Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
mit Hilfe ausgezeichnet gebildeter Haken, welche büschelweise an den Enden der Zweige befestigt sind, und diese Einrichtung ist zweifelsohne für die Pflanze von größtem Nutzen. Da wir jedoch fast ähnliche Haken an vielen Pflanzen sehen, welche nicht klettern, und da wir in Folge der Verbreitung der dorntragenden Arten in Africa und Süd-Amerika anzunehmen Ursache haben, dass diese Haken einen Schutz gegen die die Pflanzen abweidenden Säugetiere sind, so mögen dieselben auch bei jener Palme anfänglich zu diesem Zwecke entwickelt worden, und von der Pflanze erst später, als sie noch sonstige Abänderung erfuhr und ein Kletterer wurde, zu ihrem Vorteil benützt worden sein. Die nackte Haut am Kopfe des Geyers wird gewöhnlich als eine unmittelbare Anbequemung des oft in faulen Cadavern damit wühlenden Tieres betrachtet; dies kann der Fall sein, oder es ist auch möglicherweise der direkten Wirkung faulender Stoffe zuzuschreiben; inzwischen müssen wir vorsichtig sein mit derartigen Deutungen, da ja auch die Kopfhaut des ganz säuberlich fressenden Truthahns nackt ist. Die Nähte an den Schädeln junger Säugetiere sind als eine schöne Anpassung zur Erleichterung der Geburt dargestellt worden, und ohne Zweifel erleichtern sie dieselbe oder sind sogar für diesen Akt unentbehrlich; da aber auch solche Nähte an den Schädeln junger Vögel und Reptilien vorkommen, welche nur aus einem zerbrochenen Eie zu schlüpfen brauchen, so dürfen wir schliessen, dass diese Bildungsweise von den Wachstumsgesetzen herrührt und dass bei der Geburt der höheren Wirbeltiere Vorteil daraus gezogen worden ist.
Wir wissen ganz und gar nichts über die Ursachen, welche unbedeutende Abänderungen oder individuelle Verschiedenheiten veranlassen, und werden dieser Unwissenheit uns unmittelbar bewusst, wenn wir über die Verschiedenheiten unserer Haustierrassen in verschiedenen Ländern, und ganz besonders in minder civilisierten Ländern, nachdenken, wo nur wenig planmäßige Zuchtwahl angewendet worden ist. Die in verschiedenen Gegenden von wilden Völkern gehaltenen Haustiere haben oft um ihr eigenes Dasein zu kämpfen; sie mögen bis zu einem gewissen Grade der natürlichen Zuchtwahl unterliegen; und Individuen mit nur wenig abweichender Constitution gedeihen zuweilen am besten in verschiedenen Klimaten. Das Rind ist bei gewisser Färbung den Angriffen der Fliegen mehr ausgesetzt, wie es auch empfänglicher für eine Vergiftung durch gewisse Pflanzen ist, so dass auf diese Weise selbst die Farbe der Wirkung der natürlichen Zuchtwahl ausgesetzt ist. Einige Beobachter sind der Überzeugung, dass ein feuchtes Klima den Haarwuchs afficire, und dass Hörner mit dem Haare in Correlation stehen. Gebirgsrassen sind überall von Niederungsrassen verschieden, und Gebirgsgegenden werden wahrscheinlich auf die Hinterbeine und möglicherweise selbst auf die Form des Beckens wirken, sofern diese daselbst mehr in Anspruch genommen werden; nach dem Gesetze homologer Variation werden dann wahrscheinlich auch die vorderen Gliedmassen und der Kopf mit betroffen werden. Auch dürfte die Form des Beckens der Mutter durch Druck auf die Kopfform des Jungen in ihrem Leibe wirken. Wir haben auch Grund zu vermuten, dass das notwendiger Weise in hohen Gebirgen mühevollere Athmen auch die Weite des Brustkastens vermehrt, und wieder würde Correlation in’s Spiel kommen. Die Wirkung unterbleibender Bewegung auf die Gesamtorganisation in Verbindung mit reichlichem Futter ist wahrscheinlich von noch größerer Wichtigkeit; und darin liegt, wie H. von Nathusius kürzlich in seiner ausgezeichneten Abhandlung nachgewiesen hat, offenbar eine Hauptursache der großen Veränderungen, welche die verschiedenen Schweinerassen erlitten haben. Wir haben aber viel zu wenig Erfahrung, um über die vergleichsweise Wichtigkeit der verschiedenen bekannten und unbekannten Abänderungsursachen Betrachtungen anzustellen, und ich habe die vorstehenden Bemerkungen nur gemacht, um zu zeigen, dass, wenn wir nicht im Stande sind, die charakteristischen Verschiedenheiten unserer verschiedenen cultivirten Rassen zu erklären, welche doch nichts destoweniger der allgemeinen Annahme zufolge durch gewöhnliche Fortpflanzung von einer oder wenigen Stammformen entstanden sind, wir auch unsere Unwissenheit über die genaue Ursache geringer analoger Verschiedenheiten zwischen echten Arten nicht zu hoch anschlagen
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