Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
talentiert seine Charlie doch mit dem kleinen Jeep auf riesigen Rädern umgehen konnte. Dass sie dabei jedes Mal dreckbespritzt, bis auf die Knochen durchnässt und mit Matsch verschmierten Haaren nach Hause kamen, störte Vater und Tochter weniger. Mutter Lena besaß ja eine Waschmaschine. Charlie war also ein ganz normales schwedisches Kind.
Na ja, vielleicht nicht ganz normal. Die meisten Menschen in Schweden haben blonde Haare, blaue Augen und hellere Haut. Einige haben auch dunkle Haare, aber glänzende schwarze Locken, wie Charlie sie hatte, waren für gebürtige Schweden nicht normal. Auch die großen, mandelförmigen Augen passten nicht nach Skandinavien. Aber das Seltsamste an C harlotta Johanssons Erscheinung waren nicht ihre Haare, ihr blasses längliches Gesicht oder ihr langer aufrechter, schmaler sehniger Körper. Nein, das Merkwürdigste waren ihre Augen. Nicht ihre Mandelform, sondern die Farben ihrer Augen waren es, die jeden erstaunt, fasziniert und ungläubig mindestens zweimal hinsehen ließen. Charlies rechtes Auge war hellblau. Nicht ungewöhnlich für Schweden, oder ein anderes skandinavisches Land wie Norwegen oder Dänemark. Aber Charlies linkes Auge war grün. Ein tiefes, dunkles, kräftiges Grün. Der Kontrast zwischen dem hellblauen und dem dunkelgrünen Auge war so scharf und aufsehenerregend, dass er niemandem entging, der Charlie auch nur kurz in die Augen sah. Und sie sahen ihr in die Augen. Alle, und immer wieder, denn Augen mit zwei verschiedenen Farben waren eine äußerste Seltenheit. Per und Lena waren blond und blauäugig. Typische Schweden eben. Dass sie nicht Charlies leibliche Eltern waren, war ihr bekannt solange sie sich zurückerinnern konnte. Sie war als Baby zu den Johanssons in Pflege gekommen. Ingrid Olafsson hatt e das kleine schwarzhaarige Kind bei Per und Lena als Pflegekind untergebracht und Charlie hatte sich nicht einmal gewünscht, andere vielleicht bessere Eltern zu haben. Bessere Eltern als Per und Lena konnte sie sich nicht vorstellen. Natürlich hatte sie irgendwann wissen wollen, wo sie herkam und wer ihre richtigen Eltern waren. Per und Lena hatten ihr die Papiere gezeigt, die sie bekommen hatten und ihr erklärt, dass sie an einem warmen Sommertag im Juli in der Badeanstalt unter einem Baum gefunden wurde. Niemand wusste wo sie herkam oder wer sie dort abgelegt hatte und niemand hatte zu einem späteren Zeitpunkt je nach dem schwarzhaarigen, etwa fünf bis sechs Monate alten Baby gefragt, oder einen Hinweis auf dessen Herkunft geliefert. Das Kind wurde Charlotta genannt und der Einfachheit halber erhielt es denselben Nachnamen ihrer Pflegeeltern Per und Lena Johansson. Charlotta Johansson wuchs gut behütet und beschützt bei zwei liebevollen, guten Menschen auf. Ihr fehlte es an nichts und sie hätte sich im Traum nicht vorstellen können, dass sie sich eines Tages sehr, sehr einsam und verlassen fühlen würde. Ihr Leben war geordnet, bis zu diesem Sonntag kurz nach ihrem neunten Geburtstag.
Sie konnte sich nicht an sehr viel erinnern. Nur dass sie mit ihren Eltern in ihrem Volvo auf dem Nachhauseweg war, als es passierte. Sie konnte sich noch an den entsetzten Aufschrei ihrer Mutter erinnern, und dann war sie in einem hellen Zimmer mit weiß bezogenen Betten aufgewacht. Ihr Schädel brummte und sie hatte Schwierigkeiten sich zu orientieren und einen klaren Gedanken zu fassen. Die Stunden danach lagen wie in einem dichten Nebel. Jemand, vermutlich ein Arzt, wechselte einen Verband an ihrem Kopf und erklärte ihr, sie hätte einen Unfall gehabt und dürfte ihren Kopf nicht bewegen. Einige Knochen wären auch gebrochen, am Besten sollten sie sich einfach ruhig verhalten und sich überhaupt gar nicht bewegen. Draußen wartete eine Frau mit Namen Ingrid Olafsson, er würde sie gleich zu ihr hinein schicken.
Ingrid hatte ihr dann unter Tränen berichtet, dass Per und Lena bei dem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren. Ein Reh wäre ihnen vor das Auto gelaufen. Sie hätten nicht mehr rechtzeitig bremsen können, wären vom Weg abgekommen und frontal gegen einen Baum geprallt. Charlie dachte zuerst sie würde einen schrecklichen, sehr realistischen Alptraum haben...
In den darauf folgenden Wochen hatte Charlie viel geweint. Als Ingrid ihr einige Tage später erklärte, sie müsse eine neue Pflegefamilie für Charlie suchen, war ihr schlagartig und sehr deutlich bewusst geworden, dass sie nun niemanden mehr hatte. Nicht einmal Jonas, der sich nach dem
Weitere Kostenlose Bücher