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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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»Vorsichtig«, sagte sie. »Die Wunden sind noch frisch. Versuch, sie nicht zu berühren.« Dann lehnte sie sich zurück und hob eine Braue. »Also, Owen, weißt du noch, was passiert ist?«
    Ich versuchte, mich zu erinnern, doch die Eindrücke waren sehr undeutlich. »Ich hatte einen Krampf … der Schmetterlingsstil war zu viel.«
    »Mmh.« Lächelnd schüttelte Dr. Maria den Kopf. Dann nahm sie ein Computerpad von meinem Nachttisch und ließ ihren Finger über das Display huschen. »Ich fand den Stil schon immer komisch«, sagte sie. »Man sah ihn bei den Olympischen Spielen und fragte sich, wieso irgendwer freiwillig so schwimmen sollte.«
    »Olympische Spiele?«
    »Ach, tut mir leid – da siehst du, wie alt ich bin. Weißt du, vor der Flut gab es noch deutlich mehr Länder, und zu diesen Spielen schickte jedes Land seine besten Athleten, um gegeneinander anzutreten. Sie wollten die Tradition eigentlich auch fortführen, aber zu viele Länder hatten mit dem Chaos oder ihren Schulden zu kämpfen. Die letzten Spiele fanden statt, als ich zehn Jahre alt war. Jedenfalls schwammen sie dort auch immer diesen Schmetter lingsstil. Es ist schon seltsam, dass bei allem, was wir ver loren haben, ausgerechnet etwas so Bescheuertes noch existiert.« Sie seufzte. »Aber das ist ja unser Ziel hier in Eden West: alles wieder so zu machen, wie es war.« Ich glaubte, eine gewisse Geringschätzung in ihrer Stimme zu hören, war mir aber nicht sicher.
    Sie hörte meine Brust mit einem Stethoskop ab. »Klingt gut. Also, keine Ahnung, woher du diese Halsverletzungen hast?«
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    »Vielleicht hast du dich beim Untergehen in der Bahnbegrenzung verfangen?«
    Ich zuckte die Schultern. »Ich glaube eigentlich nicht.«
    Sie strich sich eine Strähne zurück und hielt mir ein Licht vors linke Auge. »Die Verletzungen waren nicht so tief, dass sie genäht werden mussten, also habe ich dir bloß ein Antibiotikum aufgetragen.« Das weiße Licht blendete mich. Dann untersuchte sie das andere Auge. »Ich möchte, dass du morgen zum Verbandwechseln reinschaust. Und du solltest wirklich nicht damit ins Wasser, ehe alles verheilt ist. Womit du es wahrscheinlich ohnehin nicht allzu eilig hast, oder?« Sie lächelte.
    »Eigentlich nicht«, sagte ich und erwiderte das Lächeln. Doch je mehr ich mich auf die Verletzungen konzentrierte, desto mehr juckten sie. Es brannte, als ob die Haut unter dem Verband beinahe kochte.
    »Vielleicht hat sich etwas auf dem Grund des Sees auf deinen Hals gesetzt. Lake Eden soll ein ganz natürliches Ökosystem sein – mit echten Fischen und Blutegeln und allem Drum und Dran. Wahrscheinlich willst du das jetzt nicht hören.«
    Ich erinnerte mich an die künstlichen Pflanzen, in denen ich mich verfangen hatte. Das hieß aber nicht, dass es nicht auch echte Lebewesen im See gab, und wenn ich wirklich zehn Minuten dort unten gewesen war, wie Lilly gesagt hatte …
    Lilly.
    Ich dachte daran, wie sie mir ins Ohr geflüstert hatte. Was war los mit ihr? Was hatte sie gemeint, als sie sagte: »Egal, was die nächsten Tage passiert, erzähl ihnen nichts«? Was würde ihrer Meinung nach denn sonst geschehen? Ich war ertrunken, vielleicht hatte etwas an mir herumgeknabbert, und ich war gerade noch rechtzeitig gerettet worden. Nur, dass zehn Minuten nicht gerade rechtzeitig waren. Das hätte ich doch auf keinen Fall überleben dürfen! Vielleicht hatte Lilly ja übertrieben. Dr. Maria hatte nur von ein paar Minuten gesprochen. Das machte schon einen gewissen Unterschied, wenn’s ums Ertrinken ging. Da war aber noch etwas anderes …
    Komm zu mir, Owen. Dieses Licht, diese Stimme. Was war das gewesen? Vermutlich bloß eine Art Halluzination. Der Sauerstoffmangel musste mein Gehirn benebelt haben.
    »Ich glaube, das hier können wir abmachen.« Dr. Maria nahm meinen linken Arm, aus dessen Beuge ein durchsichtiger Schlauch zu einem Infusionsbeutel führte, und trennte die Verbindung. »Das kann jetzt einen leichten Stich geben.« Dann zog sie die Kanüle heraus. Ein Blutstropfen quoll hervor, und es stach wirklich ein wenig, ging aber rasch vorbei.
    »Das hätten wir.« Sie klebte ein rundes Pflaster auf die Einstichstelle. Dabei fielen mir ihre schwarz lackierten Fingernägel auf, die vielleicht etwas gewagt für die Ärztin des Ferienlagers waren, und als sich ihre glatten, mandelfarbenen Finger auf meinen Arm legten, musste ich an Mom denken. Sie war auch immer sehr modebewusst gewesen. Dr. Maria war

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