Die ehrenwerten Diebe
im Sandkasten geprobt. Nichts konnte schief gehen – falls er stattfand.
Das kriminelle Kleeblatt ließ sich jedenfalls Zeit. Wir überflogen den Alpenkamm. Die Sonne vergoldete die Grate und Zacken.
Ich nahm Miriam beiseite.
»Ich muß dir etwas gestehen«, begann ich vorsichtig.
»Liebst du mich?« fragte sie.
»Das auch«, antwortete ich. »Aber ich bin doch nicht so privat hier, wie du denkst.«
»Das habe ich auch nicht anders erwartet«, erwiderte sie mißtrauisch und setzte hinzu: »Aber bei unserer Verabredung in Rom bleibt es doch?«
»Ganz bestimmt«, versprach ich, »vorausgesetzt, daß du mir einem Wunsch erfüllst, ohne viel zu fragen.«
»Bitte!«
»Sag deinem Captain, daß er die nächsten zwanzig Minuten die Cockpittür von innen verriegeln soll.«
»Warum das? Erwartest du einen …«
»Genau das«, unterbrach ich Miriam. »Aber das soll unter uns bleiben. Sei unbesorgt, die Passagiere sind fast alles Kriminalbeamte.«
Sie ging nach vorn. Ich erwartete einen Tobsuchtsanfall des Flugkapitäns, aber er ließ sich weder sehen, noch war er zu hören. Die Stewardess kam zurück und nickte mir wie eine Verschwörerin zu.
Nichts Verdächtiges geschah – und für mich zeichnete sich bereits eine Blamage ab.
»Doch nicht hier, Omar«, schob Leila ihren Begleiter sanft von sich weg.
Dr. Ott warf ihr einen gequälten Blick zu.
Omar sah auf die Uhr:
»Noch einundzwanzig Minuten!« rief er so laut, als wollten es alle wissen.
Es war das Stichwort für Färber.
Er stand auf und gähnte demonstrativ.
Er vergewisserte sich, daß Omar nach hinten ging, Richtung Toilette.
Es waren die längsten Sekunden meines Lebens.
Färber versuchte, die Tür des Cockpits aufzureißen. Es mißlang – er mußte misslingen, dank Miriam.
»Alle sitzen bleiben!« schrie Omar vom Schwanzende der Maschine.
Er hielt eine Plastikpistole im Anschlag.
Leila kramte in ihrer Tasche.
Ich griff nach ihrer Hand und drehte sie um.
»Wenn Sie Ruhe bewahren, passiert Ihnen …«
Omar kam nicht weiter.
Der Beamte aus der Toilette hatte ihn von hinten niedergeschlagen. Zwei, drei Kollegen kamen ihm zu Hilfe, und auch Leilas Pistole polterte jetzt zu Boden.
Im gleichen Moment wurde Färber überwältigt.
Handschellen klickten.
Es war nicht ein Wort gefallen.
Der Fall stand vor dem Ende.
Die Tür zum Cockpit öffnete sich, und der Flugkapitän gratulierte uns.
Gleich nach der Überrumpelung klappte Dr. Ott zusammen. Das Entsetzen lief über sein Gesicht wie kochende Milch. Bevor wir sicher landeten, erlebte er seinen Absturz.
Noch an Bord legte er ein Geständnis ab und erklärte sich bereit, freiwillig nach Deutschland zurückzufliegen.
Leila spuckte vor ihm aus, und Omars finsteres Gesicht ließ erwarten, daß wir nie erfahren würden, ob hinter dem verunglückten Anschlag auf die SL-Ölsonde eine private Verbrecherbande oder eine politische Terrororganisation gestanden hatte.
Vielleicht würde später Färber reden, aber er war sicher auch nur ein gekauftes Werkzeug von Dr. Ott, auf den Leila mit Hilfe einer vorgetäuschten Autopanne angesetzt worden war.
Auf dem römischen Flugplatz Fiumicino warteten bereits Polizeiwagen, um die Täter in das Gefängnis zu überführen. Wichtiger war freilich, daß die FERWAG künftig ungestört ihre Erfindung verwerten konnte.
Der Generaldirektor bedankte sich überschwänglich. Zum Feiern hatte er keine Zeit. Mit der nächsten Maschine mußte er wieder zurück.
Miriam stand in der Nähe.
»Auf, zu unserem Stadtbummel!« sagte ich.
»Weder Via Veneto noch Trastevere«, erwiderte sie verärgert, »sondern Beirut.«
Miriam mußte für eine erkrankte Kollegin einspringen, und so trafen wir wieder einmal eine Vereinbarung für München, die wir diesmal – vielleicht – einhalten würden.
3
Vielleicht ist es ein wenig übertrieben, Düsseldorf für das deutsche Paris zu halten, aber ich mochte die Stadt am Rhein, selbst wenn ich in einem Hotel an der Kö saß und an einem Vortrag feilte, den ich am nächsten Tag vor dem Industrie-Club halten sollte.
Natürlich ging es um mein Lieblingsthema. Die Warnungen und Vorkommnisse der letzten Zeit hatten schon einige Früchte getragen. Die Bosse an Rhein und Ruhr hatten inzwischen wohl auch den US-Bestseller des Autors Vance Packard (›Die große Verschwendung‹) gelesen, der in der Industriespionage ›eine große Gefahr für unsere Gesellschaftsordnung‹ sieht.
Von der Industrie war inzwischen eine
Weitere Kostenlose Bücher