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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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in diesem Sinne aufgestellt worden, so kann ich doch keine einzige darunter von einigem Gewichte finden. So gesteht man zu, dass die Klapperschlange einen Giftzahn zu ihrer eigenen Verteidigung und zur Tödtung ihrer Beute besitze; aber einige Autoren nehmen auch an, dass sie ihre Klapper gleichzeitig auch zu ihrem eigenen Nachteile erhalten habe, nämlich um ihre Beute zu warnen. Man könnte jedoch eben so gut behaupten, die Katze mache die Krümmungen mit dem Ende ihres Schwanzes, wenn sie im Begriffe einzuspringen ist, in der Absicht um die bereits zum Tode verurteilte Maus zu warnen. Viel wahrscheinlicher ist die Ansicht, dass die Klapperschlange ihre Klappern benutze, die Brillenschlange ihren Kragen ausdehne, die Buff-Otter während ihres lauten und scharfen Zischens anschwelle, um die vielen Vögel und Säugetiere zu beunruhigen, welche bekanntlich auch die giftigsten Spezies angreifen. Schlangen handeln hier nach demselben Prinzip, welches die Hennen ihre Federn erzittern und ihre Flügel ausbreiten macht, wenn ein Hund sich ihren Küchlein nähert. Doch, ich habe hier nicht Raum, auf die vielerlei Weisen weiter einzugehen, auf welche die Tiere ihre Feinde abzuschrecken versuchen.
    Natürliche Zuchtwahl kann niemals in einer Spezies irgend ein Gebilde erzeugen, was für dieselbe schädlicher als wohltätig ist, indem sie ausschließlich nur durch und zu deren Vorteil wirkt. Kein Organ kann, wie Paley bemerkt hat, gebildet werden, um seinem Besitzer Qual und Schaden zu bringen. Eine genaue Abwägung zwischen Nutzen und Schaden, welchen ein jeder Teil verursacht, wird immer zeigen, dass er im Ganzen genommen vorteilhaft ist. Wird etwa in späterer Zeit bei wechselnden Lebensbedingungen ein Teil schädlich, so wird er entweder verändert, oder die Art geht zu Grunde, wie ihrer Myriaden zu Grunde gegangen sind.
    Natürliche Zuchtwahl strebt jedes organische Wesen eben so vollkommen oder ein wenig vollkommener als die übrigen Bewohner derselben Gegend zu machen, mit welchem dasselbe um sein Dasein zu kämpfen hat. Und wir sehen, dass dies der Grad von Vollkommenheit ist, welcher im Naturzustande erreicht wird. Die Neuseeland eigentümlichen Naturerzeugnisse sind vollkommen, eines mit dem andern verglichen, aber sie weichen jetzt weit zurück vor den vordringenden Legionen aus Europa eingeführter Pflanzen und Tiere. Natürliche Zuchtwahl will keine absolute Vollkommenheit herstellen; auch begegnen wir, so viel sich beurteilen lässt, einer so hohen Stufe nirgends im Naturzustande. Die Correction für die Aberration des Lichtes ist, wie Joh. Müller erklärt, selbst in dem vollkommensten aller Organe, dem menschlichen Auge, noch nicht vollständig. Helmholtz, dessen Urteilsfähigkeit Niemand bestreiten wird, fügt, nachdem er in den kräftigsten Ausdrücken die wundervollen Kräfte des menschlichen Auges beschrieben hat, die merkwürdigen Worte hinzu: »Das was wir von Ungenauigkeit und Unvollkommenheit in dem optischen Apparate und in dem Bilde auf der Netzhaut entdeckt haben, ist nichts im Vergleich mit der Ungenauigkeit, der wir soeben auf dem Gebiete der Empfindungen begegnet sind. Man könnte sagen, dass die Natur daran ein Gefallen gefunden hat, Widersprüche zu häufen, um alle Grundlagen zu einer Theorie einer präexistierenden Harmonie zwischen der äußeren und inneren Welt zu beseitigen.« Wenn uns unsere Vernunft zu begeisterter Bewunderung einer Menge unnachahmlicher Einrichtungen in der Natur auffordert, so lehrt uns auch diese nämliche Vernunft, dass, trotzdem wir leicht nach beiden Seiten irren können, andere Einrichtungen weniger vollkommen sind. Können wir den Stachel der Biene als vollkommen betrachten, der wenn er einmal gegen die Angriffe von mancherlei Tieren angewandt wird, den unvermeidlichen Tod seines Besitzers bewirken muss, weil er seiner Widerhaken wegen nicht mehr aus der Wunde, die er gemacht hat, zurückgezogen werden kann, ohne die Eingeweide des Insekts herauszureißen und so unvermeidlich den Tod des Insekts nach sich zu ziehen?
    Nehmen wir an, der Stachel der Biene sei bei einer sehr frühen Stammform bereits als Bohr- und Sägewerkzeug vorhanden gewesen, wie es häufig bei anderen Gliedern der Hymenopterenordnung vorkommt und sei für seine gegenwärtige Bestimmung (mit dem ursprünglich zur Hervorbringung von Gallenauswüchsen oder anderen Zwecken bestimmten, später verschärften Gifte) umgeändert aber nicht zugleich verbessert worden, so können wir vielleicht begreifen,

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