeten Mittel für den sich ausbreitenden Krieg im Heiligen Land zur Verfügung stellten, verschlimmerten die Lage noch. Alles von Wert besaß in England nun seinen Preis. Fürstliche Herrenhäuser kamen unter den Hammer; seit Generationen vererbte Adelstitel mussten durch horrende Summen an die Krone abgesichert werden, und in den Gerichten im ganzen Land wurden Prozesse zugunsten der Partei entschieden, die das höchste Bestechungsgeld zahlte.
Richard Plantagenet war gerade erst zum König gekrönt worden und doch traf er bereits Vorkehrungen, London zu verlassen. Er und sein Heer wollten sich bald auf einen Kreuzzug begeben, um das Heilige Grab für die Christenheit zurückzuerobern. Es war eine noble Mission, doch manch einer fragte sich, ob der Preis, den England dafür zu zahlen hatte, nicht zu hoch war. Manch einer fragte sich auch, ob der Bruder des Königs, Prinz John, sich mehr für Englands Wohlergehen interessieren würde, wäre er stattdessen an der Macht.
John war bei der Krönung seines Bruders ein angemessener Anteil englischer Titel und Besitztümer zugefallen und er hielt aufmerksam Wacht über ein Land, das seiner Auffassung nach bald das seine sein würde. Und während einige noble Vasallen Gelder sammelten, um den Heiligen Krieg zu unterstützen, sammelten andere heimlich für einen Krieg ganz anderer Art: einen royalen Krieg, in dem möglicherweise Bruder gegen Bruder stünde.
Obgleich Englands Lehen gründlich zur Ader gelassen wurden, litten doch die Bauern am meisten darunter, auch die von Droghallow. Sie waren sämtlich erschöpft und am Ende ihrer Kräfte, und die Nachricht, dass ihr Lehnsherr Sir Dominic Earl of Droghallow in seiner Gier nach weiteren Ländereien und Titeln die Pacht erhöht hatte, brachte sie auf. Die meisten konnten die geforderte Summe nicht aufbringen. Stattdessen wurden Lebensmittel und Vieh als Zahlungsmittel angenommen und die Bauern damit zu einem langen, grausam harten Winter verdammt.
Doch es war nicht an ihm, die Bürde ihres Leides zu tragen, sagte Griff sich, als die Müllersfrau sich mit Tränen des Zorns in den Augen vor ihm aufbaute.
»Was für ein Unmensch seid Ihr, Griffin of Droghallow, dass Ihr unseren Kindern das Essen verweigert und die Wolle, die die Kleinen in den kalten Monaten wärmen soll?«
Die Tochter der Frau, ein elfenhaftes Geschöpf mit unglaublich dünnem, strähnigem Haar, kam hinter
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