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Die Fahrt des Leviathan

Die Fahrt des Leviathan

Titel: Die Fahrt des Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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ihm nur dazu, seine eigene Position unterschwellig zu demonstrieren und weidlich auszukosten. Diesen Mann, der sich alle Augenblicke über den wachsgestärkten blonden Schnurrbart strich, verabscheute Pfeyfer ganz entschieden.
    Die angebotene kubanische Zigarre lehnte Pfeyfer bemüht höflich ab, was Lenschow nicht davon abhielt, sich mit betonter Kennerschaft selbst eine Havanna aus dem Holzkästchen zu nehmen und anzuzünden, bevor er sich im üppig aufgepolsterten Sessel zurücklehnte und den Major wissen ließ: »Seine Majestät hat mich beauftragt, Ihnen Dank für Ihr so kurzfristiges Erscheinen auszusprechen.«
    »Ich bin befehlsgemäß unverzüglich aufgebrochen, als die Depesche mit dem Schiff eintraf«, entgegnete Pfeyfer. »Allerdings hatte ich dem Schreiben entsprechend angenommen, meine Orders hier vom König selbst entgegenzunehmen.«
    Sichtlich angetan vom Aroma der Zigarre blies Lenschow eine Rauchwolke in die Luft. »Unerwartete Umstände veranlassten den König, seine Pläne zu ändern«, erklärte er und zog erneut an der Havanna. »Er besichtigt zur Stunde die Festungsanlagen auf der anderen Seite des Flusses in Begleitung von General McClellan. Der General konnte sich nur heute von seinen Pflichten beim Feldheer freimachen, und der König bestand auf der Gesellschaft des berühmtesten Befehlshabers der Unionstruppen.«
    Pfeyfer nickte.
    Da es ihm nicht zustand, die Entscheidungen seines Königs zu kritisieren, enthielt er sich jeden Kommentars und erkundigte sich stattdessen nach Kronprinz Friedrich.
    »Seine Hoheit lässt sich das Parlament und andere republikanische Institutionen zeigen«, antwortete Oberst Lenschow mit einem leise mitschwingenden Unterton der Missbilligung. Die liberalen Neigungen des Thronfolgers empfanden nicht wenige Angehörige des konservativ gesinnten Offizierskorps als Gefahr für die Grundfesten des preußischen Staates. Hierin hätte Pfeyfer dem Oberst beipflichten können, doch diese vage Übereinstimmung machte ihm Lenschow keinen Deut sympathischer.
    »Ich verstehe. Welche Anordnungen lässt mir der König also übermitteln?«, fragte Pfeyfer direkt. Er wollte das Gespräch so rasch wie möglich hinter sich bringen.
    »Wie Sie vermutlich wissen, traf Seine Majestät vor vier Tagen mit dem englischen Dampfschiff
Great Eastern
in New York ein.«
    »Jawohl, Herr Oberst. Es stand in den Zeitungen.«
    »Spätestens morgen wird in den Zeitungen noch mehr stehen«, sagte Lenschow und beugte sich vor. »Und zwar, dass die
Great Eastern
kurz vor Erreichen des New Yorker Hafens mit einem Riff kollidiert ist.«
    »Um Gottes willen!«, entfuhr es Pfeyfer. »Handelte es sich etwa um einen Anschlag auf das Leben des Königs? Oder des Kronprinzen?«
    Der Oberst deutete mit der qualmenden Zigarre auf den Major. »Das herauszufinden ist Ihre Aufgabe. Fahren Sie nach New York weiter und stellen Sie dort Nachforschungen an. Finden Sie heraus, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Kollision gezielt herbeigeführt wurde.«
    Zunächst glaubte Pfeyfer, sich verhört zu haben. Diese Aufgabe war zu sinnlos, um ernst gemeint zu sein. Erst als er merkte, dass es sich nicht um ein Missverständnis handelte, wandte er ein: »Mit Verlaub, Herr Oberst. Das ist nicht möglich. Ich muss in Friedrichsburg Vorbereitungen für die Ankunft Seiner Majestät treffen. Ich fürchte, ich muss dieses Ansinnen zurückweisen. Darf ich vorschlagen, einen meiner Offiziere mit dieser Angelegenheit zu betrauen?«
    »Offenbar habe ich mich nicht hinreichend präzise ausgedrückt«, entgegnete von Lenschow und fixierte Pfeyfer mit einem harten Blick. »Der König selbst hat den Wunsch geäußert, dass Sie diese Ermittlungen durchführen. Er weiß, dass Sie das Militär-Sicherheits-Detachement der Provinz kommandieren, und hat Gutes über Ihre Leistungen gehört. Daher hat Seine Majestät diese Anordnung getroffen.«
    Der Oberst nahm einen erneuten Zug von der Zigarre und setzte dann mit lauernder Ruhe hinzu: »Ich nehme nicht an, dass Sie einer Order des Königs widersprechen wollen, Major?«
    »Keinesfalls, Herr Oberst«, beeilte Pfeyfer sich zu versichern. Äußerlich wahrte er den Anschein der Ruhe, doch sein Herzschlag hämmerte so heftig, dass er meinte, seine pulsierende Halsschlagader müsse jeden Moment den engen Stehkragen seiner Uniform sprengen.
    Von Lenschow lächelte; er schien zu ahnen und zu genießen, welchen Schrecken er seinem Gegenüber verursacht hatte. »Sehr schön. Dann fahren Sie mit

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