Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Meeresgrund viele Sedimente zugeführt werden. In den damit abwechselnden Perioden von Hebung und Ruhe wird das Blatt der Geschichte in der Regel unbeschrieben bleiben. Während dieser letzten Perioden wird wahrscheinlich mehr Veränderung in den Lebensformen, während der Senkungszeiten mehr Erlöschen derselben stattfinden.
Was die Abwesenheit fossilreicher Schichten unterhalb der cambrischen Formation betrifft, so kann ich nur auf die im zehnten Kapitel aufgestellte Hypothese zurückkommen: obschon nämlich unsere Kontinente und Ozeane eine enorme Zeit hindurch in, nahezu den jetzigen gleichen, relativen Stellungen bestanden haben, so haben wir doch keinen Grund anzunehmen, dass dies immer der Fall gewesen ist; folglich können Formationen, die viel älter sind, als irgend welche jetzt existierende, unter dem großen Ozeane begraben liegen. Hinsichtlich des Umstandes, dass seit der Consolidation unseres Planeten die Zeit für den angenommenen Betrag organischer Veränderung nicht hingereicht habe, – und dieser, von Sir W. Thompson hervorgehobene Einwand ist wahrscheinlich einer der schwersten der bis jetzt vorgebrachten, – so kann ich nur sagen, dass wir erstens nicht wissen, wie schnell, nach Jahren gemessen, Arten sich verändern, und zweitens, dass viele Philosophen bis jetzt noch nicht zugestehen mögen, dass wir von der Constitution des Weltalls und von denen der Erde genug wissen, um mit Sicherheit über die Dauer ihres früheren Bestehens speculiren zu können.
Daß die geologische Urkunde lückenhaft ist, gibt Jedermann zu; dass sie es aber in dem von mir verlangten Grade ist, werden nur wenige zugestehen wollen. Hinreichend lange Zeiträume zugegeben, erklärt uns die Geologie deutlich, dass Arten sich sämtlich verändert haben, und sie haben in der Weise abgeändert, wie es meine Theorie erheischt, nämlich langsam und stufenweise. Wir erkennen dies deutlich daraus, dass die organischen Reste zunächst aufeinanderfolgender Formationen unabänderlich einander weit näher verwandt sind, als die fossilen Arten aus Formationen, die durch weite Zeiträume von einander getrennt sind.
Dies ist die Summe der verschiedenen hauptsächlichsten Einwürfe und Schwierigkeiten, die man mit Recht gegen meine Theorie vorbringen kann, und ich habe die, so viel ich sehen kann, darauf zu gebenden Antworten und Erläuterungen in Kürze wiederholt. Ich habe diese Schwierigkeiten viele Jahre lang selbst zu sehr empfunden, als dass ich an ihrem Gewichte zweifeln sollte. Aber es verdient noch insbesondere hervorgehoben zu werden, dass die wichtigeren Einwände sich auf Fragen beziehen, über die wir eingestandener Maßen in Unwissenheit sind; und wir wissen nicht einmal, wie unwissend wir sind. Wir kennen nicht alle die möglichen Übergangsabstufungen zwischen den einfachsten und den vollkommensten Organen; wir können nicht behaupten, alle die mannigfaltigen Verbreitungsmittel der Organismen während des Verlaufes so zahlloser Jahrtausende zu kennen, oder angeben zu können, wie unvollständig die geologische Urkunde ist. Wie bedeutend aber auch diese mancherlei Schwierigkeiten sein mögen, so genügen sie meiner Ansicht nach doch nicht, um meine Theorie einer Descendenz mit nachheriger Modifikation umzustoßen.
Wenden wir uns nun nach der anderen Seite unseres Gegenstandes. Im Zustande der Domestikation sehen wir eine große Variabilität, durch veränderte Lebensbedingungen verursacht oder wenigstens angeregt, häufig aber in einer so dunklen Art, dass wir versucht werden, die Abänderungen als spontane zu betrachten. Die Variabilität wird durch viele verwickelte Gesetze geleitet, durch Correlation des Wachstums, Compensation, durch vermehrten Gebrauch und Nichtgebrauch von Teilen und durch die bestimmte Einwirkung der umgebenden Lebensbedingungen. Es ist sehr schwierig zu bestimmen wie viel Abänderung unsere Kulturerzeugnisse erfahren haben; doch können wir getrost annehmen, dass deren Maß groß gewesen ist, und dass Modifikationen auf lange Perioden hinaus vererblich sind. So lange als die Lebensbedingungen die nämlichen bleiben, haben wir Grund anzunehmen, dass eine Modifikation, welche sich schon seit vielen Generationen vererbt hat, sich auch noch ferner auf eine fast unbegrenzte Zahl von Generationen hinaus vererben kann. Andererseits haben wir Zeugnisse dafür, dass Veränderlichkeit, wenn sie einmal in’s Spiel gekommen, unter der Domestikation für eine sehr lange Zeit nicht aufhört; wir wissen auch
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