Die Einsamkeit des Chamäleons
sich gewünscht, dass Erik Assmann wenigstens ein klein wenig blasser geworden wäre. Doch der schien innerlich zu wachsen und sich wie ein strebsamer Schüler auf den Moment seiner Antwort zu freuen.
»An dieser Stelle müsste ich wahrscheinlich meinen Anwalt hinzuziehen, aber wissen Sie was?«
Er schaute in die kleine Runde, als sei er tatsächlich an einer Antwort interessiert. Doch es kam keine.
»Ich gestehe.«
Mark wusste nicht, was er mehr hasste: diesen Menschen oder seinen Job.
Strobel schaute verunsichert zu Mark. Der schüttelte nur unmerklich den Kopf. Nein, Erik Assmann würde er ganz bestimmt nicht auch noch seine Rechte verlesen.
»Was gestehen Sie?«, fragte Strobel.
Erik Assmann war anzusehen, dass sein Puls sich erhöhte, und Mark hätte ihm gern gesagt, dass er sich zu früh freute.
»Ich gestehe, dass ich mich unrechtmäÃig bereicherte.«
»Woran?«
»An einem Namen. An Reputation.«
»Will heiÃen?«, fragte Mark mit zunehmendem Interesse. Er konnte sich nicht erklären, was dieser Typ, der sich so gestelzt ausdrückte, im Schilde führte.
»Sie gestatten?«
Assmann stand auf und ging zu seiner Hausbar. Er holte eine Martini -Flasche heraus.
»Sie sind im Dienst. Ich darf.«
Er wollte nicht nur den Moment, sondern auch seinen Drink genieÃen. Das war ihm anzusehen.
»Hörten Sie jemals von Andrew Cascone?«, fragte Assmann nun mit hochgezogenen Augenbrauen. Er trank genussvoll aus seinem Glas und wartete ab.
Strobel zuckte mit den Schultern. Mark fühlte sich kurz an ein Gespräch mit Rebekka erinnert, wusste aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang der Name gefallen war.
»Ich habe unter dem Namen Andrew Cascone Geschäfte gemacht. Kunstgeschäfte, um genau zu sein.«
»Mit afrikanischen Skulpturen?«, erkundigte sich Strobel, dem dieser Abend eine interessante Lektion zu sein schien, wie Mark bedauernd feststellte.
»Aber nein!«
Erik Assmann gab sich entgeistert, als wäre es das Letzte, womit er sich befassen würde. » Recycled Art in ihrer schönsten Gestalt: in Metall und Farbe. Und da gibt es eine ganze Palette neben den lausigen Farben, die Sie kennen.«
Mark wurde ungeduldig, wollte das Gespräch wieder in die richtige Spur bekommen.
»Darum kümmern wir uns auf dem Präsidium«, er legte seine Visitenkarte neben Assmanns Martini . »Melden Sie sich morgen und erzählen Sie alles im Detail. Jetzt will ich wissen, was Ihr Geständnis mit meiner Frage zu tun hat: Kennen Sie eine Frau namens Rebekka Schomberg?«
»Es hat sehr viel damit zu tun. Sie ist eine Stalkerin. Meine Stalkerin, um präzise zu sein.«
»Wie darf ich das verstehen?«
Mark war leicht amüsiert. Mit dieser Taktik hatte er nicht gerechnet.
»Nun ja, sie muss mich gekannt haben, bevor ich sie kannte. Schnüffelte in meinem Freundeskreis herum, bis sich für sie schlieÃlich Karl-Heinz Ottos Beerdigung als willkommene Gelegenheit ergab, mich persönlich kennenzulernen. Und alle anderen mit. Seitdem werde ich sie buchstäblich nicht mehr los.«
Mark konzentrierte sich und blendete alles ringsum aus. Sein Körper schaltete den plötzlich in ihm aufkommenden Schmerz aus wie bei einem Schock, so blieb der Fokus auf dem Wesentlichen: zuhören, registrieren, überprüfen.
»Einmal erwischte sie mich in der Stadt, in Harryâs Bar . Von Ulrike Otto erfuhr ich, dass Frau Schomberg sich zudem ständig im Hackendahl mit ihr verabredete. Und das auch nur, um sie nach mir auszufragen. Das gelang ihr natürlich blendend, so gutgläubig, wie wir alle waren. Plötzlich hörten wir wochenlang nichts, und dann tauchte sie auf einem Picknick auf. Letzte Woche stand sie sogar bei Ingrid und mir vor der Tür ⦠NICHT WAHR, MEIN SCHATZ?«, rief Erik Assmann in Richtung Flur, wo seine Frau ein paar Kinderspielsachen zusammenräumte.
Ingrid Assmann schaute kurz herein, zwei Puppen und ein halbes Pferdegestüt aus rosa Plastik auf dem Arm balancierend.
»Ja, Rebekka war gerne bei uns. Auch wenn mir ihre Zuneigung zu meinem Mann etwas auf die Nerven ging.«
Sie zwinkerte ihrem Mann zu und ging die Treppe hinauf zum Kinderzimmer.
In aller Ruhe wandte sich Erik Assmann wieder den beiden Polizisten zu.
»Ich hielt das alles noch für eine ganz normale ⦠nennen wir es ⦠Freundschaft. Auch wenn die in
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