Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Unfall rührend um sie kümmerte, konnte ihr in ihrer Einsamkeit helfen. Der beste Freund ihrer Eltern, hätte Charlie nur allzu gerne zu sich genommen. Leider war das einzige, was ihm nach einer schmerzvollen Trennung von seiner Ex-Partnerin geblieben war, ein riesiger Berg Schulden und die Erkenntnis, dass Brigitta ihn mächtig über den Tisch gezogen hatte. Um irgendwie über die Runden zu kommen, bewohnte er seitdem eine kleine Einzimmerwohnung bei einem Bekannten auf einem kleinen Hof in der Nähe von Storby. Das schwedische soziale System war verständlicherweise nicht der Meinung, dass eine Einzimmerwohnung bei einem Mann, der Tag und Nacht arbeitete, um seine Schulden abzubezahlen, der angemessene Wohnort für ein neunjähriges Mädchen sei. Leider. Schade. Da Jonas sonst die einzige Person gewesen wäre, die einem Verwandten nahe kam.
Viereinhalb Jahre waren seitdem vergangen.
Charlie streckte sich vorsichtig, schlug die warme Bettdecke zur Seite und begann sich leise anzukleiden. Sehr vorsichtig, um so wenig Geräusche wie möglich von sich zu geben, schlüpfte sie in eine dunkle Jeans, schwarze Socken und in ein enges schwarzes Träger-Shirt mit der Aufschrift Protected by Witchcraft . Sie hatte es sich vor einigen Wochen von ihrem ersparten Taschengeld gekauft. Anna, ihre letzte Pflegemutter, war wenig begeistert über ihre Wahl gewesen. Sie hatte ihr strikt verboten, das Shirt jemals zu tragen und hatte es in sichere Verwahrung genommen.
Als Charlie vor einer Woche in das Heim gekommen war, hatte Charlie Ingrid von dem Shirt erzähl t, welches Anna sich weigerte wieder herauszugeben. Zu Annas Leidwesen sagt das Gesetz, das sämtliches Eigentum mit umzuziehen hatte, wenn ein Pflegekind den Wohnort wechselte.
Über das Träger-Shirt zog Charlie einen dicken, warmen, dunkelroten Kapuzenpullover. Bevor sie sich unter das Bett streckte, um den gepackten Rucksack hervorzuziehen, lauschte sie noch einmal angespannt. Seit einer halben Ewigkeit hatte sie schon nichts Verdächtiges mehr gehört. Ob Camilla nun wirklich schlief oder nur lautlos im halbwachen Zustand vor sich hin döste, vermochte sie natürlich nicht genau zu sagen. Aber sie musste davon ausgehen, dass Kaffeetante Camilla letztendlich doch ins Reich der Träume entglitten war. Ansonsten würde die Nacht zum Morgen werden und Charlie wäre immer noch nicht auf und davon.
Nichts zu hören. Lautlos fiel Charlie vor dem Bett auf die Knie und streckte sich nach dem Rucksack aus. Ihre Hände tasteten sich vorsichtig vorwärts. Nichts! Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Zunehmend nervös tastete sie immer schneller und tiefer, bis ihre Fingerspitzen etwas erwischten. Erleichtert und dadurch etwas unvorsichtig zog sie zu schnell und heftig an der breiten Rückenschnalle. Die Tasche fuhr mit einem Ruck unter dem Bett hervor und blieb an einer Ecke des kleinen Nachttisches hängen. Mit einem lauten Scheppern fiel eine blecherne Dose mit Halspastillen zu Boden, die Maria Charlie vor ein paar Tagen gegen einen leichten Husten mitgebracht hatte. Immer noch auf allen Vieren kauernd, erstarrte Charlie zur Eissäule. Wütend über ihre eigene Ungeschicklichkeit kniff sie die Augen hart zusammen und wartete. Eine Sekunde, zwei Sekunden... Da hörte sie es. Weiter unten im Flur wurde eine Tür geöffnet. Schritte auf dem Flur. Hastig schob sie den Rucksack zurück unter das Bett, hüpfte voll bekleid et hinein und zog sich die Decke über den Kopf. In allerletzter Sekunde. Sie hörte wie sich ihre Tür öffnete. Ein Lichtstrahl der Lampe im Flur erhellte das kleine Zimmer soweit, dass Charlie nun sehr deutlich die heruntergefallen Dose mit Drops erkennen konnte. Sämtliche Bonbons lagen weit verstreut rundherum verteilt. Charlie schloss die Augen und versuchte so ruhig wie möglich zu atmen. Sie hörte wie Camilla die Tür weiter aufschob und das Zimmer betrat. Einen Augenblick geschah gar nichts. Charlies Herz schlug Doppelschläge. Mindestens! Das Pochen schallte so laut wie die Pumpe einer Ölraffinerie. Sie war davon überzeugt, dass auch Camilla es bestimmt hören müsse.
Nach einer Weile bückte sich jemand neben ihrem Bett, sammelte die Drops wieder in die Dose und stellte diese leise, mit einem leichten Klick wieder auf den Nachttisch. Camilla strich Charlie über die schwarzen, widerspenstigen Locken, seufzte und flüsterte:
»So einen gesegneten Schlaf hätte ich auch gerne. Teenager!«
Der hellrosa Satin-Bademantel raschelte leise,
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