Die Einsamkeit des Chamäleons
sich selbst bezichtigen. Und von den zwölf Pennern, die er beseitigt hatte, war nicht mal mehr ein Spuckefaden übrig.
Also ging Erik Assmann gelassen zur Tür und öffnete.
Auf dem Zettel, den Tschirner ihm vor die Nase hielt, stand:
BESCHLUSS
gem. §§ 105, Abs.1 und 165 StPO wird die Durchsuchung der Wohnräume des Erik Assmann angeordnet .
Während er und Strobel auf seinem Sofa gesessen hatten, war also nicht nur gegen Milchmeyer, sondern bereits gegen ihn selbst ermittelt worden. Ein Detail, das Erik sich sofort für das Gespräch mit seinem Anwalt vormerkte. Obwohl ihm zum ersten Mal flau im Magen wurde, brachte er eine gewisse Contenance auf, mit der er Tschirner in seinem Redefluss unterbrach.
»Ich habe meine Lesebrille nicht auf â aus welchem Grund sollten Sie mein Haus durchsuchen dürfen?«
»Wir ermitteln in einer Strafsache und vermuten Beweismaterial in Ihrem Haus.«
Erik trat zur Seite und nahm nur im Augenwinkel wahr, wie Tschirner und Strobel seinen Schreibtisch durchsuchten, während zwei Herren im Anzug in der Tür warteten.
Er zog sein Handy aus der Tasche.
»Darf ich meinem Anwalt eine Nachricht senden?«
Einer der Wachhunde in der Tür nickte. »Sie dürfen ihn sogar anrufen.«
»Er sitzt gerade in einer Verhandlung, ich kann ihn nicht mit einem Anruf stören.«
»Machen Sie«, sagte der Aufpasser nun schon leicht genervt.
Als Tschirner Rebekka Schombergs Laptop schlieÃlich triumphierend in die Höhe hielt, wusste Erik Assmann, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, sich mit dem soeben gebuchten Flug nach Monrovia abzusetzen.
Kapitel 53
»Frau Schomberg ist bei Bewusstsein. Sie hat nach Ihnen gefragt.«
Mark gab Strobel ein Zeichen, mit der Vernehmung von Erik Assmann zu beginnen. Nebenan vernahmen zwei weitere Kollegen Thorsten Milchmeyer, der allmählich mürbe wurde und zu reden begann. Mark war all das egal, selbst Julia und die Kinder, die inzwischen allein an die Havel gefahren waren. Sogar seine Wut auf Rebekka und seine Ratlosigkeit konnte er während seiner rasanten Blaulichtfahrt zur Charité verdrängen.
Er rannte aus dem Fahrstuhl in ihr Zimmer, sie saà aufrecht im Bett und sah mitleiderregend aus mit ihrem Kopfverband.
»Rebekka!«
Sie streckte wortlos die Arme nach ihm aus, und er drückte sie fest an sich. Minutenlang saÃen sie und hielten sich so fest wie noch nie, als gälte es jetzt noch, sich zu retten aus einem Strudel, der sie beide in ein tiefes, unergründliches Tal reiÃen würde, wenn nicht doch einer stärker wäre als der andere und nicht beide diesen immensen Willen zum gemeinsamen Ãberleben hätten. Nicht ohne den anderen sein. Nie mehr von dem anderen getrennt sein.
Als sie sich sanft loslieÃen und in die Augen schauten, wischte Rebekka zärtlich die Tränen von Marks Wangen. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er weinte, sondern nur ein Gefühl von Glück gehabt, das ihn beinah betäubte.
»Erzähl mir alles«, sagten beide gleichzeitig.
Mark wusste, dass er zuerst an der Reihe war, weil er somit Rebekkas Schilderungen etwas erleichtern würde.
»Wir haben alle beide, Assmann und Milchmeyer â¦Â«
Rebekka schluchzte, sie konnte sich kaum beruhigen.
»Assmann wollte mich umbringen. Er hat mir die Fesseln nur abgenommen, um es so aussehen zu lassen, als wäre ich allein in der Werkstatt gewesen!«
»Schschsch â¦Â«, Mark strich ihr beruhigend über den Kopf, »ich weiÃ. Wir haben einen zweiten Schlüssel im Regal gefunden. Er wusste, dass du nicht in der Lage sein würdest, die Tür selbst zu öffnen. Und du kannst beruhigt sein, wir haben ihn auf den letzten Drücker gekriegt.«
»Was hatte er vor?«
»Nun«, sagte Mark nicht ohne Stolz, »bei der Hausdurchsuchung in Assmanns Villa fand ich deinen Laptop. Während Strobel ihn auswertete, fuhr ich ins Vico House und schaute mir dein Zimmer genauer an. Die Notizen an deiner Pinnwand und das, was Strobel aus deinem Laptop herausholte, ergaben ein schlüssiges Bild. Zurück bei Assmann sah ich ihn gerade in ein Taxi steigen. Es war leicht, ihm bis nach Tegel zu folgen. Diesmal wollte er tatsächlich nach Monrovia. Doch auch diesmal blieb sein Platz im Flieger leer.«
»Er wird nichts zugeben. Der Kerl ist mit allen Wassern gewaschen.«
»Er nicht, aber Milchmeyers Fassade beginnt zu
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