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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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bei Gott! He? Zwischen vierzig und fünfundvierzig, nicht wahr? Das ist ein stabiler Kerl. Wenn das nicht schade ist, daß so einer die Soutane trägt! Er hätte einen ausgezeichneten Karabinier6 abgegeben.« Nach kurzem Schweigen sprach er dann allein und führte mit lauter Stimme seine Überlegungen fort, die ihn ganz nachdenklich machten: »Sie sind mit dem Zug sechs Uhr fünfundvierzig angekommen. Sie haben also nur Zeit gehabt, bei Abbé Bourrette vorbeizugehen und hierherzukommen … Ich wette, daß sie nicht zu Abend gegessen haben. Das ist klar. Wir hätten sie wohl gesehen, wenn sie herausgekommen wären, um ins Hotel essen zu gehen … Ah! Das würde mir zum Beispiel Vergnügen machen, zu erfahren, wo sie wohl gegessen haben.«
    Rose strich seit einer Weile im Wohnzimmer umher und wartete, daß ihre Herrschaften schlafen gehen würden, damit sie Türen und Fenster schließen konnte.
    »Ich weiß, wo sie gegessen haben«, sagte sie. Und als sich Mouret lebhaft umwandte, fuhr sie fort: »Ja, ich bin noch einmal hinaufgegangen, um zu sehen, ob ihnen nichts fehlt. Da ich kein Geräusch hörte, habe ich nicht gewagt anzuklopfen; ich habe durch das Schlüsselloch geguckt.«
    »Das ist aber schlecht, sehr schlecht«, unterbrach Marthe streng, »Sie wissen doch, Rose, daß ich das gar nicht liebe.«
    »Laß doch, laß doch!« rief Mouret, der unter anderen Umständen gegen die Neugierige aufgebraust wäre. »Sie haben durch das Schlüsselloch geguckt?«
    »Ja, Herr Mouret, es geschah in guter Absicht.«
    »Offensichtlich … Was machten sie denn?«
    »Nun ja! Also, Herr Mouret, sie aßen … Ich habe gesehen, wie sie auf einer Ecke des Gurtbettes aßen. Die alte Dame hatte eine Serviette ausgebreitet. Jedesmal wenn sie sich Wein einschenkten, legten sie die verkorkte Literflasche wieder gegen das Kopfkissen.«
    »Aber was aßen sie?«
    »Ich weiß nicht genau, Herr Mouret. Es hat mir wie ein Rest Pastete ausgesehen, in eine Zeitung eingewickelt. Sie hatten auch Apfel, kleine, mickrige Äpfel.«
    »Und sie unterhielten sich, nicht wahr? Haben Sie gehört, was sie sagten?«
    »Nein, Herr Mouret, sie unterhielten sich nicht … Ich habe ihnen eine gute Viertelstunde zugeschaut. Sie sagten nichts, nicht soviel, versichere ich Ihnen! Sie aßen, sie aßen!«
    Marthe war aufgestanden, hatte dabei Désirée geweckt und machte Anstalten hinaufzugehen; die Neugierde ihres Gatten verletzte sie. Dieser entschloß sich endlich, ebenfalls aufzustehen, während die alte Rose, die fromm war, mit leiserer Stimme fortfuhr:
    »Der arme liebe Mann mußte tüchtig Hunger haben … Seine Mutter reichte ihm die größten Bissen und sah ihm zu, wie er mit Behagen schluckte … Kurz und gut, er wird in schön weißen Bettüchern schlafen. Sofern ihn der Obstgeruch nicht belästigt. Es riecht nämlich nicht gut in dem Zimmer; Sie wissen, dieser säuerliche Geruch von Birnen und Äpfeln. Und nicht ein Möbelstück, nichts als das Bett in einer Ecke. Ich hätte Angst, ich würde das Licht die ganze Nacht brennen lassen.«
    Mouret hatte seinen Leuchter genommen. Er blieb einen Augenblick vor Rose stehen und faßte als ein Bürger, den man aus seinen gewohnten Vorstellungen herausgerissen hat, den Abend in folgendem Ausspruch zusammen: »Das ist ungewöhnlich.«
    Dann holte er seine Frau am Fuß der Treppe wieder ein. Als er noch den leisen Geräuschen lauschte, die aus dem oberen Stockwerk kamen, lag sie schon im Bett, schlief sie bereits. Das Zimmer des Abbé lag genau über dem seinen. Er hörte ihn sacht das Fenster öffnen, was ihn sehr neugierig machte. Er hob den Kopf vom Kissen, kämpfte verzweifelt gegen den Schlaf an, weil er wissen wollte, wie lange der Priester am Fenster bleiben würde. Aber der Schlaf war der Stärkere; Mouret schnarchte fest, ehe er das dumpfe Knirschen des Fensterriegels erneut hatte wahrnehmen können.
    Oben am Fenster schaute Abbé Faujas barhäuptig in die schwarze Nacht. Er blieb lange dort, glücklich, endlich allein zu sein, sich in jene Gedanken vertiefend, die ihm so viel Härte auf die Stirn prägten. Unter sich fühlte er den ruhigen Schlaf dieses Hauses, in dem er seit einigen Stunden war, der Kinder reinen Atem, Marthes ehrbaren Hauch, Mourets schweres und regelmäßiges Luftholen. Und es lag eine Verachtung in der Art, seinen Ringkämpferhals geradezurücken, während er den Kopf hob, als wolle er in der Ferne der eingeschlafenen kleinen Stadt bis auf den Grund sehen. Die großen Bäume im Garten

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