Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
ohn Unterlaß, Tag und Nacht. Und was das Merkwürdigste dabei war, das Heer litt während dieses Regens den größten Durst.
Die Leiden des Marsches hatten aber damit ihr Ende noch nicht erreicht, denn nun kam man an einen Strom, der durch den langen Regen dermaßen angeschwollen und reißend geworden war, daß die Mannschaft völlig den Mut verlor, dieweil keine Fahrzeuge zur Überfahrt da waren und eine solche auch bei der wilden Strömung kaum möglich gewesen wäre. An einen Brückenschlag war nicht zu denken. Hätte man aber umkehren wollen, so waren Menschen und Tiere dem Untergang geweiht. Deshalb sandte Cortes einen Erkundungstrupp das Ufer entlang stromauf, um nach einer Furt zu suchen. Vergnügt kamen die Leute wieder, mit der Meldung, sie hätten eine Übergangsstelle gefunden. Die Hispanier vergossen Freudentränen, fielen einander jubelnd um den Hals und dankten ihrem Schöpfer für diese Rettung aus der Not. Man sang das Te Deum laudamus. Es war gerade in der heiligen Woche (9. bis 15. April).
Die erkundete Stelle bestand aus einem breiten, ebenen, glatten Felsen, der das ganze Strombett einnahm und von 20 Rinnen von solcher Tiefe durchfurcht war, daß das in ihnen dahinströmende Wasser die Ränder nicht erreichte. Das klingt wie ein Märchen, wie die Stelle aus dem gallischen Amadis. Es war aber tatsächlich so. Es war ein Werk der Natur. Das Wasser des Stromes hatte sich im Laufe der Zeit diese tiefen Rinnen selber gegraben.
Cortes ließ unverzüglich Bäume fällen, die es zum Glück in der Nähe reichlich gab, und die Rinnen durch 200 Balken überbrücken. Statt der Taue verwendete man Lianen. Der Brückenbau und der Übergang nahmen zwei Tage in Anspruch. Das Rauschen des durch die engen Rinnen strömenden Wassers verursachte ein so starkes Getöse, daß die Leute halb taub dabei wurden.
Die Pferde und die Schweine setzte man weiter stromauf über, wo der Strom zwar sehr tief war, aber sanft dahinfloß, so daß man sie durchschwimmen lassen konnte.
Die Nacht darauf verbrachte man in Teusif, eine Wegstunde stromauf, wo etliche gute Häuser standen und Feldbau getrieben ward. Hier fand man über zwanzig Leute, aber nicht genügend Lebensmittel. Das war wieder ein harter Schlag für die Hlspanier, die schon seit acht Tagen großen Mangel gelitten hatten und sich nur mit Palmennüssen, ein paar mageren Datteln und gekochten Kräutern ernährt hatten. Indes versicherten ihnen die Eingeborenen, daß eine Tagereise stromauf ein wohlhabender Ort läge, in der Landschaft Tahuikan, wo man Truthühner, Kakao, Mais und andere Lebensmittel im Überfluß habe. Allerdings läge dieser Ort am andern Ufer. Cortes meinte, dies wäre kein Hindernis. Sie sollten ihm nur einen Wegführer geben.
Sodann sandte er 30 Hispanier mit 1000 Indianern ab, die den Weg dorthin verschiedene Male hin und her machten und nicht ohne viel Mühe die nötigen Lebensmittel herbeischleppten.
Von Teusix schickte Cortes weiterhin einen Trupp aus, mit einem indianischen Wegführer, um den Weg nach Azuzulin zu erkunden. Der dortige Häuptling hieß Akiahuilkin. Der Trupp gelangte nach zehn Stunden Marsch an ein Haus, offenbar eine Herberge, wo man sieben Indianer und ein Weib vorfand. Darunter war auch ein Handelsmann aus dem Lande Akalan, der eine geraume Zeit in Nito gelebt hatte, wo sich die Hispanier niedergelassen hatten. Dieser Mann erzählte, vor einem Jahre seien sie zu Pferd und zu Fuß gekommen und hätten die Ortschaft ausgeplündert. Die Einwohner und die Handelsleute seien mißhandelt worden. Daraufhin hätten die Händler den Ort verlassen und hätten den Handel in das Land des Akiahuilkin verlegt. In Nito aber fänden keine Messen mehr statt, seit die Fremden dort seien und die nicht ausgewanderten Kaufleute zugrunde gerichtet hätten.
Cortes warb den Mann für ansehnliches Geld als Führer nach Nito, worauf die anderen Gefangenen und ebenso die bisherigen Führer in Freiheit gesetzt wurden. Aber in der Nacht verschwand auch der Handelsmann, so daß Cortes nun ganz ohne Wegkundige war. Gleichwohl begann man den Weitermarsch und biwakierte in der nächsten Nacht auf einer Anhöhe, fünf Wegstunden (28 km) weiter, nachdem man unterwegs ln einem Gebirgspaß ein Pferd eingebüßt hatte.
Am folgenden Tag wurden sechs Meilen (33½ km) zurückgelegt, dabei zwei Flüsse überschritten, und zwar auf Kähnen, wobei zwei Pferde verlorengingen. Die Nacht verbrachte man ln einem Weiler, der aus etwa zwanzig Häusern bestand. Sie
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