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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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Vorspiel am Berg
    »Du musst in den Schmerz reinatmen.«
    Max klopft mir lachend auf die Schultern. »Dann wird’s besser. Bis nach oben is scho noch a weng.« Oben, das ist der Watzmann. Seit mehr als drei Stunden steigen wir durch die bayerische Berglandschaft. Und seit einer halben Stunde weist mich eine Blase an der rechten Ferse bei jedem Schritt unmissverständlich darauf hin, dass ich derlei Bergtouren nicht gewohnt bin.
    »Max … wie soll ich denn … in den Schmerz reinatmen … wenn ich überhaupt keine Luft mehr kriege?«
    Mein Herz rattert in meiner Brust wie eine Nähmaschine. Wie ist das möglich? Ich krieche den Berg im Schneckentempo hoch, fühle mich jedoch, als würde ich den verdammten Berg bauen. Seit uns vor einer Stunde eine Gruppe unverschämt fitter Rentner überholt hat, ist meine Motivation ohnehin im Keller.
    »Ah geh, du schaugst no ganz guad aus. I seh des scho, wennsd nimma weida koanst.«
    In ruhigen Schritten setzt Max seinen Weg fort. Ich folge ihm und versuche, wie mir geheißen, in den Fersenschmerz hinein zu atmen. Wenn man mit Max unterwegs ist, empfiehlt es sich, auf das zu hören, was er einem sagt. Vor allem dann, wenn man auf einem Weg wandert, an dessen linker Seite ein fünfhundert Meter tiefer Abgrund liegt. Ich versuche es mit Kreisatmung, Schnappatmung und sogar mit der Wunderatmung, die ich vor fünf Jahren im Geburtsvorbereitungskurs gemeinsam mit Francesca gelernt habe. Es hilft nichts. Hat ja auch schon damals bei der Geburt nicht geholfen, das Atmen. Nachdem bei ihr die Wehen künstlich eingeleitet werden mussten, und die Kontraktionsschmerzen aufgrund des Medikamentes nicht erst einmal in sanft schwappenden Wellen, sondern von Anfang an in Tsunamistärke daherkamen, hatte Francesca wütend nach einer PDA verlangt. Die hätte ich jetzt auch gerne. Von wegen in den Schmerz reinatmen! Nur, wo kriegt man in dieser Einöde einen fähigen Anästhesisten her?
    Mit jedem Schritt werden die Schmerzen an meinen Füßen unangenehmer: Ich hätte es wissen müssen! Was hätte ich schon anderes – außer Schmerzen – von diesem Berg erwarten können? Schließlich war der Watzmann nach einem tyrannischen König benannt, dessen Lieblingsbeschäftigung es zu Lebzeiten gewesen war, sich am Leid anderer zu weiden. Eine halbe Stunde später machen wir am Watzmannhaus Pause. Die Hütte liegt auf 1930 Metern Höhe. Wir haben erst zwei Drittel des für heute geplanten Weges hinter uns.
    »Ich kann nicht mehr«, sage ich zu Max, der in aller Seelenruhe sein Wurstbrot kaut.
    »Wie? Du kannst nimma?«, fragt er zurück und puhlt ein Stück Sehne zwischen den Zähnen hervor.
    Welches meiner Worte hat er nicht verstanden? »Ich kann halt nicht mehr«, wiederhole ich extra deutlich.
    »Ja mei … nur weil du nimma kannst, is des doch koa Grund aufzuhörn!«
    »Wieso nicht?«
    Es kam zwar häufiger vor, dass ich bei Max nicht genau kapierte, was er mir eigentlich sagen wollte, aber daran gewöhnt habe ich mich immer noch nicht.
    »Der einzige Grund aufzuhörn is, dass du nimmer weitergehen mogst«, doziert Max.
    Wie bitte? »Ja, leck mich doch mal einer am Arsch«, platzt es aus mir heraus. Mit seiner verflixten bayerischen Logik schafft Max es immer wieder, mich zu irritieren.
    »Siegst es, geht doch. Genau des is die richtige Einstellung«, freut sich Max. »So, und jetzt isst erst amol an Apfel. Danach hast auch Appetit auf an Brot.«
    Max gibt mir einen Apfel. Offenbar vertraut er mir mehr als ich mir selbst. Der Apfel tut die versprochene Wirkung. Der Brechreiz ist weg. Und dank des Brotes, das danach einfach nur gut schmeckt, komme ich wieder zu Kräften. Max kramt ein Blasenpflaster aus einem Rucksack hervor.
    »Kleben koanst selba!«
    Gott sei Dank können wir die Rucksäcke in der Hütte lassen. Ein paar Kilo weniger, die ich mit mir herumschleppen muss. Missmutig folge ich Max auf dem Weg zum Hocheck, dem ersten der drei Gipfel des Watzmannmassivs. Mittlerweile klopft mein Herz beinahe verzweifelt gegen meine Brust. Wie ein Gefangener gegen die Zellentür, der es nicht mehr aushält in seinem engen, stickigen Kerker. Zwei Stunden später sind wir auf der nördlichen Spitze des Watzmanns angelangt. Glücklich und erschöpft sitze ich auf einem Stein und schnaufe durch. Mein erster Gipfel! An dem mannshohen schwarzen Gipfelkreuz hängt ein goldener Jesus. Max fordert mich auf, mich neben ihn zu stellen, um ein Foto zu machen. Ich schleppe mich hin und versuche zu lachen.
    Obwohl die

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