Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
wurde ich daher in der Halle von einer Horde Verrückter erwartet, die mit Mikrofonen und Kameras bewaffnet waren. Ich war aschfahl und von kaltem Schweiß bedeckt und presste mir ein Taschentuch auf den Mund. Aber keine Gnade! Ich wurde mit Fragen bestürmt, von Blitzlichtern geblendet, angerempelt, fast niedergetrampelt… und schließlich durch einen Schwächeanfall gerettet. Man trug mich in eine Halle und legte mich dort auf eine Liege. Eine Krankenschwester tupfte mir mit sanften Händen die Stirn ab, dann bekam ich etwas Stärkendes zu trinken.
Nachdem ich mich eine Stunde lang ausgeruht hatte, kamen irgendwelche Anzugträger und teilten mir mit, die internationalen Behörden seien an meiner Aussage zu den Ereignissen interessiert, die das Königreich in den letzten Wochen erschüttert hatten. Sobald ich einen Moment Zeit hätte, fügten sie immerhin hinzu. Auf einmal fiel mir etwas ein. Ich richtete mich auf der Liege auf, betastete meinen Oberkörper und lächelte, als ich an meinem Herzen den digitalen Reisebegleiter fühlte. In seinem holografischen Speicher hatte ich an die fünfzehnhundert Fotos und Videos abgelegt. Das brachte mich auf eine Idee: ein Reisetagebuch zu erstellen, und zwar ein Tagebuch einer fantastischen Reise ! Und da auch Kommentare, Beschreibungen und Charakterisierungen dazugehörten … beschloss ich, einen vollständigen und genauen Bericht meiner »Fernreise mit Nervenkitzel« zu verfassen, quasi einen Roman.
»Wenn Sie mir ein bisschen Zeit lassen«, sagte ich zu den Anzugträgern, »liefere ich Ihnen einen vollständigen Bericht meiner Abenteuer.«
»Sehr gut«, befand einer von ihnen. »Und wie viel Zeit brauchen Sie dafür?«
»Sagen wir … ein halbes Jahr.«
Jetzt waren sie es, die blass wurden.
Mit diesem schönen Vorhaben gönnte ich mir zunächst eine ruhige Woche bei meinen Eltern in der Auvergne, wo es mir dennoch schwerfiel, die Medien und alle anderen Neugierigen zu vergessen. Zurück in Paris, ließ ich mir noch mal drei Tage Zeit, um sanft zu landen. An diesen drei Tagen sichtete und schrieb ich viel, erlebte aber auch schwierige Momente voller Sehnsucht. Lizlide beherrschte meine Gedanken nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht …
Und ich musste mich dringend um mein Studium kümmern.
An jenem Morgen riss mich der Wecker aus dem Smaragdwald, sodass ich erschrocken hochfuhr … genau wie früher. Ich stand widerwillig auf. Ich machte mich missmutig fertig. Ich ging genervt zur Uni.
Und was habe ich gemacht? Ich bin geflohen! Ich habe mich aus dem Staub gemacht, ohne mich umzusehen, als wäre ein schwarzer Drache hinter mir her. Und ich habe an meinem Tagebuch einer fantastischen Reise weitergeschrieben. Im Vertrauen auf meine Berühmtheit als Retter des Königreichs der sieben Türme entschloss ich mich, Kontakt mit der internationalen Organisation zur Überwachung und Verwaltung der Beziehungen mit den Endloswelten der Einbildung aufzunehmen.
Und sie hat mich eingestellt!
Seitdem bin ich ein Erforscher der Imagination, und zwar ein echter! Kein Tourist! Ich habe ganz offiziell den Auftrag, über die mehr oder weniger bedrohlichen Ereignisse, die die Endloswelten bewegen, Bericht zu erstatten. Man betraut mich sogar mit der Erforschung erst kürzlich entdeckter Gegenden. Und zwischen den Reisen erhole ich mich … im Smaragdwald.
Ich habe das Versprechen, das ich Lizlide gegeben habe, gehalten und bin den Weg meines Schicksals gegangen. Und ich bin zu ihr zurückgekehrt, was immer auch Elfen, Menschen, Tiere, Bäume oder der Mond davon halten mögen!
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Arthur Ténor wurde 1959 in Moulins geboren. Er schrieb seinen ersten Roman mit 18 Jahren, musste aber noch Jahre auf die Veröffentlichung warten. Seit 1998 schreibt er Kinder- und Jugendbücher; bislang sind 63 Romane von Arthur Ténor erschienen. 2006 wurde Die fantastische Reise ins Königreich der sieben Türme mit großem Erfolg bei Plon Jeunesse veröffentlicht. Der Autor lebt in Bourbonnais, nahe Vichy.
cbt ist der Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
1. Auflage 2010
© 2006 für den Originaltext Plon Jeunesse
© 2010 für die deutschsprachige Ausgabe cbt Verlag,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Die französische Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel
»Voyage extraordinaire au royaume des Sept Tours«
bei Plon Jeunesse,
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