Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
einigen Teilen von Spanien und den Vereinigten Staaten durch sorgfältige Zuchtwahl in erstaunlicher Weise abgeändert und veredelt worden ist; – bei Pfauen, weil sie nicht leicht aufzuziehen sind und eine große Zahl nicht beisammen gehalten wird; bei Gänsen, weil sie nur aus zwei Gründen verwertbar sind, wegen ihrer Federn und ihres Fleisches, und besonders, weil sie noch nicht zur Züchtung neuer Rassen gereizt haben; doch scheint die Gans unter den Verhältnisen, in welche sie bei ihrer Domestikation gebracht ist, auch eine eigentümlich unbiegsame Organisation zu besitzen, wenngleich sie in einem geringen Grade variirt hat, wie ich an einem anderen Orte beschrieben habe.
Einige Schriftsteller haben behauptet, dass die Höhe der Abänderung in unseren domestizierten Formen bald erreicht werde und später niemals überschritten werden könne. Es würde ziemlich voreilig sein, zu behaupten, dass die Grenze in irgend einem Falle erreicht sei; denn fast alle unsre Pflanzen und Tiere sind in neuerer Zeit in vielfacher Weise veredelt worden, und dies setzt Abänderung voraus. Es würde gleichfalls voreilig sein, zu behaupten, dass jetzt bis zu ihrer äußersten Grenze verstärkte Charaktere nicht wieder, nachdem sie Jahrhunderte lang fixirt geblieben sind, unter neuen Lebensbedingungen variieren könnten. Es wird, wie Wallace sehr wahr bemerkt hat, zuletzt einmal eine Grenze erreicht werden. So muss es z. B. für die Schnelligkeit jedes Landtieres eine Grenze geben, da diese von der zu überwindenden Reibung, dem zu befördernden Körpergewicht und der Zusammenziehungskraft der Muskelfasern bestimmt wird. Was uns aber hier angeht, ist, dass die domestizierten Varietäten einer und derselben Art unter einander mehr als die distincten Arten derselben Gattungen in fast allen den Charakteren abweichen, welchen der Mensch seine Aufmerksamkeit zugewendet und welche er bei der Zuchtwahl beachtet hat. Isidore Geoffroy St.-Hilaire hat dies in Bezug auf die Größe nachgewiesen; dasselbe gilt für die Farbe und wahrscheinlich für die Länge des Haares. In Bezug auf die Schnelligkeit, welche von vielen köperlichen Eigentümlichkeiten abhängt, war Eclipse bei weitem schneller und ein Karrengaul ist unvergleichlich stärker als irgend zwei natürliche Arten der Pferdegattung. Dasselbe gilt für Pflanzen: die Samen der verschiedenen Varietäten der Bohne oder des Maises sind wahrscheinlich an Größe verschiedener als die Samen der verschiedenen Arten irgend einer Gattung derselben zwei Familien. Dieselbe Bemerkung gilt auch in Bezug auf die Früchte der verschiedenen Varietäten der Pflaume und noch mehr in Bezug auf die Melone, ebenso wie in zahllosen anderen analogen Fällen.
Versuchen wir nun, das über den Ursprung unserer domestizierten Tier- und Pflanzenrassen Gesagte zusammenzufassen. Veränderte Lebensbedingungen sind von höchster Bedeutung als Ursache der Variabilität, und zwar sowohl als direkt auf die Organisation einwirkend, als indirekt das Fortpflanzungssystem afficirend. Es ist nicht wahrscheinlich, dass Veränderlichkeit als eine inhärente und notwendige Eigenschaft allen organischen Wesen unter allen Umständen zukomme. Die größere oder geringere Stärke der Vererbung und des Rückschlags bestimmen es, ob Abänderungen bestehen bleiben sollen. Die Variabilität wird durch viele unbekannte Gesetze geregelt, von denen wahrscheinlich das der Correlation des Wachstums das bedeutungsvollste ist. Etwas mag der bestimmten Einwirkung der äußeren Lebensbedingungen zugeschrieben werden; wie viel aber, das wissen wir nicht. Etwas, und vielleicht viel, mag dem Gebrauche und Nichtgebrauche der Organe zugeschrieben werden. Dadurch wird das Endergebnis unendlich verwickelt. In einigen Fällen hat wahrscheinlich die Kreuzung ursprünglich verschiedener Arten einen wesentlichen Anteil an der Bildung unserer veredelten Rassen gehabt. Wenn in einer Gegend einmal mehrere Rassen entstanden sind, so hat ihre gelegentliche Kreuzung unter Hilfe der Zuchtwahl zweifelsohne mächtig zur Bildung neuer Rassen mitgewirkt; aber die Wichtigkeit der Kreuzung ist sehr übertrieben worden sowohl in Bezug auf die Tiere, als auf die Pflanzen, die aus Samen weiter gezogen werden. Bei solchen Pflanzen dagegen, welche zeitweise durch Stecklinge, Knospen u. s. w. fortgepflanzt werden, ist die Wichtigkeit der Kreuzung unermesslich, weil der Pflanzenzüchter hier die außerordentliche Veränderlichkeit sowohl der Bastarde als der Blendlinge
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