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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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passiert war.
    Der Justizkanzler war einst der Jurist des Königs gewesen, heute der der Regierung. Aber das war nur die formale Definition, denn eigentlich schützte der Justizkanzler die Bürger und die freiheitliche Grundordnung vor dem Staat. Wie sehr sich der Justizkanzler vor das Volk stellte, hing immer davon ab, wer dieses Amt gerade ausübte. Rosenfeldt jedenfalls war mit mehr Feuer und Flamme an die Arbeit gegangen als je einer zuvor. Als Justizkanzler überwachte er die Pressefreiheit, alle Juristen im Land und das Verhalten der Behörden gegenüber den Bürgern. Dazu zählten auch Kjell und der Rest der Reichsmordkommission.
    Barbro hatte endlich gefunden, wonach sie gesucht hatte. »Rosenfeldt nimmt aber keinen Personenschutz in Anspruch, die Kinder auch nicht. Sie haben nur geschützte Adressen.«
    »Wo ist der JK jetzt?«
    »Ferien in Frankreich. Ist schon verständigt.«
    »Ist die Familie auch dort?«
    »Es gibt nur die Kinder. Der Sohn hat eine eigene Wohnung in Söder, und Josefin wohnt hier.«
    Auf einmal stand Henning bei ihnen. Er musste vom anderen Ende der Straße gekommen sein. »Verdammte Leckmichscheiße. Ich hätte mich an der verrottenden Boje festketten sollen.« Das war der erste Eindruck des weit über Huddinge hinaus bekannten Schimpfwortsynkratikers.
    Sie stiegen in den Einsatzbus und nahmen am Tisch Platz. Barbro wiederholte alles noch einmal. Henning fluchte wieder und blickte durch das vergitterte Fenster des Wagens an der Hausfassade hinauf, die braun und grau war.
    »Der Anruf kam um 18 Uhr 37 von einer Passantin«, begann Barbro ihren Rapport. »Ihr Name ist Annika Sandell. Sie hat die Leiche auf dem Gehweg entdeckt und ein wenig verwirrt gewirkt. Deshalb wissen wir nicht genau, ob sie auch den Aufprall mitbekommen hat oder nicht. Sie wird gerade vorne im Sabbatsberg untersucht und dann nach Hause gebracht. Lasse hat aus der Fließgeschwindigkeit des Blutes auf dem Pflaster errechnet, dass die Frau gleich nach dem Aufprall angerufen haben muss. Sonst haben wir bisher keine Augenzeugen für den Sturz gefunden.«
    Der Notarzt war um 18 Uhr 41 eingetroffen und konnte nach wenigen Sekunden den Tod feststellen. Eine Minute später war auch der erste Streifenwagen da gewesen und nur zehn Minuten darauf das erste Säpo-Pärchen. Der Staatsschutz überwachte alle Notrufe. Als die Adresse genannt wurde, hatte man dort sogleich Alarm ausgelöst.
    »Während die Sanitäter und die beiden Polizisten sich um die Leiche kümmerten, kam eine junge Frau die Straße entlang, mit zwei vollen Tüten vom Alkoholladen in der Hand. Die Flecken vor dem Haus sind fast alles Weinflecken und erst da entstanden. Anscheinend ist sie die Mitbewohnerin oder Untermieterin. Sie erlitt zwar einen Zusammenbruch, hat die Tote aber sofort erkannt und identifiziert.«
    »Und dann gab’s gleich Reichsalarm.« Henning klatschte in die Hände. »Haben den die Säpo-Leute ausgelöst?«
    Barbro nickte. »Wir wussten, dass die JK-Tochter hier wohnt, amtlich ist sie aber beim Vater gemeldet und bekommt die Post über ein Postfach. Das wird vor allem wegen verrückter Briefeschreiber so gemacht. Befürchtungen, dass hier jemand aufkreuzen könnte, gab es eigentlich nicht.«
    Kjell nickte zufrieden. Im Haus ihrer vornehmen Eltern hatte es offenbar so viele Stehempfänge gegeben, dass es Barbro keine Mühe bereitete, auch diesen hier zu organisieren. Die Gruppe bestand erst seit kurzer Zeit, und dies war der erste Fall, der nicht mit einer abgegriffenen Akte begann. Bisher hatten sie nur im sechsten Stock des Polizeigebäudes in Kungsholmen gesessen und ältere Fälle nachermittelt, die irgendwo steckengeblieben waren. Dann hatten sie in der Akte geblättert, noch einmal mit den Zeugen gesprochen und am Ende die ursprünglichen Ermittler angerufen, um ihnen Vorwürfe zu machen.
    »Gibt es schon eine Entscheidung, was wir mit der Presse machen?«, fragte er.
    »Das erledigt Sten. Die Mitbewohnerin ist Isländerin, Sesselja Ragnarsdóttir ist ihr Name. Sie sei um halb sieben zum Alkoholladen vorne an der Ecke aufgebrochen, behauptet sie. Zurückgekommen ist sie um 18 Uhr 47, da war die Funkstreife bereits da. Also muss sie ganz kurz vor dem Sturz aufgebrochen sein.«
    »Hmm«, summte Henning, wie immer beim Mitnotieren. »Was haben sie davor gemacht? Ist schon etwas bekannt?«
    »Sie haben gekocht und ein Glas Wein getrunken. Angeblich haben sie auch am offenen Fenster gestanden, wegen der Sonne. Sesselja brach dann auf, um

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