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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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nicht, ob sie überhaupt je aufhört, denn unsere ältesten Kulturerzeugnisse bringen gelegentlich noch immer neue Abarten hervor.
    Der Mensch ruft Variabilität in Wirklichkeit nicht hervor, sondern er setzt nur unabsichtlich organische Wesen neuen Lebensbedingungen aus, und dann wirkt die Natur auf deren Organisation und verursacht Abänderungen. Der Mensch kann aber die ihm von der Natur dargebotenen Abänderungen zur Nachzucht auswählen und dieselben hierdurch in einer beliebigen Richtung häufen, und er thut dies auch wirklich. Er passt auf diese Weise Tiere und Pflanzen seinem eigenen Nutzen und Vergnügen an. Er mag dies planmäßig oder mag es unbewusst tun, indem er die ihm zur Zeit nützlichsten oder am meisten gefallenden Individuen, ohne einen Gedanken an die Änderung der Rasse, erhält. Er kann sicher einen großen Einfluss auf den Charakter einer Rasse dadurch ausüben, dass er in jeder aufeinanderfolgenden Generation individuelle Abänderungen zur Nachzucht auswählt, so geringe, dass sie für das ungeübte Auge kaum wahrnehmbar sind. Dieser Prozess einer unbewussten Zuchtwahl ist das große Agens in der Erzeugung der ausgezeichnetsten und nützlichsten unserer domestizierten Rassen gewesen. Daß nun viele der vom Menschen gebildeten Abänderungen den Charakter natürlicher Arten schon großenteils besitzen, geht aus den unausgesetzten Zweifeln in Bezug auf viele derselben hervor, ob es Varietäten oder ursprünglich distincte Arten sind.
    Es ist kein Grund nachzuweisen, weshalb diese Prinzipien, welche in Bezug auf die cultivirten Organismen so erfolgreich gewirkt haben, nicht auch in der Natur wirksam gewesen sein sollten. In der Erhaltung begünstigter Individuen und Rassen während des beständig wiederkehrenden Kampfes um’s Dasein sehen wir ein wirksames und nie ruhendes Mittel der natürlichen Zuchtwahl. Der Kampf um’s Dasein ist die unvermeidliche Folge der hochpotenzierten geometrischen Zunahme, welche allen organischen Wesen gemein ist. Dieses rasche Zunahmeverhältnis ist durch Rechnung nachzuweisen und wird tatsächlich erwiesen aus der schnellen Vermehrung vieler Pflanzen und Tiere während einer Reihe eigentümlich günstiger Jahre und bei ihrer Naturalisirung in einer neuen Gegend. Es werden mehr Individuen geboren, als fortzuleben im Stande sind. Ein Gran in der Wage kann den Ausschlag geben, welches Individuum fortleben und welches zu Grunde gehen, welche Varietät oder Art sich vermehren und welche abnehmen und endlich erlöschen soll. Da die Individuen einer nämlichen Art in allen Beziehungen in die nächste Konkurrenz miteinander geraten, so wird gewöhnlich auch der Kampf zwischen ihnen am heftigsten sein; er wird fast eben so heftig zwischen den Varietäten einer nämlichen Art, und dann zunächst am heftigsten zwischen den Arten einer Gattung sein. Aber der Kampf kann oft auch andererseits sehr heftig zwischen Arten sein, welche auf der Stufenleiter der Natur weit auseinander stehen. Der geringste Vorteil, den gewisse Individuen in irgend einem Lebensalter oder zu irgend einer Jahreszeit über ihre Concurrenten voraus haben, oder eine wenn auch noch so wenig bessere Anpassung an die umgebenden Naturverhältnise kann den Ausschlag geben.
    Bei Tieren mit getrenntem Geschlecht wird in den meisten Fällen ein Kampf der Männchen um den Besitz der Weibchen stattfinden. Die kräftigsten oder diejenigen Männchen, welche am erfolgreichsten mit ihren Lebensbedingungen gekämpft haben, werden gewöhnlich am meisten Nachkommenschaft hinterlassen. Aber der Erfolg wird oft davon abhängen, dass die Männchen besondere Waffen oder Verteidigungsmittel oder Reize besitzen; und der geringste Vorteil kann zum Siege führen.
    Da die Geologie uns deutlich nachweist, dass ein jedes Land große physikalische Veränderungen erfahren hat, so ist zu erwarten, dass die organischen Wesen im Naturzustande ebenso wie die cultivirten unter ihren veränderten Lebensbedingungen abgeändert haben. Und wenn nun eine Veränderlichkeit im Naturzustande vorhanden ist, so würde es eine unerklärliche Erscheinung sein, wenn die natürliche Zuchtwahl nicht ins Spiel gekommen wäre. Es ist oft versichert worden, ist aber nicht zu beweisen, dass das Maß der Abänderung in der Natur eine streng bestimmte Quantität sei. Obwohl der Mensch nur auf äußere Charaktere allein und oft bloss nach seiner Laune wirkt, so vermag er in kurzer Zeit dadurch großen Erfolg zu erzielen, dass er allmählich alle in einer

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