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Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)

Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)

Titel: Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Zörner
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Prolog
     
    Ungefähr
44 Jahre zuvor
     
    W enn nur diese verdammten
Albträume endlich aufhörten. Dafür würde sie alles tun, hatte das Mädchen der
alten Dorfhexe versichert und ihr zugleich einen hohen Lohn versprochen. Nur
bei Erfolg natürlich, weshalb die Alte eine dreist geringe Anzahlung von ihr
bekommen hatte. Das daumenlange Schinkenstück aus dem Vorratskeller würde
niemand vermissen. Die Kräuterhexe nahm es mit kehligem Knurren entgegen, was
Irma, wie sie sich höchst ungern erinnerte, vor vier Tagen einen kräftigen
Schauder über den Rücken jagte. Dabei war sie schon wütend genug auf die Alte
gewesen, weil sie nicht umhin kam, sämtliche Einzelheiten ihrer Albträume zu
schildern – und ungewollt Tränen vergoss. Nie mehr, schwor sich die 19-Jährige
noch einmal, wie bereits hinterher auf dem Heimweg, nie mehr würde sie sich
solch eine Blöße geben. „Irma wird es Euch allen zeigen“, murmelte sie zwischen
zusammengebissenen Zähnen.
    Entschlossen schlug sie die Bettdecke zurück und schwang
ihre Füße auf die groben Dielen. Leise öffnete sie die Schublade des wackeligen
Nachttischs. Hinter der verhassten Bibel lag sicher versteckt das
zusammengeknotete Taschentuch von der Hexe. Was genau es enthielt, war Irma
egal, solange das Zeug seine Wirkung tat. Rasch streifte sie sich die
zerschlissene Strickjacke über ihr Nachthemd, stopfte das Taschentuch in die
Jackentasche und griff zuletzt nach den Holzschuhen. Dann lauschte das Mädchen
regungslos. Dabei rief sie sich sämtliche besonders laut knarrenden Dielen auf
dem Weg von der Dachkammer bis zur Küche im Erdgeschoss ins Gedächtnis.
Angespannt drückte sie die Türklinke hinunter. Die kleinen, dreckigen
Fensterscheiben des stockdunklen Bauernhauses ließen wenig Licht hinein, obwohl
der Vollmond an einem wolkenlosen Nachthimmel leuchtete. Wie bestellt, dachte Irma zufrieden. Das uralte Fachwerkhaus, von ihr insgeheim als
„Miststall“ beschimpft, knackte und knarzte mit jedem Luftzug leise vor sich
hin.
    Nach einer atemlosen Ewigkeit schlich das Mädchen durch
die Küchentür zu dem verriegelten Hintereingang. Sie beglückwünschte sich zu
ihrer Klugheit, als der frisch geölte Türriegel ebenso geräuschlos aufglitt wie
die gefetteten Türangeln. Draußen schlüpfte sie in die Holzschuhe und betrat
den verwüsteten Küchengarten. Am Vortag hatten die Schweine das nachlässig
angelehnte Gartentor genutzt, um sämtliche Beete umzupflügen. Das würde ihr
Vorhaben, den Lohn für die Kräuterhexe zusammen zu stehlen, nicht eben leichter
machen. Soll die Hexe am Schinken ersticken! Doch nach einer Denksekunde
hakte Irma den Punkt kalt berechnend ab: Solange mich niemand erwischt, wird
der Bauer seinen Knecht verdächtigen . Dass der Knecht zugleich ihr Vater
war, scherte sie nicht weiter.
    Am Gartentor schlug sie den sommerlich staubigen Pfad zu
dem Birkenhain hinter der Kuhweide ein. Unablässig beleidigte der Gestank nach
Schweinekot und Kuhfladen ihre Nase. Bald, sehr bald wird dieses elende
Dasein der Vergangenheit angehören. In wenigen Monaten, mit abgeschlossener
Lehre, konnte Irma dem miesen Kuhdorf endgültig den Rücken kehren. Sie kannte
nur ein Ziel: ein richtiges Leben in der Stadt beginnen. So plötzlich sauste
der Schatten haarscharf an ihrem Kopf vorbei, dass sie beinahe laut
aufgeschrien hätte. Ruhig, Irmaschatz, bloß eine eklige Fledermaus. Um
ihr wild klopfendes Herz zu beruhigen, erinnerte sie sich ihrer wichtigsten
Siege: Gegen alle Widerstände habe ich mir den Besuch der Realschule
erkämpft. Gegen meine Rivalin habe ich die Lehrstelle erobert. Bei der
Erinnerung an das Wie huschte ihr ein verächtliches Grinsen übers Gesicht.
Ebenso hartnäckig würde sie nun ihre Albträume beseitigen. Energischen Schritts
stapfte sie auf dem Pfad weiter.
    Der Birkenhain begrüßte das Mädchen mit seinen sanft
raschelnden Blättern und den melodisch flötenden Unken. Ein letztes Mal rief
sie sich die Anweisungen der Kräuterhexe in Erinnerung: Geh bei Vollmond zum
Froschtümpel. Öffne dort das Tuch und zieh die Nadel heraus. Lass einen Tropfen
deines Blutes auf die weiße Wurzel fallen. Dann knote das Tuch wieder fest
zusammen und knete es kräftig durch. Gib acht! Kein noch so kleiner Krümel darf
herausfallen. Nun wirf das Tuch in den Tümpel. Sobald die Unken erneut rufen,
sprich laut und deutlich deinen Willen in das Spiegelbild des Mondes. Penibel, wie sie es als angehende Apothekenhelferin gewohnt war, befolgte

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