Die Entscheidung der Hebamme
Neuigkeiten.«
»Nur herein mit Euch«, erklang es von drinnen.
Nackt lag Albrecht auf dem breiten Bett, während sich das Mädchen die Decke bis zum Hals zog, als Elmar eintrat.
Der Ritter übernahm persönlich das Amt des Mundschenken, goss Albrecht einen Becher voll und reichte ihn ihm. Doch bevor der Ritter des Königs trinken konnte, raunte er ihm etwas ins Ohr.
Albrecht zog die Augenbrauen hoch. Erst wollte er auffahren, doch als Elmar hastig weiterflüsterte, machte sich ein boshaftes Grinsen auf seinem Gesicht breit.
»Lasst sofort Christians Weib holen!«, befahl er.
Dann wandte er sich Lisbeth zu. »Und du, meine Schöne, hilfst mir in die Sachen. War das nicht deine Aufgabe?«
Marthe war gerade bei Johanna und ihrem neugeborenen Töchterchen, als unverhofft einer von Albrechts Vertrauten auftauchte und sie zu seinem Herrn befahl.
Von allen ihren Kindern bereitete ihr die älteste Stieftochter derzeit die größte Sorge. Clara und Daniel waren in Pater Hilberts Obhut und wurden ständig durch zwei zuverlässige Männer von Walthers Wache geschützt. Ihre feinsinnige Tochter war verständig genug, um den Ernst der Lage zu begreifen und den jüngeren Bruder von Unvorsichtigkeiten abzuhalten. Am besten wäre, die beiden kämen Albrecht gar nicht erst unter die Augen.
Marie war bei ihrem Bruder Karl und dürfte dort in Sicherheit sein, zumindest vorerst außer Reichweite des neuen Burgvogtes. Johanna hingegen ging es nach der Niederkunft noch schlecht; sie sorgte sich zu sehr um ihren Mann, der in den Krieg gezogen war, ohne dass jemand wissen konnte, ob er und seine Gefährten je wiederkämen.
Sie darf sich nicht aufregen, sonst bekommt sie noch Fieber, dachte Marthe bekümmert angesichts der aufgelösten jungen Mutter. Beruhigend strich sie Johanna übers Haar.
»Christian wird auf ihn aufpassen, das weißt du«, sprach sie auf sie ein. »Du hilfst keinem, wenn du dir den Kopf zergrübelst. Im Gegenteil, dann hast du nicht genug Milch für dein Töchterchen! Ich werde Pater Hilbert bitten, ein Gebet für die Männer zu sprechen, und selbst eine Kerze für sie anzünden. Jetzt versuch zu schlafen.«
Entschlossen legte sie das friedlich schlummernde Neugeborene zu Johanna, die mit wehmütiger Miene ihrem Töchterchen über den zarten Flaum auf dem Kopf strich.
Genau in diesem Moment rief jemand von draußen nach Marthe.
»Gott wird ihnen beistehen«, versprach sie und lief rasch hinaus. Dem barschen Ton nach musste Albrecht etwas von ihr wollen, und das war bestimmt nichts Gutes. Johanna sollte besser nichts davon mitbekommen.
»Der Herr wünscht Euch umgehend zu sehen«, beschied ihr mürrisch ein bärbeißiger Knecht, der zu Albrechts Gefolge zählte. »Begleitet mich zu ihm!«
»Gewiss«, antwortete sie, gab einer Magd den Auftrag, zu Johanna zu gehen und sich um das Kind zu kümmern, damit die Wöchnerin etwas Schlaf fand, und folgte dem Bärbeißigen.
Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, dass sich die elfjährige Anna in einigem Abstand an ihre Spuren heftete, die jüngere Schwester von Peter, dem einstigen Dieb und nunmehrigen Anführer der Jungenbande. Während der Knecht ihr voran die Treppe hinaufstapfte, nutzte das Mädchen die Gelegenheit, mit einem Arm voll Feuerholz vorbeizulaufen, sich kurz zu ihr umzudrehen und ehrerbietig zu knicksen. Dabei raunte sie: »Gebt acht, soll ich Euch sagen. Griseldis war bei dem rothaarigen Ritter!«
Nur mit einem winzigen, von anderen nicht wahrnehmbarem Lächeln dankte Marthe ihr für die Warnung.
Es verblüffte sie immer wieder, wie schnell und umfassend Peters heimliches Netzwerk von halbwüchsigen Spionen funktionierte. Dass seine Schwester auch dazugehörte, obwohl sie ein Mädchen war, verwunderte sie hingegen ganz und gar nicht. Anna war wie Peter bei dem Anführer einer Diebesbande aufgewachsen, bis Christian und Marthe sie in ihre Obhut genommen hatten. Sie wusste nicht nur, wie man ungesehen andere beobachtet, sondern auch, dass niemand von den Fremden eine kleine Magd mit einem Bündel Feuerholz unterm Arm beachten würde.
Während Marthe dem Knecht die Treppe hinauf folgte, überdachte sie Annas Warnung.
Sie würde wohl jedes Mal mit etwas Hinterhältigem oder Üblem rechnen müssen, wenn Albrecht oder einer seiner Männer nach ihr rief. Doch was mochte Griseldis, dieses bösartige alte Weib, ihm gesteckt haben?
Hoffentlich gibt es keinen Ärger für Lisbeth, dachte sie, während sie ihren Schleier zurechtrückte und der
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