Die Farbe der Ewigkeit
die Leiche von Mademoiselle Inglewood auf meine Anweisung hin gestern Nacht noch untersucht hat, konnte außerdem ein Verbrechen aufgrund von sexuellen Motiven definitiv ausschließen. Für weitere Erkenntnisse werden wir noch ein paar Tage abwarten müssen.“
Darüber, dass Nadine möglicherweise missbraucht worden war, hatte Hope noch gar nicht nachgedacht, dabei war die Vermutung im Grunde sogar ziemlich naheliegend. „Sie wurden also nicht …?“
„Nein – beide waren noch … sie sind noch unberührt gewesen, als sie starben.“
Hope blinzelte überrascht. Sie hatte von Nadine gewusst, dass sie noch nie mit einem Jungen geschlafen hatte – aber Shelly? Sie konnte es kaum glauben. Handelte es sich nicht um einen ziemlich ungewöhnlichen Zufall, dass alle drei Forschungsassistentinnen von Professor Baxter Jungfrauen waren? Und das, obwohl sie alle die zwanzig bereits überschritten hatten?
Nein, das war einfach zu außergewöhnlich, um wirklich ein Zufall zu sein. Automatisch fragte Hope sich, was das wohl zu bedeuten haben mochte. Wer hatte gewusst, dass Shelly, Nadine und sie noch nie mit einem Jungen intim geworden waren? Konnte es überhaupt jemand gewusst haben? Wohl kaum …
„Ist Ihnen etwas eingefallen?“ Bashir Shalhoubs Frage riss sie aus ihren Gedanken.
Rasch schüttelte Hope den Kopf. Der Inspektor würde sie vermutlich für verrückt erklären, wenn sie ihm von ihren Überlegungen berichtete. „Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, was mit dem ganzen Blut passiert sein soll. Ich meine, der menschliche Körper enthält etwa sechs Liter davon – und die können doch nicht einfach so verschwunden sein!“
Shalhoub zuckte bloß mit den Achseln. Allerdings kaufte Hope ihm nicht ab, dass er sich diese Frage nicht auch selbst schon gestellt hatte – offenbar ohne eine zufriedenstellende Antwort darauf zu finden. „Ein Tier vielleicht“, schlug er vor.
Hope runzelte die Stirn, doch ihr war klar, dass sie heute nichts Neues mehr erfahren würde. Deshalb wechselte sie ziemlich abrupt das Thema. „Ich habe von einem Fluch gehört, der über dem Tal liegen soll. Was wissen Sie davon?“
„Ammenmärchen!“ Der Inspektor schüttelte energisch den Kopf. „Es geht wohl um eine uralte Templerfestung, die sich hier im Tal befunden haben soll. Als die Templer vor Hunderten von Jahren fliehen mussten, ließen sie angeblich irgendeinen magischen Gegenstand zurück, den sie zu beschützen versuchten, indem sie einen Fluch über das Tal verhängten. Jeder, der den Frieden stört, soll einen schrecklichen Tod erleiden, aber …“ Er vollführte eine wegwerfende Handbewegung. „Das sind nur alberne Geschichten, wie es sie überall auf der Welt gibt, ähnlich wie die Legende des kopflosen Reiters bei Ihnen in Amerika. Doch die Leute hier in der Gegend sind ziemlich abergläubisch und daher leicht empfänglich für derartige Sagen und Mythen. Sie sollten wirklich nicht auf alles hören, was man Ihnen erzählt. Mit den Morden hat dieser ominöse Fluch jedenfalls garantiert nichts zu tun.“
Hope war sich dieser Sache zwar längst nicht so sicher, aber sie hielt es für besser, ihre Meinung für sich zu behalten. Shalhoub verabschiedete sich mit der Ankündigung, wieder auf sie zuzukommen, falls er weitere Fragen haben sollte. Dann ging er zu Nick, um auch ihn zu befragen.
Hope seufzte. Sie war todmüde und fühlte sich völlig zerschlagen, als sie sich kurz darauf hinlegte. Trotzdem war an Schlaf nicht einmal zu denken. Dazu ging ihr einfach viel zu viel im Kopf herum.
Ob es Nick wohl ebenso ging? Sie brannte darauf, mit ihm über das zu sprechen, was sie von Inspektor Shalhoub erfahren hatte. Dass alle drei Forschungsassistentinnen von Professor Baxter noch Jungfrauen waren, mochte auf den ersten Blick zwar merkwürdig, aber nicht besonders wichtig erscheinen, dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass es etwas zu bedeuten hatte.
Und sie hoffte, dass Nick dazu vielleicht mehr einfallen würde. Deshalb beschloss sie zu warten, bis Shalhoub mit seiner Vernehmung fertig war, und sich dann zu Nick zu schleichen.
Aber nach knapp einer halben Stunde fielen ihr dann doch einfach die Augen zu, und sie fiel in einen leichten, traumlosen Schlaf.
Der Tag war vergangen, ohne dass die Polizei neue Erkenntnisse gewonnen hatte. Inzwischen funkelten Sterne am nachtschwarzen Himmel, der wie ein Leichentuch über dem Forschungscamp zu hängen schien. Trotz der weit fortgerückten Stunde waren die meisten
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