Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Naturforscher täte, welcher nach einer Landung von fünf Minuten an irgend einem öden Küstenpunkte Australiens auf die Zahl und Verbreitung seiner Organismen schließen wollte.
Plötzliches Erscheinen ganzer Gruppen verwandter Arten in den untersten fossilführenden Schichten
Es gibt noch eine andere und verwandte Schwierigkeit, welche noch bedenklicher ist; ich meine das plötzliche Auftreten von Arten aus mehreren der Hauptabteilungen des Tierreichs in den untersten fossilführenden Gesteinen. Die meisten der Gründe, welche mich zur Überzeugung geführt haben, dass alle lebenden Arten einer Gruppe von einem gemeinsamen Urerzeuger herrühren, sind mit gleicher Stärke auch auf die ältesten fossilen Arten anwendbar. So lässt sich z. B. nicht daran zweifeln, dass alle cambrischen und silurischen Trilobiten von irgend einem Kruster herkommen, welcher lange vor der cambrischen Zeit gelebt haben muss und wahrscheinlich von allen jetzt bekannten Krustern sehr verschieden war. Einige der ältesten Tiere sind zwar nicht sehr von noch jetzt lebenden Arten verschieden, wie Lingula , Nautilus u. a., und man kann nach meiner Theorie nicht annehmen, dass diese alten Arten die Erzeuger aller der später erschienenen Arten derselben Ordnungen gewesen sind, wozu sie gehören, indem sie in keiner Weise Mittelformen zwischen denselben darbieten.
Wenn also meine Theorie richtig ist, so müssten unbestreitbar schon vor Ablagerung der ältesten cambrischen Schichten eben so lange oder wahrscheinlich noch längere Zeiträume verflossen sein, als der ganze Zeitraum von der cambrischen Zeit bis auf den heutigen Tag; und es müsste die Erdoberfläche während dieser unendlichen Zeiträume von lebenden Geschöpfen dicht bewohnt gewesen sein. Hier stoßen wir auf einen äußerst bedenklichen Einwurf; denn es scheint zweifelhaft, ob die Erde lange genug in einem zum Bewohntwerden passenden Zustand gewesen ist. Sir W. Thompson kommt zu dem Schlusse, dass das Festwerden der Erdrinde kaum vor weniger als 20 oder vor mehr als 400 Millionen Jahren, wahrscheinlich aber vor nicht weniger als 90 oder nicht mehr als 200 Millionen Jahren eingetreten ist. Diese sehr weiten Grenzen zeigen wie zweifelhaft die Zeitangaben sind; und es mögen vielleicht noch andere Elemente in die Betrachtung des Problems einzuführen sein. Croll schätzt die seit der cambrischen Periode verflossene Zeit auf ungefähr 60 Millionen Jahre; aber nach dem geringen Betrag von Veränderung der organischen Welt seit dem Beginn der Glacialperiode zu urteilen, scheint dies für die vielen und bedeutenden Änderungen der Lebensformen, welche sicher seit der cambrischen Formation eingetreten sind, eine sehr kurze Zeit zu sein; und die vorausgehenden 140 Millionen Jahre können für die Entwicklung der verschiedenartigen Lebensformen, welche bereits während der cambrischen Periode existierten, kaum als genügend betrachtet werden. Es ist indes, wie Sir W. Thompson betont, wahrscheinlich, dass die Erde in einer sehr frühen Zeit schnelleren und heftigeren Veränderungen in ihren physikalischen Verhältnisen ausgesetzt gewesen ist, als wie solche jetzt vorkommen; und solche Veränderungen würden dann zu entsprechend schnellen Veränderungen in den organischen Wesen geführt haben, welche die Erde in jener Zeit bewohnten.
Was nun die Frage betrifft, warum wir aus diesen vermutlich frühesten Perioden vor dem cambischen System keine an Fossilen reichen Ablagerungen mehr finden, so kann ich darauf keine genügende Antwort geben. Mehrere ausgezeichnete Geologen, wie Sir R. Murchison an ihrer Spitze, waren bis vor Kurzem überzeugt, in den organischen Resten der untersten Silurschichten die Wiege des Lebens auf unserem Planeten zu erblicken. Andere hochbewährte Richter, wie Sir Ch. Lyell und Edw. Forbes haben diese Behauptung bestritten. Wir dürfen nicht vergessen, dass nur ein geringer Teil unserer Erdoberfläche mit einiger Genauigkeit erforscht ist. Erst unlängst hat Barrande dem bis jetzt bekannten silurischen Systeme noch eine andere tiefere Etage angefügt, die reich ist an neuen und eigentümlichen Arten; und jetzt hat Mr. Hicks noch tiefer, in der untern cambrischen Formation in Süd-Wales an Trilobiten reiche Schichten, welche verschiedene Mollusken und Anneliden einschließen, gefunden. Die Anwesenheit phosphatehaltiger Nieren und bituminöser Materien selbst in einigen der untersten azoischen Schichten, deutet wahrscheinlich auf ein ehemaliges noch
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