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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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tritt vor. »Karaíba, wir aus Ai’oa haben die Geschichte vom Pia-Vogel gehört. Wir wissen jetzt, was ihr mit den Brüdern und Schwestern, mit den Müttern und Vätern getan habt, die das Dorf verlassen haben, um auf eure Art zu leben. Wir wissen, dass sie tot sind. Wir haben alle diese Dinge gehört –«
    »Wir müssen uns das nicht anhören!«, brüllt Sergei. Er macht einen Schritt nach vorn und bringt sein Gewehr in Anschlag. »Es ist reiner Unsinn, bloßes Geschwätz, das Pia von sich gegeben hat. Es ist lächerlich –«
    Als hätte Kapukiri ihn herbeigezaubert, bohrt sich ein grün gefiederter Pfeil in Sergeis Hals. Lautlos bricht er zusammen. Die Wissenschaftler weichen erschrocken noch ein Stück zurück. Mit einem Aufschrei will ich zu Sergei laufen. Für einen Moment vergesse ich, dass er ein Mörder ist. Ich sehe nur einen Mann, den ich mein ganzes Leben lang gekannt habe, jemanden, den ich für einen Freund gehalten habe. Doch Luri zieht mich am Arm zurück. Ihre Augen blicken ernst.
    Niemanden kümmert es, wer den Pfeil abgeschossen hat, und Burako lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und fährt fort: »Und wir wissen, dass sie wahr sind. Wir vom Stamm der Ai’oa haben in unserem Herzen keinen Platz für Mörder und Lügner und Diebe. Und wir haben euch als all das entlarvt. Jetzt werdet ihr diesen Ort verlassen. Ihr alle werdet diesen Ort verlassen, noch heute, und nie mehr zurückkommen. Wenn noch einmal ein Fremder sein Gesicht hier zeigt, erschießen wir ihn. Wir fallen nicht mehr auf Tricks und Lügen herein. Nie mehr. Geht. Geht jetzt.«
    Die Reaktionen der Wissenschaftler sind gemischt. Einige scheinen mehr als bereit, dem Befehl zu folgen, andere straffen die Schultern, machen wieder einen Schritt nach vorn und heben erneut die Gewehre.
    Paolo hält die Hand hoch, bis alle, einschließlich der Ai’oaner, still werden. Alle wollen hören, was er zu sagen hat.
    »Wir werden gehen.« Die Ai’oaner beginnen zu jubeln, doch er wartet, bis sie merken, dass er noch nicht fertig ist. »Wir werden gehen«, beginnt er noch einmal, »und nicht zurückkommen. Es gibt keinen Grund mehr für uns, hier zu sein.« Er schaut mich an. »Und jetzt spreche ich zu dir, Pia. Hör mir gut zu. Du wirst mit uns kommen. Und zwar sofort.«
    »Niemals. Ich –«
    »Wir haben den Jungen.«
    Meine Kopfhaut prickelt. Das kann nicht sein. Eio sagte, er würde sich verstecken. Der Dschungel würde ihn beschützen.
    »Wir haben den Jungen, Pia. Und wenn du nicht mitkommst, bringen wir ihn um. So einfach ist es.«
    Er breitet die Arme aus und klatscht dann in die Hände, um anzuzeigen, dass er fertig ist. Die Ai’oaner murmeln etwas von Tricks und Lügen, aber wirklich deutlich höre ich nur das wilde Pochen meines eigenen Herzens. Sie haben Eio. Sie müssen ihn haben. Und selbst wenn es nicht stimmt, wie könnte ich das Risiko eingehen? Nicht Eio. Niemals Eio. Ich liebe ihn – und ich konnte es ihm noch nicht einmal sagen.
    »Ich komme mit.«
    »Nein, Pia-Vogel«, flüstert Luri, doch Achiri bedeutet ihr, still zu sein.
    Als ich über die Lichtung gehe, wird mein Körper langsam gefühllos. Kurz bevor ich Onkel Paolo erreiche, bleibe ich stehen und drehe mich noch einmal zu meinen Ai’oanern um.
    Ich bin so stolz auf sie. Im Grunde war es ihre Idee, den Fremden die Stirn zu bieten, ihren Stolz zurückzuerlangen. Ich blicke Burako an. Achiri. Luri. Kapukiri. Ami. Und alle anderen, deren Namen eine Spiegelung des Dschungels sind. Dschungelmenschen. Jaguarmenschen. Jaguar. Mantis. Mond. Es ist alles eins – die Ai’oaner und der Dschungel, die Kaluakoa und das Yresa, die Jaguare und die Affen und die Papageien und der Fluss. Eine Welt voller Schönheit und Geheimnisse, eine Welt, die wir nie hätten verletzen dürfen. Aber wir haben es getan. Und jetzt sind es die Unschuldigen, die den Preis bezahlen, während die wahrhaft Schuldigen ungeschoren davonkommen und ihre schmutzige Arbeit anderswo wieder aufnehmen. Wenigstens meinen Ai’oanern wird nichts mehr passieren. Aber es waren nie meine, oder? Sie gehören dem Dschungel, genauso wie der Dschungel ihnen gehört.
    Ich wende mich von ihnen ab und Paolo zu. Er legt einen Arm um meine Schultern und ich versuche nicht ihn abzuschütteln. Ich will nicht mehr kämpfen.
    Die Worte, die er mir beim Gehen ins Ohr flüstert, machen alles noch schlimmer.
    »Glaub ja nicht, dass es damit vorbei ist, du dumme Göre. Mag sein, dass du hier alles vernichtet hast, aber vergiss

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