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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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normalen Bildungen bei verwandten Formen ähnlich wären; und nur solche haben Bezug auf vorliegende Frage. Treten monströse Formen dieser Art je im Naturzustande auf und sind sie fähig, sich fortzupflanzen (was nicht immer der Fall ist), so würde, da sie nur selten und einzeln vorkommen, ihre Erhaltung von ungewöhnlich günstigen Umständen abhängen. Sie würden sich auch in der ersten und den folgenden Generationen mit der gewöhnlichen Form kreuzen und würden auf diese Weise fast unvermeidlich ihren abnormen Charakter verlieren. Ich werde aber in einem späteren Kapitel auf die Erhaltung und Fortpflanzung einzelner und gelegentlicher Abänderungen zurückzukommen haben.
    Individuelle Verschiedenheiten
    Die vielen geringen Verschiedenheiten, welche oft unter den Abkömmlingen von einerlei Eltern vorkommen, oder unter solchen, von denen man einen derartigen Ursprung annehmen kann, kann man individuelle Verschiedenheiten nennen, da sie bei Inviduen der nämlichen Art beobachtet werden, welche auf begrenztem Raume nahe beisammen wohnen. Niemand glaubt, dass alle Individuen einer Art genau nach demselben Modell gebildet seien. Diese individuellen Verschiedenheiten sind nun gerade von der größten Bedeutung für uns, weil sie oft vererbt werden, wie wohl Jedermann schon zu beobachten Gelegenheit hatte; hierdurch liefern sie der natürlichen Zuchtwahl Material zur Einwirkung und zur Häufung, in gleicher Weise wie der Mensch in seinen cultivirten Rassen individuelle Verschiedenheiten in irgend einer gegebenen Richtung häuft. Diese individuellen Verschiedenheiten betreffen in der Regel nur die in den Augen des Naturforschers unwesentlichen Teile; ich könnte jedoch aus einer langen Liste von Tatsachen nachweisen, dass auch Teile, die man als wesentliche bezeichnen muss, mag man sie aus dem physiologischen oder aus dem classificatorischen Gesichtspunkte betrachten, zuweilen bei den Individuen von einerlei Arten variieren. Ich bin überzeugt, dass die erfahrensten Naturforscher erstaunt sein würden über die Menge von Fällen von Variabilität sogar in wichtigen Teilen des Körpers, die sie nach glaubwürdigen Autoritäten zusammenbringen könnten, wie ich sie im Laufe der Jahre zusammengetragen habe. Man muss sich aber auch dabei noch erinnern, dass Systematiker durchaus nicht erfreut sind, Veränderlichkeit in wichtigen Charakteren zu entdecken, und dass es nicht viele gibt, welche mit Mühe innere wichtige Organe sorgfältig untersuchen und in vielen Exemplaren einer und der nämlichen Art mit einander vergleichen. So würde man nimmer erwartet haben, dass die Verzweigungen der Hauptnerven dicht am großen Centralnervenknoten eines Insektes in der nämlichen Spezies abändern könnten, sondern hätte vielmehr gedacht, Veränderungen dieser Art könnten nur langsam und stufenweise eintreten. Und doch hat Sir John Lubbock kürzlich bei Coccus einen Grad von Veränderlichkeit an diesen Hauptnerven nachgewiesen, welcher beinahe an die unregelmäßige Verzweigung eines Baumstammes erinnert. Ebenso hat dieser ausgezeichnete Naturforscher, wie ich hinzufügen will, kürzlich gezeigt, dass die Muskeln in den Larven gewisser Insekten von Gleichförmigkeit weit entfernt sind. Die Schriftsteller bewegen sich oft in einem Kreise, wenn sie behaupten, dass wichtige Organe niemals variieren; denn dieselben Schriftsteller zählen in der Praxis diejenigen Organe zu den wichtigen (wie einige wenige ehrlich genug sind, zu gestehen), welche nicht variieren, und unter dieser Voraussetzung kann dann allerdings niemals ein Beispiel von einem variierenden wichtigen Organe angeführt werden; aber von jedem anderen Gesichtspunkte aus lassen sich deren viele aufzählen.
    Mit den individuellen Verschiedenheiten steht noch ein anderer Punkt in Verbindung, welcher äußerst verwirrend ist: ich meine die Gattungen, welche man »protëische« oder »polymorphe« genannt hat, weil deren Arten ein colossales Maß von Veränderlichkeit zeigen. In Bezug auf viele dieser Formen stimmen kaum zwei Naturforscher darüber mit einander überein, ob dieselben als Arten oder als Varietäten zu betrachten seien. Ich will Rubus , Rosa und Hieracium unter den Pflanzen, mehrere Insekten und Brachiopodengenera unter den Tieren als Beispiele anführen. In den meisten dieser polymorphen Gattungen haben einige Arten feste und bestimmte Charaktere. Gattungen, welche in einer Gegend polymorph sind, scheinen es mit einigen wenigen Ausnahmen auch in anderen Gegenden

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