Die englische Rose
gestand er. „Und was hast du heute gemacht?"
„Komm, dann erzähle ich es dir." Francesca deutete auf die bequemen weißen Korbmöbel. „Bestimmt möchtest du ein kühles Bier, oder?"
Er nickte, nahm seinen Hut ab und warf ihn so geschickt, dass er auf einer Holzskulptur landete.
„Rebecca kommt gleich." Sie setzte sich auf den Stuhl, den er ihr zurechtrückte.
Rebecca war Brods Frau und die Herrin von Kimbara. „Wir waren heute fast den ganzen Tag damit beschäftigt, ein Rennen mit Picknick zu organisieren. Wir dachten, es wäre mal eine Abwechslung zu dem üblichen Poloturnier. Rebecca hat immer Angst um Brod, wenn er spielt. Er ist so ein Draufgänger. Du auch." Francesca schauderte bei der Erinnerung daran.
Grant blickte sie forschend an. „Du machst dir also Sorgen um mich?"
„Ich mache mir um euch alle Sorgen", erwiderte sie lässig und betrachtete ihn. Mehr denn je fiel ihr auf, wie ähnlich Grant und Rafe sich waren. Beide waren groß und schlank und sehr attraktiv. Allerdings war Grant dunkelblond und hatte einen dunkleren Teint.
Beide hatten Charisma. Beide wirkten sehr erfolgreich. Falls es überhaupt einen Unterschied gab, dann den, dass Rafe ausgesprochen höflich war, während Grant entschlossen und energiegeladen, ja manchmal unbeherrscht war. Kurz gesagt, Grant Cameron konnte sehr schwierig sein. Außerdem sagte er immer, was er dachte. Und er hatte etwas Machohaftes, das typisch für die Männer im Outback war. In gewisser Hinsicht erschien er ihr wie ein Wesen aus einer anderen Welt, in der es keine Grenzen gab. Er erinnerte sie an einen jungen Löwen. Sie wusste, dass ihre Gefühle für Grant Cameron außer Kontrolle gerieten.
Jetzt zog er die Brauen zusammen und blickte sie starr an. Die muskulösen, gebräunten Arme hatte er auf die Glasplatte des Tischs gestützt. Er trug einen khakifarbenen Firmenoverall mit dem blauen und goldfarbenen Logo auf der Brusttasche.
Sein dichtes dunkelblondes Haar wehte in der leichten Brise. Er sah toll aus.
„Und, wie lautet das Urteil, Lady?" Grant beugte sich vor und nahm ihre Hand.
Francesca lachte und errötete gleichzeitig. „Habe ich dich angestarrt? Tut mir Leid.
Ich habe gerade überlegt, wie ähnlich Rafe und du euch seid. Und ihr werdet euch immer ähnlicher, je..."
„Je reifer wir werden?" Sein Tonfall war nun nicht mehr ganz so lässig.
„O Grant", tadelte sie ihn sanft. Sie wusste, wie sehr er und Rafe aneinander hingen, doch Grant musste unter der Autorität seines älteren Bruders gelitten haben. Da ihre Eltern tot waren, hatte Rafe vermutlich in jungen Jahren fast die Elternrolle übernommen.
Grant war sehr ehrgeizig und versuchte ständig, sich etwas zu beweisen. „Je älter ihr werdet, wollte ich eigentlich sagen", erwiderte sie und beobachtete, wie er sich entspannte.
„Natürlich." Er lächelte, und seine perfekten weißen Zähne blitzten. „Manchmal bin ich vom Teufel geritten, Francesca."
„Ja, ich weiß", bestätigte sie sanft.
„Ich liebe Rafe, wie man einen Bruder nur lieben kann."
„Das weiß ich", sagte sie verständnisvoll, „und ich weiß auch, was du meinst."
Spannungen gab es in den besten Beziehungen. So auch in denen zwischen Müttern und Töchtern. Sie wandte den Kopf, als Schritte in der Eingangshalle erklangen. „Das ist bestimmt Rebecca."
Einen Moment später erschien Rebecca. Sie strahlte förmlich und berührte Francesca an der Schulter, bevor sie sich an Grant wandte, der sofort aufstand. „Bleib ruhig sitzen, Grant. Hast du jetzt Feierabend?"
„Zum Glück." Er lächelte ironisch.
„Wie wär's dann mit einem kühlen Bier?"
Lachend setzte er sich wieder. „Brod hat seine Frauen ja gut erzogen. Francesca hat mir auch schon eins angeboten. Ja, gern, Rebecca. Ich bin völlig ausgetrocknet." Einmal mehr fiel ihm auf, wie sehr Rebecca sich verändert hatte. Als sie nach Kimbara gekommen war, um Fees Biografie zu schreiben, war sie eine ausgesprochen rätselhafte junge Frau gewesen. Fee Kinross, Francescas Mutter, war eine ehemalige berühmte Bühnenschauspielerin, und ihre Biografie sollte in diesen Tagen erscheinen.
Seit ihrer Heirat mit Brod war Rebecca nett und warmherzig und wirkte überglücklich.
Diese Ehe wird funktionieren, überlegte Grant zufrieden. Er wusste, wie schwer Brod und Ally es mit ihrem Vater gehabt hatten. Gegen Rafe hatte Stewart Kinross nichts gehabt, doch er hatte die Heirat seiner einzigen Tochter mit ihm nicht mehr miterlebt.
Ihn, Grant, hätte Stewart
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