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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Burgbesatzung nicht erfüllen, wenn Ihr mich jeden Abend in so tiefen Schlaf versetzt, dass ich erst mittags aufwache!«, protestierte sie. »Die Dosis ist viel zu hoch für mich. Ich bin nicht so stark wie Ihr, sondern nur ein schwaches Weib.«
    Eine kleine Schmeichelei ist wohl angebracht, wenn ich ihm schon widerspreche, dachte sie. Auch wenn sie wenig Hoffnung hegte, dass es half.
    »Ja, und schwache Weiber morden mit Gift«, hielt Albrecht ihr gehässig vor. »Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum ich ausgerechnet dir trauen kann. Oder kannst du mir einen nennen?«
    »Dass Ihr noch lebt?«, versuchte sie es mit gespielter Zaghaftigkeit, während sie grimmig dachte, wie sehr er doch mit seinem Argwohn recht hatte. »Und überhaupt – im ganzen Dorf wird man darüber reden, wenn Ihr Nacht für Nacht meinen Schlaf bewachen lasst.« Weil dir niemand Fürsorge zutraut, du Ungeheuer.
    »Lass sie reden! Was kümmert mich das Bauernpack.«
    »Aber es werden die merkwürdigsten Gerüchte aufkommen!«
    Dieses Argument schien ihm immerhin überdenkenswert. Doch bevor er etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür.
    »Ich will nicht gestört werden!«, brüllte er.
    Als er verstummte, war von draußen eine verführerische Stimme zu hören. »Ich bin die neue Magd und Euch eigens zugeteilt, um für Euer Wohlergehen zu sorgen.«
    Albrechts Miene hellte sich schlagartig auf. »Dann komm herein.«
    Tilda und Mechthild hatten ihr Bestes getan, um Lisbeth so auszustaffieren, dass sie einerseits wie eine Magd aussah, andererseits genug von ihren Reizen zu erkennen war, um unverzüglich Albrechts Interesse zu wecken. Sie trug zwar wie vorgeschrieben ein Tuch ums Haar, aber darunter wallten ihre dunkelblonden Locken hervor. Ihr waidblaues Kleid war schlicht, nur saß es etwas knapp und ließ die Rundungen ihrer üppigen Brüste erkennen.
    Doch vor allem Lisbeth selbst war unglaublich: Schüchtern trat sie ein und knickste, aber dann riss sie vor Begeisterung die Augen auf und schien ihren Blick nicht von Albrecht lösen zu können, bis sie die Lider senkte und sogar ein vages Erröten zustande brachte.
    Erneut knickste sie und hauchte dann: »Ihr seid durchnässt, Herr. Soll ich Euch beim Wechseln der Kleider behilflich sein?«
    Dieser Vorschlag und die damit verbundenen Aussichten begeisterten Albrecht so sehr, dass er die Frage des Schlaftrunkes auf später verschob. Wer sagte denn, dass ihm dieses schöne Kind nicht ebenso zu tiefem Schlaf verhelfen konnte, nur auf viel angenehmere Weise?
    »Wir besprechen das später zu Ende«, beschied er Marthe und gab ihr mit einem Wink zu verstehen, dass sie gehen könne.
    Sie verneigte sich, machte kehrt und war froh, dass er ihren zufriedenen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Bei Lisbeth brauchte sie sich keine Sorgen zu machen, dass sie gleich Schlimmes zu erdulden hätte. Sie war erfahren in ihrem Geschäft. Und wenn auch manche Freier grob mit den Huren umsprangen – Marthe wusste es nicht zuletzt dadurch, weil sie heimlich ab und an die Folgen davon bei Tildas Mädchen behandelte –, sah das hier ganz danach aus, dass Albrecht Lisbeth bald aus der Hand fressen würde.
    Bevor sie die Tür schloss, hörte sie sie noch gurren: »Was seid Ihr für ein stattlicher, vornehmer Herr«, und Albrechts gar nicht mehr schroffe Antwort.
    Ja, das würde ganz nach Plan laufen. Jetzt konnte sie sich erst einmal um Hartmut kümmern.
    Blieb nur abzuwarten, was der künftige Markgraf tun würde, wenn sie sich weigerte, sich jeden Tag in Tiefschlaf versetzen zu lassen. Er konnte sie in den Kerker werfen, aber das würde ihm auch nicht viel nützen. Was würde Ottos Sohn als Nächstes aushecken? Hoffentlich schaffte es Lisbeth, ihn möglichst lange abzulenken.

Der Hinterhalt
    Während der letzten Rast vor Haldensleben ließ Erzbischof Philipp von Köln Christian und Gerolf, den Magdeburger Ritter, zu sich rufen.
    »Ihr werdet mit Euren Leuten vorausreiten und Wichmann unsere baldige Ankunft verkünden!«, befahl er schroff.
    Im Gegensatz zu ihrer Begegnung vor zwei Tagen wirkte er nun wieder so hochfahrend, wie Christian ihn von den Hoftagen kannte. Die Vorstellung, bald nicht mehr allein mit seinem entfesselten Söldnerheer zu sein, schien seine Angst zu mindern.
    Mochte Philipp es auch für angemessen halten, würdig empfangen zu werden – der Befehl war vom militärischen Gesichtspunkt aus genauso sinnlos wie die Order, dem Heer entgegenzureiten. Das Land um Haldensleben war flach, bald

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