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Die Entscheidung liegt bei dir!

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Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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Leben nach dieser Einstellung zu leben, nehmen sich wacher, geistesgegenwärtiger und selbstbewusster wahr. Ich jedenfalls kenne keinen Gedankenweg, der auch nur annähernd so erfolgreich ist.
    Der Philosoph und Literat Friedrich Nietzsche lässt seinen Zarathustra sagen: »Das ist
mein
Weg – wo ist der eure? […]
Den
Weg nämlich – den gibt es nicht.« Ich behaupte nicht mit Nietzsche, dass es
den
Weg nicht gibt – ich weiß es einfach nicht. Doch wenn es überhaupt
den
Weg geben sollte, dann wird es immer der
eigene
Weg sein. Man sagt ja auch, jemand habe »seinen Weg gemacht«. Macht hat, wer macht. Es ist einfach praktisch, so zu denken.

|214| Der trügerische Trost der »positiven Freiheit«
    Es gibt im Leben keine Buchung ohne Gegenbuchung. Das Wünschenswerte kommt zugleich mit etwas Unerwünschtem, die helle Seite ist ohne die dunkle nicht zu haben. So ist es auch mit der Freiheit. Der Stolz auf sie ist nicht zu entbinden von der Angst vor ihr. Denn die Freiheit, entscheiden zu
können
, beinhaltet auch den Zwang, entscheiden zu
müssen
. Und damit steigt das Risiko für den Einzelnen, falsch zu entscheiden, von dem selbst gewählten Weg überfordert zu sein, gar zu scheitern. Und da der Mensch dazu neigt, das Risiko zu überschätzen und die Chancen zu unterschätzen (»Lieber der Spatz in der Hand …«), ist die Neigung groß, Freiheit als Zumutung abzulehnen. Mit Blick auf eine unsichere Zukunft (war sie jemals sicher?) suchen viele Bürger Fürsorge, soziale Sicherheit und unterwerfen sich Trost spendenden Institutionen. Kirche und Politik greifen diese Angst vor der Freiheit gerne auf, ja sie leben geradezu von ihr.
    Vor allem die Politik präsentiert hier eine vermeintliche Lösung: Selbstverantwortung sei in weiten Teilen ein Missverständnis. Man müsse nämlich unterscheiden zwischen einer »positiven« Freiheit (zu etwas) und einer »negativen« Freiheit (von etwas). Dieser Kunstgriff geht zurück auf eine Unterscheidung des Philosophen Isaiah Berlin aus dem Jahre 1958. Die für Berlin »heilige« Freiheit ist im Kern zunächst immer |215| das Fehlen von Zwang (Freiheit von etwas). Das heißt: Jemand kann tun und lassen, was er will.
    Freiheit als Abwesenheit von Zwang ist also nicht weiter inhaltlich bestimmt. Es ist ein formaler Wert. Er liefert keine Handlungsanweisung, wie der einzelne sein Glück finden kann, keine moralische Vorschrift und keine Tugendlehre. Er bleibt ethisch neutral, in respektvoller Distanz zur je verschiedenen Lebensführung der Menschen. Das beinhaltet auch das Recht, sein Leben so zu gestalten, dass jemand unglücklich wird, ungesund lebt, gar sich selbst zerstört, weil die Menschen verschieden sind und ein geglücktes Leben von Temperament, Charakter und Mentalität abhängt. Eine so verstandene Freiheit zielt auf die Möglichkeit des Andersmachens, ob die Menschen sie nun nutzen oder nicht. Damit umschreibt sie den Rahmen der Möglichkeiten, ein eigenes, selbstbestimmtes Leben nicht nur zu leben, sondern auch zu
führen
.
    Isaiah Berlin machte allerdings zwei Fehler, die er später in einem Selbstkommentar bedauerte. Der erste: Er wählt für die so beschriebene Freiheit von Zwang das Beiwort »negativ«. Und erweist damit seinem eigenen Höchstwert einen Bärendienst: Wer will schon etwas Negatives? Zwar könnte man sich vorstellen, dass das »Lassen« dem »Machen« vorzuziehen wäre, dass »Weniger« oft »Mehr« bedeutet – aber schon das Sichbegnügen ist für Menschen wenig erotisch. Zudem ist jetzt als Gegenbegriff auch die
positive
Freiheit erschaffen – ein inhaltlich festgelegter, gleichsam materialer Begriff.
    Das tägliche Alltagshandeln der Menschen wird bei der »positiven« Freiheit an einer moralischen Instanz ausgerichtet, die »Gemeinwohl« heißen kann, »Nation«, »Gesundheit«, »Zukunft« oder schlicht »öffentliches Interesse«. Der Staat hat dann ein Ziel, strebt einen vordefinierten Zustand an |216| und orientiert sich sehr weit ausgreifend am neutestamentarischen »Was immer ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut auch ihnen«. Womit man sich kurzerhand selbst zum Maßstab für andere gemacht hätte. Von dieser Position aus kann man den Vertretern der bescheideneren negativen Freiheit zurufen: »Was wollt ihr denn mit eurer Freiheit, wenn die Lebenschancen ungleich verteilt sind, viele Menschen keinen freien Zugang zu Bildung haben oder sich gesunde Lebensmittel nicht leisten können. Diese Freiheit kann uns gestohlen

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