Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farbe Des Zaubers

Die Farbe Des Zaubers

Titel: Die Farbe Des Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
doch Chenaya griff nach ihrer Hand. »Rosanda«, fragte sie vertraulichen Tones, »was ist zwischen dir und Onkel Molin vorgefallen?«
    Bedauern sprach aus den Zügen der Älteren. »Chenaya, egal wie lange ich in dieser Stadt der Diebe und Vipern lebe«, sie kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, »ich bleibe trotzdem Rankanerin. Ich kann meiner Herkunft nicht einfach den Rücken wenden. Molin hat alles aufgegeben. Ranke bedeutet ihm nichts. Er steckt mit diesen beysibischen Fischmenschen unter einer Decke. Er wendet sich von unseren Göttern und unseren Gebräuchen ab.« Verzweifelt warf sie plötzlich die Hände hoch, und Tränen schimmerten in ihren Augen. »Ich konnte nicht mehr mit ihm Zusammensein. Mir bleiben nach wie vor meine Ländereien und meine Titel. Aber ich mußte heraus aus dem Palast und all den Intrigen. Du und Lowan Vigeles seid meine einzigen Verwandten in dieser Stadt, deshalb kam ich hierher.« Sie beugte sich hinunter, legte sanft eine Hand auf Chenayas Haar und strich es auf dem Kissen zurecht. »Du und dein Vater seid die besten der rankanischen Gesellschaft, ihr haltet unsere Ideale aufrecht. Ich brauchte euch, um mir zu sagen, wer ich bin.«
    Nun errötete Chenaya. Vielleicht hätte sie sich schon vor langem Zeit nehmen sollen, ihre Tante besser kennenzulernen. Die Ältere mochte zwar nicht viel im Kopf haben, aber ihre Güte ging zu Herzen.
    »Danke, Tante Rosanda«, sagte Chenaya. Dann beschloß sie Rosanda zu vertrauen. »Ich bat Vater, sich etwas einfallen zu lassen, damit du eine Weile hierbleibst ...«
    Rosanda lächelte verständnisvoll. »Damit ich niemanden von Daphne erzählen kann?«
    Chenaya staunte. Sie hatte nicht erwartet, daß ihre Tante so scharfsinnig war. Immer mehr an Rosanda überraschte sie.
    »Du brauchst dir deshalb keine Sorgen zu machen«, versicherte ihr ihre Tante. »Aber die Palastmauern werden erbeben, wenn es bekannt wird. Beabsichtigst du, sie zum Fest der Winterbey mitzunehmen?«
    Chenaya griff nach der Orange, schälte sie und nahm einen saftigen Bissen. »Fest?« fragte sie mit kaum verhohlenem Interesse. Ihr kam ein belustigender Gedanke. Bisher hatte sie noch nicht darüber nachgedacht, wie sie Daphne dem ahnungslosen Freistatt zurückgeben wollte.
    »Die Beysa gibt ein rauschendes Fest, um im jahreszeitlichen Wandel ihre Fischgöttin zu feiern.« Wieder lächelte Rosanda und blinzelte verschmitzt. »Sie verbinden den Mittwinter mit dem Mond, nicht mit der Sonne. Unsere Feiern sind bis dahin längst vorbei. Buchstäblich alle von Rang und Namen werden anwesend sein.«
    Chenaya verbarg ein Grinsen hinter ihrem Wasserbecher, an dem sie nun nippte. »Noch einmal vielen Dank, Tante Rosanda. Ich stehe in deiner Schuld.«
    Rosanda nickte mit vorgetäuschtem Ernst, kämpfte jedoch gegen ein Kichern an. Als ihre Tante ging, fiel Chenaya auf, daß ihr Gang viel leichter war. Chenaya liebte Feste, und dieses kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Bei allen Göttern, wie sie es genießen würde! Sie trat ans Fenster, atmete tief die frische Luft ein und blickte zur Sonne, die sich im Osten erhob. Vielen Dank, Vater Savankala! betete sie.
    Sie schlüpfte in einen kurzen roten Kampfkilt und gürtete einen breiten Ledergürtel mit Goldnieten um. Darüber zog sie einen weißen Kittel. Dann suchte sie ein Paar Sandalen hervor und band ihr langes Haar zurück. Zuletzt setzte sie ein goldenes Stirnband mit dem ziselierten Strahlenkranz auf, dem Symbol ihres Gottes.
    Etwa in der Mitte zwischen dem Haus und dem Fuchsfohlenfluß hatten Chenaya und ihre Gladiatoren einen Übungsplatz errichtet. Er war einfach, verglichen mit ihrem alten in der Hauptstadt. Es gab keine Sitze für Zuschauer, dafür waren jedoch alle nötigen Trainingsgeräte vorhanden, Hanteln zum Gewichtheben, hölzerne und metallene Waffen aller Art, ja selbst eine große Sandmulde für Ringkämpfe oder andere Übungskämpfe. Von den anstrengenden täglichen Übungen war vom gesamten Haushalt nur Lowan Vigeles befreit.
    Ihre acht Krieger und Daphne trainierten bereits. Gestas und Dismas fochten in der Sandmulde mit richtigen Waffen, stellten einander auf die Probe, doch jeder vertraute auf die Fähigkeiten des anderen. Für den Nichteingeweihten mochte es allerdings durchaus wie das Ende einer langen und bitteren Blutfehde aussehen. Chenaya nickte zufrieden.
    Diese acht Kämpfer waren die besten, die rankanische Arenen hervorgebracht hatten. Es gab keine Zuschauermassen mehr, für die sie Schaukämpfe

Weitere Kostenlose Bücher