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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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I
    Lok lief so schnell er konnte, sein Kopf war vornübergeneigt, und er hielt seinen Dornenast des Gleichgewichts wegen waagrecht und schlug mit der freien Hand das Gewoge der jungen Triebe zur Seite. Liku ritt lachend auf seinen Schultern, klammerte sich mit einer Hand in die kastanienbraunen Locken, die Nacken und Rückgrat bedeckten, und verbarg mit der anderen die kleine Oa unter seinem Kinn. Loks Füße waren geschickt. Sie konnten sehen. Sie trugen ihn um die ausschlängelnden Wurzeln der Buchen herum und sprangen, wenn eine Wasserlache sich in den Weg legte. Liku strampelte mit den Füßen gegen seinen Leib. »Schneller! Schneller!«
    Er spürte Stiche in den Füßen und lief langsamer. Jetzt konnten sie den Fluß hören, der, von Laub noch verdeckt, neben ihnen zur Linken dahinfloß. Die Buchen traten auseinander, die Büsche wichen zurück, und sie standen vor der schmalen Stelle flachen Moorwassers, wo der Stamm war.
    »Da, Liku!«
    Das onyxfarbene Wasser breitete sich vor ihnen aus, ging in den Fluß über. Jenseits des Tümpels, wo der Boden anstieg, begann der Pfad, der den Fluß entlangführte, von neuem, doch verlor er sich bald hinter Bäumen. Lok grinste zufrieden und glücklich, tat zwei Schritte auf das Wasser zu und blieb stehen. Das Grinsen erlosch, und sein Mund ging auf, bis die Unterlippe herabhing. Liku rutschte auf sein Knie, dann auf den Boden hinunter. Sie hielt den Kopf der kleinen Oa vor ihr Gesicht und sah darüber hinweg auf das Wasser. Lok lachte unsicher. »Der Stamm ist fortgegangen.«
    Er schloß die Augen und beschwor brauenrunzelnd das Bild des Stammes herauf. Er hatte im Wasser gelegen, von hier nach der anderen Seite, grau und faulig. Wenn man in der Mitte angelangt war, konnte man das Wasser spüren, das unter einem platschte, schreckliches Wasser, stellenweise ging es bis zur Schulter. Es war nicht wach wie der Fluß oder der Wasserfall; es schlief, weitete sich hierhin zum Fluß aus und erwachte, ging dort nach rechts in Wildnis und undurchdringlichen Sumpf und Morast und Dickicht über. So sicher war er dieses Stammes, den die Gefährten immer benutzten, daß er die Augen öffnete und zu lächeln begann, wie nach einem Traum. Aber der Stamm war fort.
    Fa trottete den Pfad entlang. Das Junge schlief auf ihrem Rücken. Sie wußte, daß es nicht fallen konnte, denn sie fühlte, wie es sich mit Händen und Füßen im weichen Fell auf ihrem Rücken festklammerte, aber sie trat dennoch vorsichtig auf, damit es nicht erwachte. Lok hörte sie kommen, ehe sie noch die Buchen erreicht hatte. »Fa! Der Stamm ist fortgegangen!«
    Sie ging geradewegs auf das Wasser zu, äugte, witterte, sah dann Lok vorwurfsvoll an. Sie brauchte nichts mit dem Munde zu sagen. Lok schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein. Ich habe den Stamm nicht zum Spaß weggenommen. Er ist fortgegangen.«
    Er breitete die Arme aus, um zu zeigen, wie sehr der Stamm nicht da war, sah, daß sie begriff, und ließ die Arme wieder sinken. Liku stieß ihn an. »Schaukle mich.«
    Sie griff nach einem Buchenast, der wie ein langer Hals dem Baum entwuchs und sich dann mit einem Büschel grüner und brauner Triebe dem Licht entgegenreckte. Lok vergaß den Stamm, der nicht da war, und schwang sie in die Astbiegung. Er trat seitlich daneben, zog, ging langsam zurück, und der Ast knackte. »Ho!«
    Er ließ den Zweig fahren und fiel in die Hocke. Der Ast schoß davon, und Liku schrie vor Vergnügen. »Nein! Nein!«
    Aber Lok wiederholte das Spiel unermüdlich, und Liku glitt schreiend und lachend und aufbegehrend in dem Laubbüschel über das Ufer hin. Fa sah vom Wasser auf zu Lok und starrte dann wieder hinunter. Sie zog erneut die Brauen zusammen.
    Ha kam den Pfad daher, geschwind, aber doch ohne Hast, überlegter als Lock – der Mann für kritische Augenblicke. Als Fa nach ihm zu rufen begann, antwortete er nicht sogleich, sondern sah auf das leere Wasser und dann nach links, wo er den Fluß jenseits der Buchenreihe erkennen konnte. Dann durchforschte er den Wald mit Auge und Nase nach Eindringlingen, und erst als er gewiß war, daß keine Gefahr drohte, ließ er den Dornenast sinken und kniete am Wasser nieder. »Da!«
    Sein Finger wies auf die Abdrücke unter dem Wasser, wo der Stamm geruht hatte. Die Ränder waren noch frisch, und Erdkrumen lagen in den Kerben, die sich noch nicht aufgelöst hatten. Er verfolgte die gebogenen Einschnitte unter dem Wasser, bis sie sich im Dunkeln verloren. Fa sah zu der Stelle hinüber, an

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