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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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glaube sogar noch Urlaubsfotos aus Afrika oder so.
    Mit Afrika bin ich nicht sicher, weil der Wind ging wegen dem Gewitter. Miguel hat zu den Bildern was erklärt, aber das habe ich nicht genau gehört. Einmal hat es sogar gedonnert. Ich wollte hinzoomen, um die Fotos auch zu sehen, aber irgendwie ging es nicht mit dem Zoomen. Wenn ich etwas in bester Aufnahmequalität im Videorecorder in meinem Kopf abspeichere, dann kann ich normalerweise hinterher an jede Stelle ganz nah ranzoomen. So nah ich will, bis ich die einzelnen Härchen auf der Haut sehe. Aber diesmal ging es nicht. Vielleicht war die Platte in meinem Kopf voll.
    Phillipp hat noch mehr geredet als ich. Das erzählt meine Mutter immer, aber wenn ich dann nachfrage, dann zuckt sie mittendrin zusammen und sagt, „jetzt ist gut“ und wechselt das Thema.
    Ich meine aber, sie würde sehr gerne öfter über Phillipp reden, und ich auch, aber vielleicht meint meine Mutter, dass uns das nicht gut tut. Mir würde es wahrscheinlich schon gut tun, weil ich manchmal denke, dass Phillipp gar nicht tot, sondern nur im Internat oder im Urlaub ist und in ein paar Wochen kommt. Aber meine Mutter kann das mit dem Internat nicht so sehen. Vielleicht liegt das an dem Mantel. Wegen dem Blut. Sie erinnert sich immer an das Blut und sagt sich dann, dass man nicht blutig aus dem Internat zurückkommen kann. Deswegen funktioniert es bei ihr nicht. Bei mir funktioniert es. Aber vielleicht muss ich deshalb auch zu Frau Dr. Käfer und meine Mutter nicht.
    Auch wenn wir deshalb nicht so viel über meinen toten Bruder reden, kann ich mich noch an eine Menge erinnern, obwohl ich damals noch so klein war. Phillipp ist zum Beispiel sehr gerne Rad gefahren. Wir hatten beide blaue Räder bekommen. Die Fahrräder waren ein richtiges Schnäppchen in einem Kaufhaus und bei Schnäppchen kann mein Vater, der Berater, nicht Nein sagen. Mein Rad war kleiner, mit Stützen am Hinterrad, aber Phillipp konnte schon ohne Stützen fahren.
    Er hat sich immer nach mir umgedreht, weil er viel schneller war und gerufen, „jetzt komm schon“. Und ich bin dann gestrampelt wie ein Geisteskranker, um ihn einzuholen und dann hat er sich umgedreht und hat laut gelacht. Ich habe mich nämlich so angestrengt, ihn immer einzuholen, dass ich einen ganz roten Schädel bekommen habe, so wie Leute mit einem ganzen hohen Blutdruck, so dass man meint, jetzt fliegt gleich die Schädeldecke weg und eine Fontäne Blutorangensaft kommt raus.
    Wenn ich meine Augen zumache, dann sehe ich das lachende Gesicht von meinem Bruder ganz nah, so ungefähr einen Arm weit weg. Ich sehe seine große Zahnlücke so deutlich, dass ich mich wundere, dass das Gesicht doch nicht da ist, wenn ich die Augen wieder aufmache. Ich habe mir auch immer so eine Zahnlücke gewünscht. Zwischen den vorderen Zähnen wie bei Phillipp, weil man da so schön durchspucken kann.
    Zwischen uns rennt immer mein Vater rum. Auf dem Weg hin und her, dann hört man ihn nur aus dem Hintergrund. Aber dann rennt er plötzlich wieder mitten ins Bild. Das geht ziemlich schnell, denn mein Vater konnte ziemlich schnell laufen. Manchmal ist er nämlich sogar Marathon gerannt. Aber ich glaube, das hat er nur gemacht, um meine Mutter zu beeindrucken. Manchmal kommt mein Vater ganz schnell ins Bild, rennt an mir vorbei und sprintet zu Phillipp und sagt ihm, dass er am Wegrand warten soll. Dann ist er in der nächsten Sekunde neben mir und gibt acht, damit ich mit meinen Stützen nicht in den Graben fahre.
    Damals konnte mein Vater sogar mit Straßenschuhen schneller rennen, als Phillipp und ich Rad fahren konnten. Ich meine nicht Laufschuhe oder Spikes, sondern ganz normale Treter. Das sehe ich nämlich in meinem Videoarchiv ganz genau, wenn ich hinzoome. Mit Spikes wäre mein Vater bestimmt doppelt so schnell gelaufen wie wir beide Rad fahren konnten. Aber jetzt läuft er nicht mehr und holt sich lieber ein Bier aus dem Kühlschrank. Meine Mutter kann keine Mäntel mehr tragen, mein Vater läuft nicht mehr und ich muss immer zu Frau Dr. Käfer, seit Phillipp nicht mehr aus dem Internat zurückkommt.
    Heute habe ich wirklich zu überhaupt nichts Lust. Mona würde sagen, ich bin mördercarlish. Ich habe keine Lust auf den Todesstern, keine Lust auf das Schwimmbad und auch keine Lust auf sonst was. Als Mona angerufen hat, ob ich mit ihrer Familie ins Schwimmbad gehen will, habe ich sogar geschwindelt und gesagt, dass mir ein wenig schlecht ist. Dann bin ich doch mit dem Rad

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