Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Wahl in der Natur vor sich geht. Er nimmt wie Dechant Herbert an, dass die Arten anfangs bildsamer waren als jetzt, legt Gewicht auf sein sogenanntes Prinzip der Finalität, »eine unbestimmte geheimnisvolle Kraft, gleichbedeutend mit blinder Vorbestimmung für die Einen, mit providentiellem Willen für die Andern, durch dessen unausgesetzten Einfluss auf die lebenden Wesen in allen Weltaltern die Form, der Umfang und die Dauer eines jeden derselben je nach seiner Bestimmung in der Ordnung der Dinge, wozu es gehört, bedingt wird. Es ist diese Kraft, welche jedes Glied mit dem Ganzen in Harmonie bringt, indem sie dasselbe der Verrichtung anpasst, die es im Gesamtorganismus der Natur zu übernehmen hat, einer Verrichtung, welche für dasselbe Grund des Daseins ist«. [3]
Im Jahre 1853 hat ein berühmter Geolog, Graf Keyserling (im Bulletin de la Société géologique, Tome X, p. 357) die Meinung ausgesprochen, dass, wie zu den verschiedenen Zeiten neue Krankheiten durch irgend welches Miasma entstanden sind und sich über die Erde verbreitet haben, so auch zu gewissen Zeiten die Keime der bereits vorhandenen Arten durch Moleküle von besonderer Natur in ihrer Umgebung chemisch affiziert worden sein könnten, so dass nun neue Formen aus ihnen entstanden wären.
Im nämlichen Jahre 1853 lieferte auch Dr. Schaaffhausen einen Aufsatz in die Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preuss. Rheinlande, worin er die fortschreitende Entwicklung organischer Formen auf der Erde behauptet. Er nimmt an, dass viele Arten sich lange Zeiträume hindurch unverändert erhalten haben, während wenige andere Abänderungen erlitten. Das Auseinanderweichen der Arten ist nach ihm durch die Zerstörung der Zwischenstufen zu erklären. »Lebende Pflanzen und Tiere sind daher von den untergegangenen nicht als neue Schöpfungen geschieden, sondern vielmehr als deren Nachkommen in Folge ununterbrochener Fortpflanzung zu betrachten.«
Ein bekannter französischer Botaniker, Lecoq, schreibt 1854 in seinen ,Études sur la géographie botanique‘ T. I, p. 250: »man sieht, dass unsere Untersuchungen über die Stetigkeit und Veränderlichkeit der Arten uns geradezu auf die von Geoffroy St.-Hilaire und Goethe ausgesprochenen Vorstellungen führen.« Einige andere in dem genannten Werke zerstreute Stellen lassen uns jedoch darüber im Zweifel, wie weit Lecoq selbst diesen Vorstellungen zugetan ist.
Die ,Philosophie der Schöpfung‘ ist 1855 in meisterhafter Weise durch Baden-Powell (in seinen ,Essays on the Unity of Worlds‘) behandelt worden. Er zeigt aufs treffendste, dass die Einführung neuer Arten »eine regelmäßige und nicht eine zufällige Erscheinung« oder, wie Sir John Herschel es ausdrückt, »eine Natur- im Gegensatze zu einer Wundererscheinung« ist.
Der dritte Band des Journal of the Linnean Society enthält zwei von Herrn Wallace und mir am 1. Juli 1858 gelesene Aufsätze, worin, wie in der Einleitung zu vorliegendem Bande erwähnt wird, Wallace die Theorie der natürlichen Zuchtwahl mit außerordentlicher Kraft und Klarheit entwickelt.
C. E. Von Baer, der bei allen Zoologen in höchster Achtung steht, drückte um das Jahr 1859 seine hauptsächlich auf die Gesetze der geographischen Verbreitung gegründete Überzeugung dahin aus, dass jetzt vollständig verschiedene Formen Nachkommen einer einzelnen Stammform sind. (Rud. Wagner, zoolog.-anthropolog. Untersuchungen 1861, S. 51).
Im Juni 1859 hielt Professor Huxley. einen Vortrag vor der Royal Institution über die bleibenden Typen des Tierlebens. In Bezug auf derartige Fälle bemerkt er: »Es ist schwierig, die Bedeutung solcher Tatsachen zu begreifen, wenn wir voraussetzen, dass jede Pflanzen- und Tierart oder jeder große Organisationstypus nach langen Zwischenzeiten durch je einen besondern Akt der Schöpfungskraft gebildet und auf die Erdoberfläche gesetzt worden sei; und man muss nicht vergessen, dass eine solche Annahme weder in der Tradition noch in der Offenbarung eine Stütze findet, wie sie denn auch der allgemeinen Analogie in der Natur zuwider ist. Betrachten wir andrerseits die persistenten Typen in Bezug auf die Hypothese, wonach die zu irgend einer Zeit lebenden Arten das Ergebnis allmählicher Abänderung schon früher existierender Arten sind – eine Hypothese, welche, wenn auch unerwiesen und auf klägliche Weise von einigen ihrer Anhänger verkümmert, doch die einzige ist, der die Physiologie einen Halt verleiht –, so scheint das Dasein dieser
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