Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Unfalls oder des Verschwindens »von Leib und Seele« unterschrieb. Ich fragte die bezaubernde Angestellte, die vor mir saß: »Das ist bloß pro forma, oder?« Und sie antwortete trocken: »Bei so einem Reiseziel nicht.«
Um mich wieder aufzuheitern, überreichte sie mir meinen digitalen Reisebegleiter: das neueste Modell auf dem
Markt und bis dato das einzige Gerät, mit dem man Fotos in den Endloswelten der Imagination machen kann. Sie erklärte mir, dass ich meine Eindrücke »ganz frisch« mit einer Art Stift auf dem Touchscreen festhalten könne. Dann würden sie ganz nach Wunsch in Druck- oder Handschrift gespeichert. Das Ding enthielt außerdem meine Reiseunterlagen, einen kompletten Reiseführer und einen Haufen Empfehlungen, die einem Angst einjagen konnten.
Zu Hause vertiefte ich mich den ganzen Abend in all die Informationen, um mich langsam auf einen Urlaub vorzubereiten, der in jeder Hinsicht außergewöhnlich zu werden versprach.
Am Tag X traf ich nervös, aber vor allem furchtbar aufgeregt am Imaginoport an der Porte d’Italie im XIII. Arrondissement von Paris ein. Es ist der größte und daher meistgenutzte der Welt. Das prachtvolle Gebäude besteht aus kupferfarbenem Glas und mit Nägeln beschlagenen Eisenträgern im Stil von Jules Verne. Als ich die Abfertigungshalle betrat, kam ich mir vor wie freitagabends am Bahnhof. Seltsamerweise fielen mir als Erstes die monotonen Durchsagen der Computerhostessen auf: »Entdeckungsreisende mit dem Ziel Kaiserreich Mung, bitte begeben Sie sich zum Ausgang Nummer acht.« - »An alle Reisenden der Odyssee 2100 zum Sternbild Orion: Aufgrund einer technischen Störung ist mit einer zweistündigen Verspätung zu rechnen. Wir bitten, dies zu entschuldigen.« Sie klangen einerseits völlig alltäglich, aber zugleich auf aufregende Weise unwirklich.
Ich irrte eine Weile in diesem brummenden Ameisenhaufen umher, bis ich den richtigen Check-in-Schalter fand. Er sah aus wie die Schalter an einem ganz normalen Flughafen. Allerdings bemerkte ich ziemlich schnell die Unterschiede.
Zum Beispiel das sonderbare Gepäck, das die Reisenden zum Abfertigen auf das Förderband legten. An einem riesigen Ledersack mit lauter kleinen Fächern war ein langes Schwert in seiner Scheide befestigt. Der nächste Passagier hatte Teile einer mittelalterlichen Rüstung dabei. Gut, dass ich nicht den Zuschlag für sein Übergepäck bezahlen musste!
Ich stellte mich also in die erstaunlich kurze Schlange von Passagieren mit dem Reiseziel, das in Rot auf einem Bildschirm über der Abfertigungstheke leuchtete: Königreich der sieben Türme . Vor mir standen zwei kahlgeschorene, stämmige Deutsche - breitbeinig und mit verschränkten Armen wie zwei eherne Statuen und so braun gebrannt, als wären sie gerade erst von einem extraexotischen Strandurlaub zurückgekehrt. Sie trugen überdimensionale kakifarbene Rucksäcke. »Das sind wohl Trollsäcke«, witzelte ich, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Anscheinend hatten sie aber überhaupt keinen Sinn für Humor, deshalb hielt ich schnell wieder den Mund. Hinter mir stellte sich eine Frau mit Zopf und Kampfanzug an. Sie sah aus wie eine Mischung aus Lara Croft und einem amerikanischen GI. Bei ihr versuchte ich erst gar keine diplomatische Annäherung. Womöglich fing ich mir eine rechte Gerade ein, noch bevor ich meinen Vornamen ausgesprochen hatte.
Schon diese wenigen Beobachtungen brachten mich zu der Überzeugung, dass ich kaum darauf hoffen konnte, wie in einem Ferienklub nette Bekanntschaften zu machen. Umso mehr graute mir vor der Begegnung mit dem »freundlichen Reiseleiter«, der mich jenseits der Wirklichkeit empfangen sollte. Schaudernd musste ich daran denken, dass es noch ein anderes Jenseits gab, aus dem man nicht zurückkehrte.
Schließlich war ich an der Reihe.
»Guten Tag, mein Herr«, begrüßte mich die Frau am Schalter.
Ich murmelte etwas verkrampft eine Erwiderung und stellte dann mein sperriges Gepäck auf das Förderband. Als der Blick der Frau darauf fiel, stutzte sie.
»Gibt es ein Problem?«, fragte ich.
»Äh … nein, aber … Sind Sie richtig über Ihr Reiseziel in formiert worden?«
Ich lächelte sie verlegen, aber bejahend an.
»Ich fürchte nämlich, Sie werden dort einige Schwierigkeiten beim Weitertransport Ihres … Koffers haben«, fuhr sie fort.
Sie sprach das Wort »Koffer« aus, als ginge es um eine Minibar in einer Schubkarre.
»Keine Sorge, ich komme schon zurecht«, erwiderte ich mit
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